Zwiesel. Hält Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger absichtlich wichtige Daten zurück, um der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald (FNBW) die Arbeit zu erschweren bzw. unmöglich zu machen? Diese Frage stellt sich seit dem vertragsmäßigem Betriebsübergang der Touristinfo Zwiesel an die FNBW GmbH nicht nur deren Mitarbeiter Robert Kürzinger, sondern auch die stellvertretende Rathaus-Chefin Elisabeth Pfeffer sowie einige weitere Zwieseler Bürger. Der ein oder andere Glasstädter spricht hinter vorgehaltener Hand sogar schon von bewusst herbeigeführten Sabotage-Akten des Bürgermeisters, einem bekanntermaßen vehementen Gegner des Bayerwald-Tourismusverbunds. Steininger selbst verbreitet unterdessen die Nachricht von einer „Datenpanne“ – und schweigt.
Vor etwa drei Wochen hatte Steininger eine eigens verfasste Pressemitteilung an die Medien versandt. Darin sprach er von einer „Datenpanne beim touristischen Betriebsübergang“, der während der urlaubsbedingten Abwesenheit Steiningers letztlich durch seine Stellvertreterin Elisabeth Pfeffer vollzogen wurde. Der sog. Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Stadt Zwiesel und der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald erhielt somit zum 1. September seine Gültigkeit.
„Erste, dringend erforderliche Daten bereits übergeben“
„In der Nacht von Donnerstag (31.08.) auf Freitag (01.09.) erfolgte planmäßig der Geschäftsbesorgungsübergang der Tourist-Info Zwiesel an die FNBW GmbH“, wurde in der Pressemitteilung seitens Steininger verlautbart. Weiter hieß es: „Tags zuvor, also Donnerstag, wurde verwaltungsintern besprochen, welche Daten in welcher Form übergeben werden, um den rechtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Am Montag (04.09.2017) wurde nach eingehenden Recherchen verwaltungsintern festgestellt, dass umfangreiches Datenmaterial aus dem geschützten Netz der Stadt Zwiesel kopiert wurde, an einen Dritten – hier die FNBW GmbH – weiter gegeben wurde und durch die Anfertigung von Kopien sich auch nicht mehr im Rathaus befanden.“ Im Detail handele es sich um die kompletten Inhalte des FNBW-Ordners (ca. 2,7 GB) sowie des Kur- und Tourist-Info-Ordners (ca. 57,7 GB) – Daten, die sich laut Steininger in den vergangenen ca. 20 Jahren angesammelt hatten.
„Die Anweisung zur Datenübertragung gab Frau zweite Bürgermeisterin Elisabeth Pfeffer (CSU) vor dem Betriebsübergang“, teilte der Zwieseler Bürgermeister weiter mit – und ergänzte: „Noch am gleichen Tag (Mo., 04.09.2017) konnten sämtliche Daten und die bereits erstellten Kopien wieder in das Eigentum der Stadt Zwiesel überführt werden.“ Die Daten seien daraufhin von allen Datenträgern nach einschlägigen Regierungsrichtlinien „sicher gelöscht“ worden.
„Nach aktuellem Kenntnisstand kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass sich keinerlei Daten mehr in fremden Händen befindet. Der Vorgang wurde zur weiteren rechtlichen Prüfung an die verschiedenen übergeordneten Stellen weiter gegeben“, informierte Steininger. Künftig würden Daten unter Berücksichtigung von Bild-, Text und Prüfung adressbezogener Daten nach dem Vieraugen-Prinzip an die FNBW gegeben. Erste, dringend erforderliche Daten seien bereits übergeben worden – weitere Datenanforderungen seien in Prüfung und würden zeitnah ausschließlich projektspezifisch bereitgestellt, kündigte Steininger in besagter Pressemitteilung an.
„Sie haben mein Wort, dass Sie alle Daten bekommen“
Konfrontiert mit Steiningers Aussagen, nimmt FNBW-Tourismus-Manager Robert Kürzinger daraufhin wiefolgt Stellung: „Die zweite Bürgermeisterin, Frau Pfeffer, hat die Mitarbeiterinnen der Tourist-Info während ihrer Vertretungszeit gefragt, welche Daten diese für ihre Arbeit benötigen. Daraufhin sagte man ihr, dass all jene Daten benötigt würden, mit der in der Vergangenheit gearbeitet wurden. Diese Daten werden auch künftig benötigt und wurden deswegen ordnungsgemäß der FNBW zur Verfügung gestellt.“ Die stellvertretende Bürgermeisterin habe es dabei als ihre Pflicht gesehen, die im Vertrag festgelegten Pflichten der Stadt zu erfüllen, um einen reibungslosen Übergang der Tourist-Info zu gewährleisten. Dazu gebe es eigens einen Passus im Geschäftsbesorgungsvertrag, der da lautet: „Die Stadt Zwiesel stellt alle zu einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb gehörenden Unterlagen, in digitaler oder schriftlicher Form, der GmbH zur Verfügung.“
Elisabeth Pfeffer habe deswegen bereits Anfang August den EDV-Fachmann der Stadt damit beauftragt, die Rechner in der Tourist-Info so vorzubereiten, dass die genannten Pflichten erfüllt werden könnten, die Daten auf die Rechner aufzuspielen und eine Sicherungskopie zu erstellen. Die Mitarbeiterinnen der Touristinfo hätten ihr gegenüber betont, dass ohne touristische Daten ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb nicht möglich sei. „Den Mitarbeitern der Tourist-Info stehen ausschließlich Daten zur Verfügung, die für die touristische Arbeit benötigt werden“, habe die Vizebürgermeisterin betont.
„Bürgermeister Steininger forderte die FNBW am Tag des Betriebsübergangs auf, sämtliche gerade erhaltene Daten wieder zu löschen. Er begründete dies mit dem Vorwurf: Wir, also die FNBW, seien unerlaubter Weise im Besitz von vertraulichen Daten“, erinnert sich Kürzinger. Dieser Vorwurf kann dem FNBW-Mitarbeiter zufolge aber nicht bestätigt werden, „da niemand vor der Löschung die Daten gesichtet hat. Wir gehen aber davon aus, dass sich auf den Datenträgern nur die für die Arbeit in der Touristinformation erforderliche Daten befunden haben.“ Nichtsdestotrotz seien sämtliche Daten im Vier-Augen-Prinzip gelöscht worden. Laut Kürzinger hatte Bürgermeister Steininger vor der Datenlöschung der FNBW gegenüber versichert: „Sie haben mein Wort, dass Sie alle Daten bekommen, die Sie brauchen.“
„Ich habe es als meine Pflicht gesehen“
„Dazu mussten die Mitarbeiterinnen eine Liste erstellen, auf der die erforderlichen Daten/Dateien angekreuzt wurden. Auf Grundlage dieser Liste sollten dann die Daten freigegeben werden“, teilt Kürzinger weiter mit. „Nachdem die Daten nun mehrfach von den Mitarbeiterinnen der Tourist-Info angefordert wurden, ist jedoch bislang mit Ausnahme von zwei Einzeldateien noch nichts geliefert worden. Trotz des Versprechens des Bürgermeisters.“ Dringend benötigt würden etwa die Outlook-Daten (Termine, Kontaktdaten, Emails etc.). „So sind die Mitarbeiterinnen derzeit beispielsweise nicht einmal im Besitz der Email-Adressen der Zwieseler Gastgeber“, informiert Kürzinger. Wichtige Geschäftskorrespondenz könne aktuell nicht ordnungsgemäß zugestellt werden. „Die FNBW bittet daher dringend die Stadt Zwiesel die Pflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrages zu erfüllen, da sonst keine vernünftige Geschäftsbesorgung möglich ist.“
„Nach der Unterzeichnung des Vertrages zum Teilbetriebsübergang mit der FNBW am 25.07.2017 habe ich es als meine Pflicht gesehen, die im Vertrag festgelegten Pflichten der Stadt Zwiesel zu erfüllen, um einen reibungslosen Übergang der Tourist-Info am 01.09. und einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb nach dem 01.09.2017 zu gewährleisten“, teilt Vize-Bürgermeisterin Pfeffer auf Hog’n-Nachfrage mit. Wie Robert Kürzinger verweist dabei auch sie auf den im Vertrag stehenden Punkt, dass die Stadt Zwiesel mit der FNBW-GmbH bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zusammenarbeiten und für die Erfüllung der Aufgaben die erforderlichen Unterlagen der GmbH bereitstellen werde.
In einem persönlichen Gespräch mit den Mitarbeiterinnen der Tourist-Info betonten diese ausdrücklich, dass ohne touristische Daten ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb nicht möglich sei, so Pfeffer. „Nachdem die Aufgaben der Mitarbeiterinnen nach dem Betriebsübergang faktisch unverändert bleiben, bleiben auch die benötigten Daten unverändert.“ Zu den Aufgaben gehöre etwa auch die Organisation von Veranstaltungen wie dem Christkindlmarkt, die bereits vor dem Übergang von der Tourist-Info durchgeführt wurden. Zwingend notwendig seien hierzu die Daten der vorherigen Veranstaltungen, wie die stellvertretende Rathaus-Chefin betont.
Problem: Alte Emails gelangen nicht an neue Adresse
„Ich habe daher während meiner Vertretungszeit den städtischen Mitarbeiter der IT-Abteilung angewiesen, die Rechner inklusive Daten bis zum Stand 06.08.2017, dem Ende meiner Vertretungszeit, vorzubereiten und eine Sicherungskopie (Stand 06.08.2017) zu erstellen. Ab dem 07.08. war Herr Steininger wieder im Amt. Ob und wenn ja, welche Daten aus dem Zeitraum zwischen 07.08. und 31.08.2017 er der FNBW übergeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach meinem Kenntnisstand mussten am 04.09. auf Anweisung von Herrn Steininger alle Daten gelöscht werden“, teilt Elisabeht Pfeffer dem Hog’n gegenüber mit und fügt hinzu: Die Ferienregion habe trotz schriftlicher Beantragung noch keine Daten von der Stadt Zwiesel erhalten, obwohl sie dazu vertraglich verpflichtet sei.
Hog’n-Informationen zufolge hat es jüngst ein informelles Zusammentreffen gegeben, um über das weitere Vorgehen hinsichtlich Bürgermeister Steiningers Blockade-Haltung in Sachen Datenweitergabe zu beraten. Dabei wurde betont, dass die Mitarbeiterinnen der Tourist-Info Zwiesel nach wie vor handlungsunfähig seien, da ihnen keinerlei Daten zur Verfügung stehen. Die Mitarbeiterinnnen könnten somit etwa keine Veranstaltungen planen, da ihnen wichtige Datensätze von vorherigen Veranstaltungen fehlen.
Das größte Problem jedoch: Die Tourist-Info Zwiesel hat mit dem Betriebsübergang an die FNBW neue Email-Adressen bekommen – mit der Folge, dass Anfragen seitens Vermietern und Gästen an die ehemaligen Email-Adressen im Daten-Nichts des Word Wide Web verschwinden, da keine Email-Weiterleitung an die neue Adresse erfolge. Dies sei auch bereits bei Bürgermeister Steininger angemahnt worden – bisher jedoch ohne Erfolg. Über weitere mögliche rechtliche Schritte sei zu beraten.
Aus dem Zwieseler Rathaus ist nicht viel zu hören…
Bürgermeister Steininger wollte in der gestrigen Stadtratssitzung Hog’n-Informationen zufolge keine Fragen zum Thema FNBW beantworten. Auf Hog’n-Nachfrage, wann die benötigten Daten der FNBW zur Verfügung gestellt werden, gab es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels von Seiten des Zwieseler Rathaus-Chefs ebenfalls keine Antwort.
da Hog’n