Finsterau. Die World Para Nordic Skiing Championships 2017 sind nicht nur ein Musterbeispiel dafür, zu welch herausragenden sportlichen Leistungen viele Menschen trotz körperlicher Beeinträchtigung fähig sind. Die Weltmeisterschaften in Finsterau machen darüber hinaus deutlich, dass das Ehrenamt ein sehr wichtiger Teil einer funktionierenden Gesellschaft ist. Rund 270 freiwillige Helfer sind während der Wettkämpfe rund um das Skistadion im kleinen Grenzörtchen im Einsatz. Einer davon ist Bernhard Kraus, Geistlicher der Pfarrgemeinde Mauth-Finsterau-Mitterfirmiansreut. „Es ist selbstverständlich, dass ich helfe“, gibt sich der Pfarrer bescheiden. „Ich leiste ja nur einen Bruchteil dessen, was andere rund um die Veranstaltung machen.“

Alles richtig? Pfarrer Bernhard Kraus (rechts) vergleicht seine Daten mit „Zeitmess-Chef“ Heinz Urmann.
An drei Tagen ist der 57-Jährige Assistent von „Zeitmess-Chef“ Heinz Urmann. Akribisch kontrolliert er die Leistungen der Athleten, notiert deren Startnummern, überprüft die Richtigkeit der Computerangaben – und vergisst dabei nicht, die Sportler mit einem energischen „Hopp, Hopp“ anzufeuern. Letzteres hinterlässt offenbar seine Wirkung: Mit göttlichem Beistand gewinnen an diesem Wettkampftag die deutschen Aushängeschilder Martin Fleig und Anja Wicker im Biathlon die Goldmedaille. Dass ein Geistlicher im Zielbereich als ehrenamtlicher Helfer aktiv ist, dürfte nur den wenigsten WM-Teilnehmern bekannt sein, wie Bernhard Kraus gegenüber dem Hog’n erklärt. Seine Ehrenamts-Kollegen wissen hingegen sehr wohl, dass sich ein Priester unter ihnen befindet. „Für sie bin ich immer der ‚Herr Pfarrer‘ – egal, ob in der Kirche oder auf der Langlaufloipe. Halbsowild. Als Priester ist man eben nie Privatmensch.“
Rottaler und Schnee – Gegensätze ziehen sich an

Gold! Biathlon-Weltmeister Martin Fleig verneigt sich nach dem Zieleinlauf vor den Zuschauern und den vielen freiwilligen Helfern in Finsterau.
Als gebürtiger Pockinger ist Bernhard Kraus nicht unbedingt ein Wintersportler, wie er mit einem Augenzwinkern zugibt. Für Sport kann er sich aber seit jeher begeistern. Während seiner Zeit in Brasilien – dort war er mehr als 15 Jahre als Priester tätig – hatte der Rottaler eher Berührungspunkte mit Sommersportarten. „Mein Nachfolger war im vergangenen Jahr offizieller Seelsorger der Olympischen Spiele in Rio“, berichtet Kraus, der seit seinem Südamerika-Aufenthalt fließend Portugiesisch spricht. Beim letztjährigen Weltcup in Finsterau fungierte er deshalb auch als Dolmetscher für das brasilianische Team. Die Südamerikaner sind jedoch heuer bei den Wettkämpfen im Bayerischen Wald nicht am Start, sodass der Mauther Pfarrer nur wenig Kontakt zu den Aktiven hat.
Küchendienst? „Das kenn ich von zu Hause“
„Die regeln ihre Krisen wohl intern“, erklärt der 57-Jährige auf die Frage, ob er während der Weltmeisterschaften auch seelsorgerischen Tätigkeiten nachkomme. Viel Zeit bleibe für tiefgründige Gespräche wohl auch nicht. Neben seiner Aufgabe bei der Zeitmessung ist Pfarrer Kraus auch als „Mädchen für alles“ tätig. Das heißt: Ist irgendwo Not am Mann, springt der Wahl-Mauther ein. Am Samstag hatte er Fahrdienst, holte Journalisten aus Prag. Auch im Gastrobereich ist er eine gern gesehene Hilfe. Die Küche – eines seiner Fachgebiete: „Das kenn ich von zu Hause. Dort kümmere ich mich auch um meinen Haushalt.“
da Hog’n
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