Röhrnbach. Eigentlich dachte sie, das Nähen sei nichts für sie. Nun hat Bettina Hauser einen eigenen Onlineshop, über den sie ihre selbst entworfenen und selbst genähten Rucksäcke, Kinderklamotten, Halstücher und viele weitere Accessoires verkauft. Das Nähen ist für die 28-Jährige vom Hobby zum Beruf geworden – und das bereits wenige Monate, nachdem sie ihre erste Tasche angefertigt hatte. Selfmade ausm Woid.
„Es hat einfach seinen Lauf genommen“, sagt die Röhrnbacherin und lacht. Als sie im vergangenen August Vorhänge näht, macht ihr die Arbeit an der Nähmaschine so viel Spaß, dass sie immer mehr ausprobiert: eine Tasche für ihre damals einjährige Tochter, ein Halstuch, einen Rucksack… „Ich habe Fotos von meinen selbstgenähten Sachen auf Facebook eingestellt“, erzählt sie. „Dann haben immer mehr Leute angefragt, ob ich was für sie nähen würde.“
Wer bei ihr kauft, bekommt ein Unikat
Schließlich hat ihr Freund Patrick eine Homepage entworfen, damit alle Interessenten bequem von zuhause aus ihr Angebot einsehen können. Bettina Hauser hat für ihr Start-Up ein Nebengewerbe angemeldet. Dies ermöglicht ihr Stoffe zu günstigeren Konditionen zu erwerben. In riesigen Mengen kaufe sie aber trotzdem nie ein: „Fast alles, was ich mache, sind Unikate“, sagt Bettina. „Es gibt höchstens mal zwei oder drei Hosen mit dem gleichen Muster drauf.“ Und selbst die seien nie identisch: „Das Bündchen ist dann mal etwas anders – oder ein anderer Knopf ist dran.“
Wer in ihrem Onlineshop namens „ausmWoid“ bestellt, dürfe jederzeit eigene Wünsche mit angeben oder sogar ganz individuelle Produkte anfertigen lassen. Wenn Kunden bei ihr persönlich vorbei schauen, können diese sich vor Ort in ihrer kleinen Nähwerkstatt Stoffe anschauen und auswählen. „Wer nicht vorbeikommen kann, dem schicke ich Fotos“, erklärt sie.
Fertig genähte Produkte hat sie zwar auf Lager, jedoch nur in geringer Stückzahl. „Manchmal sucht jemand ein Geschenk, das er sofort abholen kann“, erklärt Bettina Hauser. Doch auch jedes fertige Produkt lasse sich noch individualisieren, falls gewünscht.
Nachhaltige Produkte sind ihr besonders wichtig
„Der Name ‚ausmWoid‘ ist uns eingefallen, als wir abends draußen auf der Terrasse gesessen sind“, erinnert sich die 28-Jährige. „Die Natur und der Bayerische Wald sollten mit rein in mein Label.“ Denn Natur und Nachhaltigkeit sind ihr wichtig. Das spiegelt sich auch in ihren Produkten wider – dabei legt sie viel Wert auf qualitativ hochwertige, nachhaltige Stoffe, wie sie berichtet.
Zudem verkauft sie nachhaltige Produkte für den Alltag, die dazu beitragen, Müll zu vermeiden: etwa Bienenwachs-Tücher als Alternative zu Frischhaltefolien. Oder Brotzeittaschen aus beschichtetem Stoff als Gegenentwurf zu Plastikdosen. „Am liebsten mag ich meine Flauschis und meine WischiWaschis“, sagt die junge Mutter. Flauschis sind wiederverwendbare Wattepads aus Baumwollfrottee, WischiWaschis sind Allzwecktücher aus Frottee und Bauwollstoff. „Da steh ich voll dahinter“, betont Bettina Hauser.
Bei den Preisen für ihre Produkte habe sie sich an den Materialkosten und dem Fertigungsaufwand beim Nähen orientiert. Mit eingeflossen sei aber immer auch die Überlegung: Wie viel würde ich selbst für diesen Schal oder diese Hose ausgeben? „Am Ende bleibt manchmal kein wirklich guter Stundenlohn übrig“, sagt sie und lacht. „Es ist eine Mischkalkulation.“ Denn andere Produkte würden wiederum mehr Gewinn einbringen.
Jeder findet seine eigene Nische
Fünf bis sechs Stunden sitzt Bettina Hauser mittlerweile täglich an der Nähmaschine, oft auch am Wochenende. In ihren Beruf als Ergotherapeutin wolle sie nach der Elternzeit wieder zurückkehren. „Aber nicht in Vollzeit“, betont sie. „Ich möchte den Onlineshop weiter ausbauen und mehr nähen. Wäre schön, wenn noch mehr geht.“
Konkurrenz gibt es dabei durchaus – sowohl in der Region, als natürlich auch im Internet. „Nähen ist wieder in“, weiß die junge Unternehmerin. „Aber jeder findet da seine eigene Nische, hat seine eigene Richtung – und deshalb findet auch jeder seine Kundschaft.“ Wer ihren Onlineshop durchstöbert, merke schnell, ob ihr Stil einem zusage oder nicht. Im Vergleich zu anderen sei ihr Angebot sehr breit aufgestellt. „Viele verkaufen zum Beispiel nur Kinderkleidung“, sagt Bettina Hauser. Dass man bei ihr auch nachhaltige, selbstgenähte Sachen für den Alltag erwerben kann, sei hingegen ein Alleinstellungsmerkmal in der Region.
„Besonders schön ist es, wenn Leute persönlich vorbei kommen und ihnen gefällt, was ich mache.“ Dabei stellt sie hohe Ansprüche an sich selbst: „Was ich verkaufe, muss zu hundert Prozent perfekt sein.“ Ihre Familie ermahne sie zwar manchmal, dass sie doch keine Maschine sei und man auch mal erkennen dürfe, dass die Stücke selbst gemacht sind. Doch Bettina Hauser betont: „Ich will es professionell machen.“
Nähen lernen durch Internetvideos und Bücher
Beigebracht hat sie sich alles, was sie an der Nähmaschine kann, selbst. Sie habe Bücher gelesen, viel herumprobiert, sich Internet-Videos angeschaut. „Ich habe aber nie einen Nähkurs gemacht“, sagt sie ganz offen. Wenn es mal knifflig wird und sie nicht weiter weiß, fragt sie ihre Mama: „Sie näht selbst sehr viel“, sagt Bettina Hauser. „Auch meine Oma hat viel genäht.“
Verzwickt wird es aber nur selten, versichert die 28-Jährige. „Mein erster Reißverschluss etwa hat mich extrem geärgert“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. Stundenlang sei sie damals im Nähzimmer gesessen – und es habe einfach nicht klappen wollen. „Ich hab mich durchgebissen. Und jetzt weiß ich, wie man einen Reißverschluss einnäht.“
Je kreativer sie bei einem Nähprojekt sein kann, desto lieber setzte sie es in die Tat um – egal, ob Kleidung, Handytaschen mit Geldfach zum Umhängen oder Rucksack: Die Ideen gehen Bettina Hauser jedenfalls nicht so schnell aus…
Sabine Simon