Freyung-Grafenau/Regen/Niederbayern. Das bayerische Landesamt für Umwelt (LFU) gibt regelmäßig einen Risikobericht über die Grundwassersituation in Bayern heraus. Wie Rosi Steinberger, niederbayerische Landtagsabgeordnete der Grünen, die für die Fraktion im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags sitzt, vor wenigen Wochen per Pressemitteilung informiert, ist jüngst die neueste Analyse veröffentlicht worden: „Diese ist für Niederbayern alarmierend.“ In einer schriftlichen Anfrage an die Staatsregierung forderte Steinberger konkrete Aussagen zu kurzfristig zu ergreifenden Maßnahmen.
„Landwirtschaft verseucht Grundwasser mit Nitrat und Pflanzengift“
Die letzte Prognose des LFU sei 2004 erstellt worden und habe sich auf das Jahr 2015 bezogen. Damals sei man davon ausgegangen, dass sich der Zustand des Grundwassers bis 2015 kontinuierlich verbessern würde. Dies entspreche auch den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. „Bayern hat sich in diesem Abkommen verpflichtet, sein Grundwasser in gutem Zustand zu erhalten“, heißt es in der Pressemitteilung Steinbergers. Bereits 2004 hab man damit, gerechnet, dass das Grundwasser von Landshut bis Straubing längerfristig belastet sein würde. Im restlichen Niederbayern sollte man aber auf sauberes Grundwasser stoßen. Die neue Prognose, die sich bis zum Jahr 2021 erstreckt, sei nun deutlich pessimistischer: Das Landesamt für Umwelt gehe davon aus, dass der Großteil Niederbayerns südlich der Donau Grundwasser in schlechtem Zustand vorfinde.
„Diese Prognose ist dramatisch“, so Rosi Steinberger. „Denn die Ursache der Belastungen ist klar. Es geht um die industrialisierte Landwirtschaft, die unsere Böden und damit auch unser Grundwasser mit Nitrat und Pflanzengift verseucht. Es wird Zeit, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Dieses Warnsignal sollte uns aufrütteln und endlich wirksame Maßnahmen ergreifen lassen, die unser Lebensmittel Nummer eins schützen“, fordert die Abgeordnete. „Es beginnt mit der Anlage von Uferrandstreifen und führt bis zu Einschränkungen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Der Schutz des Trinkwassers sollte uns das wert sein“, sagt Steinberger.
„Grundwasser in FRG in besserem Zustand als im Rest von NB“
CSU-Landtagsabgeordneter Max Gibis sieht Grundwasser „als unverzichtbares Lebensmittel und Reservoir, aus dem vielerorts Trinkwasser guter Qualität gewonnen wird“, wie er dem Onlinemagazin da Hog’n auf Nachfrage mitteilt. 93 Prozent der bayerischen Bevölkerung werden seinen Informationen zufolge mit Trinkwasser aus Grund- und Quellwasser versorgt. Für Wasserkörper, aus denen Trinkwasser gewonnen wird, sehe die Rahmenrichtlinie eine besonders intensive Überwachung und einen strengen Schutz vor. „Momentan liegt bei keinem solchen Grundwasserkörper eine punktuelle Gefährdung vor. Das gilt sowohl für Bayern, Niederbayern als auch den Landkreis Freyung-Grafenau“, so Gibis.
Und weiter: „Die aktuellen Bestandsaufnahmen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zeigen, dass das Grundwasser in Bayern an vielen der 6.300 Grundwassermessstellen mit Nitrateinträgen und Pflanzenschutzmitteln belastet ist. Grenzwerte bei den Pflanzenschutzmitteln werden allerdings nur an 17 bzw. an 21 Messstellen (–> siehe schriftliche Anfrage an die Staatsregierung, Drucksache 17/980) in Niederbayern überschritten. In diesem Zusammenhang sollte man aber auch wissen, dass es sich bei den Grenzwertüberschreitungen bei den Pflanzenschutzmitteln im Wesentlichen um Rückstände eines Abbauproduktes von Atrazin handelt, welches seit 13 Jahren einem Anwendungsverbot unterliegt. Das Grundwasser erholt sich eben nur langsam von einmal verursachten Schäden.“
Zu den Grenzwertüberschreitungen an Nitraten und Pflanzenschutzmitteln bei den Grundwassermessungen ergänzt Gibis, dass diese in einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet viel häufiger vorkommen würden als in einer Region, in der dies nicht der Fall sei. So habe es im Landkreis Freyung-Grafenau keine einzige Grenzwertüberschreitung bei den Pflanzenschutzmitteln und auch lediglich zwei Überschreitungen des zulässigen Grenzwertes von 25 mg/l bei Nitratrückständen gegeben, wobei eine Überschreitung an einer Einzelquelle vorgelgen sei. „Daraus kann man durchaus schließen, dass sich das Grundwasser im Landkreis Freyung-Grafenau, wegen der landwirtschaftlich geringeren Beanspruchung des Bodens, in einem weitaus besseren Zustand befindet, als im Rest Niederbayerns.“
„Gemeinsam zukunftsfähige Lösungen für Regionen entwickeln“
Selbstverständlich, so Gibis, verfolge die bayerische Wasserwirtschaft schon seit Jahrzehnten das Ziel, die Grundwasserqualität in Bayern zu verbessern bzw. den vielerorts sehr guten Trinkwasserstandard zu erhalten. Effektiver Grundwasserschutz sei eine große Herausforderung, weil die Gefährdung des Grundwassers von vielen geologischen und klimatischen Voraussetzungen abhänge. „Die Beschaffenheit der Böden und deren Vermögen, Stoffe zurückzuhalten, spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die Niederschlagsmengen und die damit verbundene Neubildung von Grundwasser. So kann sich der gleiche Einsatz von Düngemitteln bei zwei Landwirten in verschiedenen Regionen Bayerns völlig unterschiedlich auf das Grundwasser auswirken.“
Effektiver Grundwasserschutz in der Landwirtschaft ist Gibis zufolge somit nur möglich, wenn alle gemeinsam – staatliche Wasserwirtschaft, Landwirte, Wasserversorger und Verbraucher – zukunftsfähige Lösungen für einzelne Regionen entwickeln. „Maßnahmen, die in Zukunft noch ergriffen werden können, sind Anreize für Landwirte, grundwasserverträglich zu wirtschaften. Alle übrigen Beteiligten müssen dann auch bereit sein, diese Initiativen, sowohl finanziell als auch ideell, zu unterstützen.“
da Hog’n
Guter informativer Zustandsbericht.