Waldkirchen. Lange Zeit waren Live-Auftritte Mangelware. Nun stellen die Musikfreunde Waldkirchen ein besonderes Konzert auf die Beine: Das „Ensemble Hofmusik“ spielt am Samstag, 25. Juli, um 19 Uhr in der Pfarrkirche Hinterschmiding und am Sonntag, 26. Juli, um 16.30 Uhr in der Stadtpfarrkirche Waldkirchen das Stück „Gran Partita“ von Mozart. Das Ensemble setzt sich aus namhaften Musikern in einer seltenen Besetzung zusammen: zwölf Bläser und ein Kontrabass. Unter ihnen: Der gebürtige Waldkirchener Franz Draxinger, Hornist an der Bayerischen Staatsoper. Das Onlinemagazin da Hog’n hat sich im Vorfeld mit ihm unterhalten.
Herr Draxinger: Wer steckt hinter dem „Ensemble Hofmusik“ und wie haben Sie zusammengefunden?
Das Ensemble ist quasi eine Corona-Gründung, weil durch den Lockdown ja die gesamte Kultur runtergefahren wurde – und es von heute auf morgen keine Konzerte mehr gab. Kern des Ensembles sind Ruth Gimpel, Stefan Schneider, meine Frau Irene und ich. Wir spielen oft zusammen im Münchner Kammerorchester. Das ist ein festes Streichorchester und die Bläser kommen je nach Stück dazu. Wir hatten die Idee, wieder einmal gemeinsam aufzutreten. In dieser Quartettbesetzung sind wir zunächst in Altenheimen aufgetreten oder eben auch in Hinterhöfen. Daher auch der Name – weil wir in Höfen spielen statt in großen Sälen.
Da wir momentan mehr Zeit haben als während des normalen Konzertbetriebs, konnten wir ein größeres Stück in Angriff nehmen: die Gran Partita, eines der besten und längsten Stücke von Mozart. Es dauert 50 Minuten und wird von zwölf Bläsern und einem Kontrabass aufgeführt – von einer Besetzung also, die man ansonsten nicht so einfach zusammenstellen kann. Uns ist es jedoch gelungen – und wir freuen uns darauf das Stück vor Publikum aufzuführen. Neben den Konzerten in Hinterschmiding und Waldkirchen spielen wir in den nächsten zwei Wochen noch fünf weitere.
Konzerte unter besonderen Bedingungen
Wie ist die Idee entstanden, auch hier in Hinterschmiding und Waldkirchen zu spielen?
Von meiner Nichte Lisa Spindler (Mitglied der „Musikfreunde Waldkirchen“ – Anm. d. Red.) kam das Angebot, falls gewünscht, Auftritte in Waldkirchen und Umgebung für uns organisieren zu können. Es ist aufgrund der Corona-Auflagen ja nicht einfach momentan Konzerte zu arrangieren. Doch sie meinte, das sei kein Problem – und wenn wir schon mal da sind, sollen wir doch gleich zweimal spielen. Das machen wir natürlich gerne.
Welche Besonderheiten gibt es denn bei den Proben und beim Konzert zu beachten?
Es funktioniert so langsam wieder, dass man überhaupt spielen darf. In der Anfangszeit wusste man ja nicht, wie „gefährlich“ Blasinstrumente sind. Doch mittlerweile gibt es einige Studien, die belegen, dass Bläser nicht „schlimmer“ sind als normale Sprecher.
Wir werden natürlich die vorgeschriebenen Abstände einhalten und auf dem Weg zur Bühne eine Maske tragen. Alles andere sind organisatorische Dinge: etwa die Eintrittskarten, damit bereits im Vorfeld alle Konzertbesucher registriert werden. Das Konzert darf nur maximal eine Stunde dauern. Deshalb spielen wir auch nur das eine Mozart-Stück – mehr ist momentan nicht erlaubt.
Livestream statt Oper – und dann vorzeitiger Urlaub
Wie ist das beim Auftritt, wenn man so viel weiter auseinander steht als normalerweise?
Das ist natürlich nicht ganz so angenehm, weil man sich nicht so gut hört und man dadurch schwieriger Kontakt halten kann. Aber wir hoffen, dass es sich einspielt. Bei größeren Orchestern funktioniert es ja auch mit großen Abständen. Wir musizieren ohne Dirigent – das macht es noch etwas schwieriger, aber auf das müssen wir uns einfach einlassen.
Sie meinten, Sie alle haben durch die Corona-Situation mehr Zeit für Projekte dieser Art. Wie sieht Ihr Alltag an der Bayerischen Staatsoper denn momentan aus?
Es gab immer ein paar Konzerte, die per Livestream gesendet wurden, wobei das keine Opernaufführungen waren, sondern Kammermusik-Konzerte. Ende Juni gab es ein Konzert mit größerer Besetzung, das unser Chef dirigiert hat. Nun sind wir vorzeitig im Urlaub, normalerweise spielen wir ja bis 31. Juli. Am 15. August fangen wir wieder an und hoffen, dass die Bedingungen dann günstiger sind als bisher, dass wir auch wieder mit größeren Besetzungen und Sängern auftreten können.
Es wurden auch bauliche Veränderungen im Opernhaus vorgenommen: Den Orchestergraben gibt es zur Zeit nicht. Stattdessen wurden die ersten vier Sitzreihen entfernt, somit hat das Orchester nun mehr Fläche zur Verfügung. Vor wie vielen Leuten wir nach dem Urlaub auftreten, steht allerdings noch in den Sternen. Man hofft auf etwa 500. Das ist nicht viel bei über 2.000 Plätzen im Opernhaus, die in der Regel alle besetzt sind. Aber 500 sind besser als nichts…
„Mein Lehrer wollte gerne mal einen Hornisten ausbilden“
Kurz zu Ihnen: Sie stammen aus Waldkirchen. Wie oft sind Sie noch hier?
Leider nicht mehr so oft, weil ich normalerweise viel zu tun habe in München. Ich komme aber etwa alle zwei Monate nach Waldkirchen. Meine Geschwister und meine Mutter wohnen ja nach wie vor hier.
Wie sah ihr Weg aus – von Waldkirchen an die Bayerische Staatsoper?
Ich habe mit Klavier angefangen und spiele es immer noch gerne. Mein Bruder hat Trompete gelernt, meine Schwester ebenfalls Klavier. Dann sollte ich ein zweites Instrument einstudieren. Mein Lehrer Michael Pringsheim war selbst Solohornist am Theater in Passau, er hatte alle Blechbläser unterrichtet – von Trompete bis Tuba. Horn war da eher selten dabei. Er wollte gerne mal einen Hornisten ausbilden – und so kam ich zu diesem Instrument.
Zuerst habe ich in einer kirchlichen Bläsergruppe, dann in einer Jugendblaskapelle gespielt. Später habe ich an Jugend-musiziert-Wettbewerben teilgenommen und bin mit dem Landesjugendorchester aufgetreten. Irgendwann kam die Idee: Das macht Spaß, das könnte man ja auch beruflich weitermachen. Also habe ich in München Musik studiert. Meine erste Stelle fand ich dann beim Rundfunkorchester in München. Im Anschluss war ich zwei Jahre beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks tätig. Seit etwa zwölf Jahren bin ich jetzt an der Bayerischen Staatsoper, eins der schönsten Opernhäuser, die man sich vorstellen kann.
Franz Draxinger spielt selten in der Heimat
Sie nun dahoam in Waldkirchen hören zu können ist und bleibt wahrscheinlich die große Ausnahme?
In Waldkirchen spiele ich selten, das stimmt. Deshalb ist es jetzt umso schöner. Wir hoffen, dass das Publikum es genießen kann, endlich wieder Livemusik zu hören. Streamingkonzerte sind ja ganz schön, aber ein Livekonzert ist einfach was anderes. Als wir angefangen haben in Altenheimen aufzutreten, waren die Leute dort sehr dankbar – und uns ist mehr denn je klar geworden: Kunst ist vielleicht nicht systemrelevant, aber die Musik ist überaus wichtig für die Menschen.
Interview: Sabine Simon