Grafenau/Neuschönau/Großarmschlag. Dass die Sache mit dem gestohlenen Grafenauer Maibaum eine äußerst emotional diskutierte Angelegenheit ist, dürfte inzwischen auch der letzte mitbekommen haben. Hohe Wellen hat nicht nur die Anzeigen-Drohung von Bürgermeister Max Niedermeier geschlagen, sondern auch die jüngste „Rückholaktion“ des „Corpus delicti“ durch die Großarmschlager Feuerwehr (für die Nicht-Bayerwäldler: Großarmschlag ist ein Ortsteil von Grafenau) und die sogenannte Maibaumstehlgesellschaft Mittlerer Bayerischer Wald (MSG MBW) – worüber das Onlinemagazin „da Hog’n“ in dieser Woche ausführlich berichtete. Während die Erstdiebe den ordnungsgemäßen Verlauf des „Rückklaus“ nach wie vor anzweifeln, sind sich die selbsternannten Großarmschlager „Maibaum-Profis“ sicher, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Indes schwappt eine Welle der Solidarität für die Erstdiebe durchs Social-Web.
In einer auf ihrer Facebook-Seite am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme betonen die Mitglieder der „MSG MBW“ noch einmal, „dass das ungeschriebene Gesetz in unserer Region besagt, dass diese Ausübung (also das Stehlen des Maibaums – Anmerk. d. Red.) erst ab dem 24. April erfolgen darf. Sehr zum Leidwesen des alten Brauches glauben einige in letzter Zeit, sich nicht an diese Regel halten zu müssen.“ Zu diesen zählt die „MSG MBW“ offensichtlich auch die Erstdiebe um Regina Stockinger. Da diese gegen die Brauchtumsregeln verstoßen hätten, sah sich die Maibaumstehlgesellschaft dazu „genötigt, den Baum in Eigenregie unserer Stadt zurückzuholen und damit für geregelte Verhältnisse und einen ausgeglichenen Blutdruck unseres Bürgermeisters zu sorgen“.
„Somit dürften alle Beteiligten glücklich sein“
Im weiteren Verlauf der Stellungnahme bekräftigen die Autoren erneut, dass Regina Stockinger den Baum nicht berührt habe. Außerdem hätte die „MSG MBW“ den Erstdieben nach „zähen Diskussionen und Verhandlungen“ zugesichert, Bier und Spezi vorbeizubringen. „Ohne Auslöseforderung überbrachten wir unserem Bürgermax diesen Maibaum. Somit dürften alle Beteiligten glücklich sein.“
Letztere Vermutung dürfte nicht so ganz zutreffen, denn: Im Kreise der Erstdiebe, die sich einer großen Welle der Solidarität im Social-Web erfreuen, ist man immer noch angefressen, wie die Buben und Mädchen gegenüber dem „Hog’n“ betonen. Für sie steht fest, dass die Großarmschlager „Maibaum-Profis“ von Bürgermeister Niedermeier angeheuert worden sind, um das „Objekt der Begierde“ zurückzuholen. „Und dann noch ein Auto wegzuschieben und eine Kette durchzuzwicken ist eigentlich Sachbeschädigung. In den Brauchtumsregeln steht, man darf nichts kaputt machen“, heißt es von Seiten der Erstdiebe. Sie bestätigen auf Hog’n-Nachfrage, dass ihnen die Wehrler und die „MSG MBW“ eine Auslöse angeboten hätten. Nach einer ersten Einwilligung habe man die Meinung mittlerweile aber revidiert: „Wir wollen keine ‚Spende“ von jemanden, der uns anlügt und dreist gegenüber uns handelt.“
„Mia hamd de junga Leid daboamd“
In den sozialen Netzwerken ist indes das Interesse am Thema „Maibaumgate Grafenau“ weiterhin ungebrochen. Unter den Fürsprechern der Erstdiebe findet sich auch Albert Fenzl, selbstständiger Bäckermeister aus Neuschönau. Via Facebook kündigte er am Mittwoch an: „Um den Grafenauer Maibaumstreit endgültig beizulegen, erkläre ich mich hiermit bereit, die Brotzeit samt Bier zu spendieren.“ Gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“ bestätigt er diesen Vorgang. „Mia hamd de junga Leid daboamd“, begründet Albert Fenzl sein Handeln. „Es is‘ ned oafach, an Maibam zum Steijn. Wenn ma dann aa na koa Belohnung griagd, is dowed bitter. Drum han i des iwanumma.“ Der 51-Jährige habe die Berichterstattung rund um den gestohlenen Maibaum verfolgt – die Vorgehensweise von Bürgermeister Niedermeier, den er eigenen Aussagen zufolge gut kenne, betrachtet er als „Auslegungssach'“ – „Iagendwia is koana so richtig Schuid. Owa der Brauch deaf ned ausschdeam.“
Auch Daniel Wildfeuer, Geschäftsführer des boarischen Onlineshops meinherzschlag.de und gebürtiger Grafenauer, will den Erstlingsdieben a bisserl Trost spenden – mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten: „Für jeden Dieb gibt es eine kostenlose Schwimmbreze aus unserem Shop. Ich finde es immer toll, wenn sich junge Mädls und Bursch’n für das Brauchtum interessieren und dafür einsetzen. Das unterstütze ich gerne.“
Die Frage, ob es nun tatsächlich eine Absprache in Sachen Rückklau zwischen Bürgermeister Niedermeier und den „Maibaum-Profis“ gegeben habe, will die Stadtverwaltung gegenüber dem Hog’n nicht beantworten. „Für die Stadt Grafenau ist die Thematik erledigt“, heißt es aus dem Rathaus kurz und knapp.
Helmut Weigerstorfer