Schönberg. Ralf Bender, ein fiktiver Charakter, nimmt in den Büchern von Alexander Frimberger und Lothar Wandtner die Hauptrolle ein. Gleichzeitig ist der Kommissar auch Namensgeber des Krimi-Preises des Edition-Golbet-Verlags, an dessen Spitze die beiden Schriftsteller stehen. Heuer wurden in diesem Rahmen bereits zum vierten Mal (bislang unbekannte) Autoren damit ausgezeichnet. Dieses Jahr darf sich Richard Fliegerbauer über die Trophäe freuen. Im Hog’n-Interview erklärt der gebürtige Röhrnbacher und inzwischen in Stuttgart lebende Hobby-Schriftsteller die Hintergründe seines Schaffens.
Herr Fliegerbauer: Was bedeutet Ihnen die Verleihung des Ralf-Bender-Preises?
Zunächst einmal war die Verleihung eine Freikarte für eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Das liegt zum einen daran, dass ich nur wenig Erfahrung habe mit Einreichungen zu Wettbewerben. Und es liegt an der Überraschung, mit dieser Auszeichnung hatte ich nicht gerechnet. Immerhin ist das der höchst dotierte Krimi-Kurzgeschichten-Preis im deutschsprachigen Raum. Das ist die eine Hausnummer. Die andere: Das Herzblut, das die beiden Macher Alexander Frimberger und Lothar Wandtner in das Projekt Ralf-Bender-Preis stecken, nötigt mir Respekt ab. Dann dabei ausgewählt zu werden, ist schon eine Ehre. Den Hauptpreis zu erhalten, das fühlt sich fantastisch an. Jetzt steht der Wanderpokal aus Zwieseler Kristall zwei Jahre bei mir im Blickfeld des Schreibtisches – das inspiriert und beflügelt für die nächsten Geschichten.
Richard Fliegerbauer und das Wirrwarr der Ideen
Gehen Sie doch bitte kurz näher auf das Werk ein, das hier ausgezeichnet worden ist.
Gibt es Schlimmeres, als bei einem Krimi oder Thriller zu viel über den Inhalt zu verraten? Kaum. Da läuft man immer auf einer Rasierklinge. Ich geh dann mal ganz vorsichtig los: Charlotte ist die Tochter von Boss Theo. Als es sie der Liebe wegen in das kleine Städtchen Thürnstein am Regen verschlägt, muss Bruno mit umziehen – im Auftrag von Boss Theo, der es ungern sieht, wenn sein kleines Mädel ohne Aufpasser in die weite Welt zieht. Dass das nötig ist, zeigt sich bald, denn das Töchterlein hat hin und wieder die Eigenschaft, Unheil anzuziehen. Mehr wird nicht verraten (lacht).
Welcher Zeitraum ist von der ersten Idee bis zum fertigen Werk vergangen?
In diesem Fall waren es Jahre. Die Idee flog durch den Kopf, hat sich da verflogen, machte sich selbstständig und wurde zu etwas ganz anderem. Die Geschichte war fertig und die ursprüngliche Idee hatte keinen Platz mehr. Aber wie das mit (guten) Ideen so ist, sie sind hartnäckig und lassen sich nicht so einfach abschieben. Auf einmal war sie wieder da, ich glaube drei Jahre später, und dieses Mal wurde eine runde Geschichte daraus. Und weil es einen fixen Abgabetermin gab, entstand aus Idee und Plot die Geschichte in zwei langen Tagen und Nächten. Beides für mich eher typisch. Also, dass die Idee so lange warten muss und die Geschichte dann zügig geschrieben wird.
Woher rührt Ihre Begeisterung für das Krimi schreiben sowie Krimis im Allgemeinen?
Vom Lesen guter Krimis. Es fasziniert mich, welche Ideen den Köpfen von Krimiautoren entspringen. Wie sie Spannung erzeugen oder Alltägliches so beschreiben, dass man es lesen will. Genau diese Gefühle will ich ebenfalls aufs Papier bringen. Die Leser überraschen, ein Hoppla generieren oder ein Schmunzeln, begleitet von ein wenig Gänsehaut. Dazu kamen viele Anregungen aus dem Internet-Autorenforum Federteufel, bei dem ich Mitglied bin. Hier waren es ein paar sehr gute Schreibteufel, die mir den Spaß an der Spannung eingeimpft haben. Das tut dann auch gut, sich gegenseitig zu inspirieren und motivieren.
„Es ist jedes Mal ein wenig wie nach Hause kommen“
Ist es schwierig, sich mit einem derartig negativen Thema zu beschäftigen?
Schwierige Frage. Oder eigentlich: schwierige Antwort. Für mich ist das Thema gar nicht negativ. Auch, wenn jeder Krimi natürlich ein Blick tief in die Abgründe der menschlichen Seele sind. Da geht es ja um nichts anderes als Verbrechen – und es endet meist mit Mord und Totschlag. Das literarisch zu machen, ist aber nichts anderes als seiner Fantasie auch in der Richtung keine Grenzen zu setzen. Und es hat als Buch zudem Vorteile. Dieses Kino im Kopf erlaubt dem Leser die endgültige Ausgestaltung der Szenen. Dazu kommt ein gesellschaftliches Phänomen: In Zeiten, in denen wir so sicher leben wie lange nicht mehr, in denen reale Gewalt so weit weg ist, gönnt man sich diesen Nervenkitzel. Entweder mit Sensationsberichten aus der Presse, oder literarisch mit einem unterhaltenden Krimi.
Sind weitere Werke geplant? Wenn ja: In welche Richtung geht’s?
Ich kann das nicht wirklich planen. Dazu gibt es zu viele Idee. Dazu sind die Protagonisten manches Mal zu störrisch und entwickeln ein überraschendes Eigenleben. Ein paar angefangene längere Krimis warten dringend auf die Fortführung. Es gibt einen kleinen Kobold, der mit seinem Bruder in einigen Geschichten sein Unwesen treibt. Und ich habe eine Schwäche für Märchen, klassische ebenso wie moderne. Da kommen immer wieder Ideen, die schließlich auch zu einer Geschichte werden.
Welche Verbindungen haben Sie zum Bayerischen Wald?
Ich bin hier geboren, in Röhrnbach. Inzwischen lebe ich schon so lange in der Nähe von Stuttgart, dass mich die Verwandten Sommerfrischler nennen. Dennoch: Wenn ich auch viel zu selten im Bayerischen Wald bin, es ist jedes Mal wieder ein wenig wie nach Hause kommen. Bei jedem Besuch hier habe ich zum einen dieses beruhigende Gefühl: Heimat, hier kenne ich mich aus. Und dann aber auch: Oha, da ist ja etwas ganz Neues, Unbekanntes. Diese Mischung ist irgendwie einzigartig, die gibt es für mich sonst nirgendwo.
Vielen Dank für das Gespräch – und weiterhin viel Spaß beim Schreiben.
die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer