Eine Extra-Dosis Live-Genuss nach Müllerinnen Art – das ist die Doppel-Live-CD „Ich bin die“, auf der die norddeutsche Sirene Ina Müller ihr sechstes Studioalbum gleichen Namens aus dem Jahr 2016 in Echtzeit für die Ewigkeit festgehalten hat. Im schicken Digi-Pack mit vielen stimmungsvollen Farb- und Schwarzweiß-Impressionen kommt das Album sehr edel daher. Mit dabei ist eine Bonus-DVD, auf der das gesamte Konzert aus Oldenburg auch im Heimkino erlebt werden kann. Sound und Bild stimmen dabei, wobei es keine Extras oder besondere Mixes zu hören gibt. Schnörkellos und einfach live, sozusagen.
Ein rundes Paket, das auch den typischen man-liebt-ihn-oder-man-hasst-ihn-Humor von Müller wunderbar einfängt. Immer wieder unterhält sich die 52-jährige Moderatorin mit ihrem Publikum, ihren Musikern und – sehr lange – auch mit ihren beiden hervorragenden Background-Sängerinnen Sarah Jane McMinn und Ulla Ihm. Das ist amüsant, das gefällt auch im Wohnzimmer. Und auch, wenn die Themen oft eher die Gattin oder Freundin ansprechen – was natürlich in der Natur der Sache liegt –, kann man sich als Kerl hervorragend über Quetschwäsche, Stöckelschuhe, Gewichtsprobleme und, nun ja, Männer, amüsieren…
Ina Müller – besser noch als ein Stückchen Schokolade…
Die Musiker Dirk Ritz (Bass), Kai Fischer (Keyboard), Hardy Kayser (Gitarre), Marco Möller (Schlagzeug) und Mirko Michalzik (Gitarre) sind weniger bloßes Beiwerk, als vielmehr ein solide aufspielendes Orchester, das der Diva den Teppich zurechtzimmert. Auf diesem stolziert sie entlang, setzt ihre rauchige Stimme mal sexy, mal verrucht und dann auch wieder verletzlich ein – und präsentiert absolut gutgelaunt vor allem die Songs von „Ich bin die“. Garniert wird das Ganze von einigen älteren Hits, bei denen die Stimmung im Oldenburger Rund kein Deut abflacht.
Man mag zu den einfachen Pop-Songs der Müllerin stehen wie man will. Irgendetwas haben sie, irgendwo berühren sie einen mit ihren Klischees, ihren oft arg gewollten Wortspielen und der insgesamt recht simplen Struktur.
Das liegt vermutlich nur an einer kleinen, aber umso wichtigeren Winzigkeit: Die Müller ist ungekünstelt, ist auch vor mehreren tausend Zuschauern genauso frech wie das norddeutsche Gör, das mit ihren „Fünf Schwestern“ auf dem Hof der Eltern aufgewachsen ist und nur Unsinn im Sinn hatte. Und das funktioniert! Da verzeiht man ihr auch einen Song wie „Schuhe“, der zwar lockerflockig ins Ohr läuft, aber doch nur ein einziges, vertontes Klischee ist.
Die gut anderthalb Stunden sind mit „Zimmer 410“, „Tag eins nach Tag aus“, „Wenn du jetzt aufstehst“, „Drei Männer her“, „Kommando heulen“ oder „Sowas passiert mir heut nicht mehr“ ruckzuck vorbei. Und auch das ist schön: Die Musik von Ina Müller tut nicht weh, im Gegenteil, manchmal ist sie so etwas wie ein kleiner Seelentröster, wenn die Welt um einen herum mal wieder komplett durchdreht. Besser noch als ein Stückchen Schokolade, da sie nun so gar nicht ansetzt…
Enge Beziehung zwischen dem hohen Norden und Niederbayern
Dass es eine durchaus innige Beziehung zwischen dem, tatsächlich, hohen Norden und Niederbayern gibt, zeigte sich übrigens nicht zuletzt beim mit 1.700 Besuchern bestens besuchten Konzert der Müller’schen in der Passauer Dreiländerhalle am 3. Dezember 2017.
Dort sabbelte, schnackte und sang sich die 52-Jährige jedenfalls ganz putzmunter durch ihr Programm – und das ganz ohne Verständigungsschwierigkeiten. Für alle, die das nun nicht erleben konnten, ist die Live-Version von „Ich bin die“ das ideale Surrogat, um bis zur nächsten Tournee – oder der nächsten Ausgabe von „Inas Nacht“ aus der Hafenkneipe Schellfischposten – durchzuhalten.
Denn Ina Müller live – das macht einfach nur gute Laune!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 1. Dezember 2017
- Label: Sony Music
- Songs: 21, dazu eine DVD mit dem ganzen Konzert
- Spielzeit: CDs insgesamt 96:43 Minuten
- DVD: Dolby Digital 5.1, Bildformat 1,78:1, 16:9 anamorph, Lauflänge: 100:28 Minuten
- Preis: ca. 18 Euro