Riedlhütte/Straubing/München. Muss sich ein Kabarettist anhand von Preisen messen lassen? Und muss er auch zuhause der lustige Kasperl sein? Vor seinem jüngsten Auftritt in Riedlhütte haben sich die beiden Hog’n-Redakteure Jason Ditshej und Helmut Weigerstorfer mit dem Kabarettisten, Musiker und Moderator Hannes Ringlstetter („Meine Verehrung!„) zum Kaffeekränzchen getroffen. In der Alten Schmiede von Konzertveranstalter Till Hofmann wurde in entspannter Atmosphäre nicht nur über den Künstler, sondern auch über den Privatmenschen Ringlstetter geplaudert – und auch über die Waidler und die Großstädter, sein „Vereinsheim“ und seine Filmfigur Yazid.

Entspannte Atmosphäre in der Alten Schmiede in Riedlhütte: Hannes Ringlstetter und Hog’n-Mitarbeiter Jason Ditshej.
Als ehemaliger Ministrant kann der 42-Jährige heute über die katholische Kirche nur den Kopf schütteln. Ebenso über Bundestagsmitglied Ernst Hinsken und die übrigen Lobbyisten sowie die „depperten Koksnasen“ Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros. Ringlstetter erzählt und erzählt – und vergisst dabei fast, dass die Bundesliga mit seinem geliebten Club schon begonnen hat …
„In der Alten Schmiede fühle ich mich am wohlsten“
Hannes: Erst neulich bist Du in Freyung aufgetreten, heute spielst Du zum letzten Mal Dein aktuelles Programm „Meine Verehrung!“ hier in der Alten Schmiede. Gefällt’s Dir im Woid?
Ich bin ja kein Waidler, sondern komme aus dem flachen Gäuboden. Als Kind bin ich oft mit meinen Eltern in den Bayerischen Wald gefahren, meistens in den Lamer Winkel zum Bergwandern. Dass ich heute in der Alten Schmiede bin, liegt nur an meinem Freund Till – ohne ihn würde es die Location ja gar nicht geben. Ich wollte einen schönen Abschluss meiner Tour haben – und hier fühle ich mich am wohlsten.
Sind die Waidler anders als das Publikum in der Großstadt?
Nein, überhaupt nicht. Jemand, der auf eine solche Veranstaltung geht, ist ja ein offener Typ. Der Unterschied liegt eher in den Reaktionen nach dem Auftritt: Der Waidler ist da eher robuster – der sagt halt dann emotionslos: ‚Hot scho basst.‘ Er ist vielleicht auch wachsamer, weil’s hier ja nicht so ein Überangebot an kulturellen Veranstaltungen gibt wie in München. Die Waidler freuen sich vielleicht auch mehr – und sind schon zwei Stunden vor dem eigentlichen Beginn da.
„Cooler als das glatt-gespülte Fernsehen“
Mit Deinem Entdecker Till hast Du den „Blickpunkt Spot“ ins Leben gerufen, der mittlerweile mit dem Titel „Vereinsheim“ seinen regelmäßigen Sendetermin im Bayerischen Fernsehen hat.
Ursprünglich war das eine Idee von Tills Frau Michi. In den Jahren 2005 und 2006 haben wir dieses Format zunächst einmal pro Monat ausprobiert – nach und nach mischte es die Kleinkunstszene dann richtig auf.
Was unterscheidet das „Vereinsheim“ von den übrigen Comedy- und Kabarettsendungen?
In erster Linie ist es eine Idee des Miteinanders. Der Quatsch-Comedy-Club ist ja auch eine Mix-Show – aber mehr Stand-Up. Bei uns ist es der Versuch, alle Formen von Kleinkunst auf die Bühne zu holen. Außerdem geht’s viel entspannter zu. Nicht jede Anmoderation wird auswendig gelernt – und manchmal geht auch etwas schief. Das ist cooler als das glatt-gespülte Fernsehen, das eh viele schon nicht mehr sehen können.
„Die Leute haben sofort beschlossen, mich zu hassen“
Bei „Meine Verehrung!“ geht’s darum, dass wir alle anerkannt, bewundert und verehrt werden wollen. Du hast vor ein paar Jahren den Fränkischen Kabarett-Preis gewonnen. Ist diese Form von Anerkennung für Dich wichtig?
Preise sind nicht der Maßstab für unseren Beruf – für mich zählt nur das Publikum. Wenn die Leute klatschen, hat’s ihnen wahrscheinlich gefallen. Es ist ein Zuckerl für zwischendurch, wenn Du Dir als Künstler selbst nicht mehr so sicher bist, ob das noch wirklich geil ist, was Du machst. Vielleicht hilft’s Dir dann medial. Aber im Kern ist es mir einfach wurscht. Mein Maß sind immer die Menschen: mein Drumherum, die Freunde, die Familie.
Gab es mal einen Auftritt, bei dem das Publikum Dir nicht die Ehre erwiesen hat? Bei dem es peinlich für Dich wurde?
Einen, ja: bei Mülheim-Kärlich in der Nähe von Koblenz. Zu Beginn des Auftritts habe ich gesagt, dass ich mich freue, mal in der Pfalz zu sein. Aber genau neben dem Ort verlief die Grenze zwischen dem Rheinland und der Pfalz (lacht). Und mein Arsch saß halt genau im Rheinland. Schon mit dem ersten Satz hatte ich ausgeschissen und wurde ausgepfiffen – die Leute haben sofort beschlossen, mich zu hassen. Dann habe ich versucht, mit einer Rheinländer-Nummer das Publikum wieder für mich zu gewinnen – sie haben sich damit aber erst recht verarscht gefühlt (grinst weiter). Ich bin dann noch in derselben Nacht abgereist und habe in einem Motel an der Autobahn übernachtet …
Der junge Hannes – Einzelgänger mit exotischen Wurzeln
Bei „Hubert & Staller“ spielst Du ja den Kfz-Werkstättenbesitzer Yazid. Ist Dir diese Rolle auf den Leib zugeschnitten?
Ja, den Yazid habe ich mit dem Produzenten und Autor zusammen entwickelt. Man weiß ja wegen seines Aussehens nicht genau, woher Yazid genau kommt: Ist er ein Türke, ein Araber, ein Spanier oder ein dunkler Typ aus Niederbayern? Da entstehen Vorurteile, die aber nicht aufgelöst werden.
Wie war das in Deiner Kindheit und Jugend? Hattest Du Nachteile, weil Du immer schon ein bisschen anders ausgesehen hast?
Ich habe tatsächlich exotische Wurzeln. In den 70er Jahren gab es in einem niederbayerischen Dorf keine Ausländer – ich war der einzige, der so ausgeschaut hat. Da musst Du Dich schon früh wehren.
Bist Du in Deiner Kindheit auch schon immer der lustige Typ, der Klassenkasperl gewesen?
Ich war als Kind relativ verunsichert. Das habe ich aber durch ‚laut Auffallen‘ kompensiert – in erster Linie um einfach wahrgenommen zu werden (denkt nach). Lustig war ich nicht – dazu habe ich gar keine Zeit gehabt. Ich bin musikalisch erzogen worden, habe Klavier gelernt. Ich bin zum Spielen kurz raus gegangen und dann wieder rein zum Üben. Dadurch hatte ich wenig Anschluss an die Dorfjugend – und bin auch nie ein guter Fußballer geworden (lacht). Ich war auch nicht bei der Feuerwehr. Ich war nirgends dabei – das macht dich zum Einzelgänger. Damit hatte ich aber auch kein Problem, sondern stand einfach so daneben, hatte Zeit zum Beobachten – und habe mir meinen Teil über die Bauernbuam gedacht ..
„Vor der Frühmesse hat Dich der Prälat erst mal g’fotzt“
Aber bei den Ministranten bist Du ja dann doch gelandet – denkst Du gerne an diese Zeit zurück?
(denkt lange nach) Durch mein Programm hat sich das etwas gereinigt – wenn’st jede Nacht den Schmarrn erzählst, dann wird’s besser. Aber eigentlich war’s für mich furchtbar: Mir war das alles viel zu roh. Der Prälat hat Dich zur Begrüßung bei der 7-Uhr-Frühmesse in der Sakristei erst einmal g’fotzt – einfach blind, das kann nicht schaden. Je weiter das nun weg ist, umso krasser ist das. Heute denkst Du Dir schon: Wie haben die Dich da damals eigentlich behandelt!? Die katholische Kirche war auf der einen Seite Heimat – Du warst ja Ministrant. Aber auf der anderen Seite war’s auch extrem kalt – das hat mich immer irritiert.

„Die katholische Kirche war auf der einen Seite Heimat, auf der anderen Seite war’s extrem kalt – das hat mich immer irritiert“, sagt der ehemalige Ministrant Ringlstetter heute.
In Waldkirchen dürfen die Kinder heuer erst dann zur Erstkommunion gehen, wenn sie mindestens zehn Stempel gesammelt haben – pro Gottesdienstbesuch gibt’s einen. Fortschrittlich, oder?
Ein Bonussystem wie an der Tankstelle (beginnt süffisant zu lachen). Ich bin immer wieder überrascht, wie die katholische Kirche in bestimmen Gebieten höchst modern ist. Ein Glaubens-Payback … das ist totaler Schwachsinn! Da sieht man wieder mal, wie völlig daneben diese Struktur ist. Sie haben anscheinend immer noch nicht kapiert, um was es eigentlich geht. Das Kind hat ja sowieso schon zahlreiche Verpflichtungen in der Schule, im Verein und in der Familie. Wenn es jetzt mit der Stempelkarte zum Gottesdienstbesuch gezwungen wird, hat es wahrscheinlich dieselbe Einstellung wie zur Schule, nämlich: Scheiße!
Der Niederbayer ist ein mitleidender, aber stolzer Club-Fan
Zum Fußball: Wie zufrieden bist Du als Club-Fan mit Deinem Verein?
Die Verantwortlichen in Nürnberg machen einen guten Job. Sie müssen ja immer alles verkaufen, was gut spielt. Der Verein steht mit Martin Bader gut da, das Frankenstadion ist immer noch ein ganz besonderes – das ist einfach eine Macht.
Wann hast Du Deine Leidenschaft für das runde Leder entdeckt?
Mein Vater hat sich nicht für Fußball interessiert, deshalb lief bei uns auch nie die Sportschau. Samstagnachmittags habe ich immer ‚Heute im Stadion‘ im Radio gehört. Wenn aber mein Onkel, ein echter Club-Fan, zu Besuch war, haben wir auch die Sportschau geschaut. Als der im Jubelschrei aufgesprungen ist, hupfst Du als Vierjähriger einfach mit. Und so mit acht Jahren habe ich gemerkt, dass ich immer noch hochspringe und mitjubele – da war mir bewusst: Ich bin Club-Fan. Und mit dem Pokal-Sieg im Jahr 2007 habe ich nun auch endlich einen Titel (stolz).
Hast Du Dich geärgert, als Trainer Dieter Hecking mitten in der Saison den Verein gewechselt hat?
Ich fand den Hecking super. Wie man nach Wolfsburg gehen kann, verstehe ich überhaupt nicht. Aber ein paar Vereine hasse ich einfach: Wolfsburg oder Leverkusen zum Beispiel.
Oje, jetzt werden Dich die Wolfsburger und Leverkusener vermutlich nicht mehr zu einem Auftritt einladen, oder?
(grinst) Das macht mir überhaupt nichts – diese Vereine sind einfach nicht interessant. Der Club ist ein Underdog-Verein – vielleicht liegt mir das Mitleiden einfach mehr. In jeder Saison geht’s darum, ob wir die Liga halten oder nicht – zwischen Platz 11 und 14 reicht doch völlig. Der Pokal-Sieg war damals ein Club-Klassiker: Einmal gewinnen – und dann sofort alles auf einmal verlieren (nach dem Pokalsieg stieg der Club wieder einmal ab – Anm. d. Red.)
„Mir hat noch keiner so leid getan wie Schweinsteiger“
Schlägt Dein Herz auch für den FC Bayern?
Ich bin nie ein Bayern-Hasser gewesen. Im Gegenteil! Ich hätte aber auch nichts dagegen, wenn Schalke mal ganz oben stehen würde – denn den Club und Schalke verbindet ja eine Fan-Freundschaft. Aber Schalke ist ein Chaotenverein, die werden nie etwas gewinnen – heuer sind die Bayern klar die besten. Ich bin auch ein großer Schweinsteiger-Fan. Als junger Spieler hat er sich aufgeführt wie ein Wilder. Als er dann erwachsen geworden ist, war er auch reifer – diese Biographie kann ich nachvollziehen. Er ist der beste europäische Mittelfeld-Regisseur.
Du bist also ein richtiger „Schweinsteiger-Sympathisant“, wenn man so will …
Mit Till Hofmann war ich letztes Jahr beim Champions-League-Finale in der Allianz Arena dabei. Mir hat noch nie außerhalb meines Privatlebens ein Mensch so leid getan wie der Schweinsteiger. Man hat schon beim Anlauf zum Elfmeter gesehen, dass das nichts wird. Nach 120 Minuten hat die Psyche seinen Körper einfach nicht mehr gehalten – was ich verstehen kann. Und deshalb glaube ich auch, dass der noch große Titel gewinnen wird, weil sowas eine Persönlichkeit prägt.
Sprechen wir ein bisschen über Deine frühere Band „Schinderhannes“. Anfangs hattet Ihr mit Eurem Mundartrock viel Erfolg. Wieso kam dann nach der Jahrtausendwende das Aus?
Wir waren damals die einzige Gruppe, die Rock mit bayerischen Texten gespielt hat – diese Art von Musik war damals noch nicht gefragt. Hinzu kam, dass sechs Leute von der Musik hätten leben müssen – das war schwierig. Deshalb war’s klar, dass wir nicht mehr weitermachen können. Es ging aber irgendwie auch nichts weiter, weil uns weder der Rundfunk noch das Bayerische Fernsehen unterstützt haben – und irgendwann ist man dann frustriert.
Neue Boarische Welle kam für den „Schinderhannes“ z’spät
Der „Schinderhannes“ hätte doch gut zur Neuen Boarischen Welle gepasst …
Beim jetzigen Boom ist es so wie bei allen Trends: Wenn’s viel davon gibt, ist auch viel Scheiß dabei. Ein paar Sachen gefallen mir ganz gut, aber das meiste finde ich extrem langweilig – von Innovation ist da keine Spur. Die Songs von Claudia Koreck sind zwar schön und nett – trotzdem ist das doch nur brave Hausfrauen-Musik.
Oder bei LaBrassBanda: Die erzählen ja auch immer denselben Witz. Die setzen bei ihren neuen Songs vielleicht einen anderen Beat darunter, mehr aber auch nicht. Nach drei Liedern hat man kapiert, um was es geht. Ich würde mir von denen keine Platten kaufen – wenn sie aber live spielen, hat das eine fantastische Energie. Unbestritten ist, dass die alle musikalisch was drauf haben. Ich finde es aber trotzdem schade, dass es kaum außergewöhnliche, anspruchsvolle bayerische Projekte gibt.
Richtige Volksmusik findet auch der „Ringl On Fire“ super
Wie schreitet Deine Musik-Karriere momentan voran?
Ich habe eine bayerische Country-Band mit dem Namen ‚Ringl On Fire‘ ins Leben gerufen – das hat seltsamerweise bisher noch keiner versucht. Bayerisch ist doch eine coole, runde und weiche Sprache – bestens geeignet für Country. Der Großteil vom aktuellen Boarisch-Hype ist doch nichts anderes als moderne Volksmusik. Das hat doch Hubert von Goisern schon vor 25 Jahren gemacht: Zur Volksmusik nimmt man einfach ein paar E-Gitarren dazu.
Sehr gut gefällt mir aber, wenn’s wirklich in die richtige Volksmusik geht. Wenn junge Leute Melodien von früher mit politischen oder emotionalen Texten von heute machen. Super finde ich ‚Kofelgschroa‘ oder die Schwestern ‚Hasemanns Töchter‘ – das alte Gstanzl-Singen wird da gut weiterentwickelt.
Dein Lieblingspolitiker Ernst Hinsken will jetzt mit seinen 70 Jahren doch nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Stimmt Dich das traurig?

Ringlstetter über den Straubinger Bundestagsabgeordneten Ernst Hinsken (CSU): „Er ist ein Lobbyist, kein Politiker.“
Wegen mir hätte er nie kandidieren müssen (lacht). Er ist ein Paradebeispiel für das politische System: Er ist ein Lobbyist, kein Politiker. Er versucht in Berlin das durchzudrücken, was seiner Region etwas bringt. Er sitzt in irgendwelchen Ausschüssen, die keiner kennt. Außerdem ist er in seinem politischen Leben nur einmal in Erscheinung getreten: Damals hat er Kanzler Schröder eine rote Laterne auf die Regierungsbank gestellt …
Du bist also optimistisch, dass es in Deinem Wahlkreis in Zukunft besser wird?
(lacht) Da wird man bestimmt wieder einen Ähnlichen finden. Ich bin in den 80ern mit Wackersdorf und der Umweltbewegung aufgewachsen – das war damals ein ‚Zurück in die Höhle‘. Da hat man gesagt, dass die Linken und die Grünen nur wollen, dass wir verhungern. Und jetzt, genau in der gleichen Gegend, bauen Landwirte Hallen, in denen sie überhaupt nichts reinstellen, sondern einfach Solarstrom abgreifen. Das sind dieselben Typen wie damals. Aber sobald etwas subventioniert wird, sind sie dabei. Vor zwanzig Jahren hätte derselbe Bauer gesagt: ‚Bei uns scheint d’Sonn net, do brauch ma gar keinen Solar probian.‘ Ein Oberpfälzer Landwirt hat einmal gesagt: ‚Die Erderwärmung is mir grad recht, denn dann dua i viermal im Jahr d’Kartoffeln raus.‘
„Gewalt ist für mich kein Mittel, um Probleme zu lösen“
Ein Highlight Deines Programms ist die Erklärung der dörflichen Züchtigung: die Watschn, die Schelln und die Fotzn als bairischer Ausdruck der Ohrfeige. Wer hätte denn Deiner Meinung nach zurzeit diese drei Strafen verdient?
Wenn man so eine Nummer schreibt, ist das für einen selber nur partiell lustig. Ich verstehe, dass das Publikum einen Heidenspaß daran hat, aber dem Ganzen liegt etwas sehr Ernstes zugrunde. Dadurch, dass die Leute so sehr darüber lachen, wird deutlich, dass es immer noch ein Leid gibt. Wenn im Publikum ältere Ehepaare sitzen, dann siehst Du oft an deren Reaktion, dass da nicht nur Opfer, sondern auch Täter darunter sind. Die Ehefrauen fanden das schon immer scheiße, dass der Ehemann die Kinder geschlagen hat. Gewalt ist für mich überhaupt kein Mittel, um ein Problem zu lösen – auch wenn man sich manchmal denkt, dass der ein oder andere mal eine Watschn verdient hätte.
„Dreifaltigkeit der dörflichen Züchtigung“ – die Bedeutung von Watschn, Schelln, Fotzn:
Wer hätte denn dann ein kleines „Hirnbatzal“ verdient?
Mich nervt momentan das Wohnraumproblem: Es ist von Deiner wirtschaftlichen Situation abhängig, wo Du leben kannst – da steht wieder die Lobby dahinter. Regensburg hat sich in den letzten fünf Jahren so entwickelt, dass die Mietpreise auf einem ähnlichen Preis-Niveau wie in München sind …
„Keiner gibt zu, dass er Angst davor hat, wie’s weitergehen soll“
Am meisten gehen mir aber momentan die sogenannten Experten auf den Sack – am schlimmsten sind die Wirtschaftsfachleute. So einen müsste man fragen: ‚Du warst doch schon vor fünf Jahren da. Wieso hast Du das damals nicht vorhersagen können? Aber jetzt kannst Du anscheinend das prophezeihen, was in der Zukunft passieren wird?‘ Diese Arschgeigen haben einfach alle keine Ahnung – es wär mal super, wenn das jemand zugeben würde.
Das reale Wirtschaftsleben hat anscheinend mit den Finanzen nichts zu tun. Aber man merkt, dass die Auswirkungen des Finanzsystems sehr wohl auf die Wirtschaft – und damit auf Dein Leben – einwirken. Aber keiner gibt zu, dass er Angst davor hat, wie es weitergehen soll. Das ist krass, denn Angst ist ja ein ganz normales Gefühl, das man zulassen sollte. Je öfter jemand das Wort ‚Sicherheit‘ in den Mund nimmt, umso mehr will er aussagen, dass er Angst hat.
Zuschauer sollen über seine Gedanken philosophieren
Versuchst Du diese Themen dann auch in Dein Programm einzubauen?
Im aktuellen Programm habe ich versucht, alles was in der Welt passiert auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunterzubrechen. Alles was an Ängsten, Hass und Unverständnis geschieht, passiert ja unter uns auch ständig – von diesem kleinen Mikrokosmos erzähle ich. Die Leute können das dann in die große Welt transponieren …

„Ich möchte nicht, dass die Leute nach einem Auftritt von mir froh sind, dass sie heimgehen können.“
Trotzdem finde ich, dass meine Art von Unterhaltung oft die beste ist: Ich will die Leute zum Nachdenken bringen. Wenn sie an einem Freitag gut unterhalten worden sind und drei Gedanken dabei sind, über die sie philosophieren können, dann bin ich zufrieden. Ich möchte nicht, dass die Leute in einem zweistündigen pädagogischen Unterricht sitzen – und sie danach nur noch froh sind, dass sie heimgehen können.
„Österreichische Kabarettisten sind cooler als die bayerischen“
Du erzählst in einem Deiner Stücke auch, dass der „Arsch der Welt“ in Österreich liegt …
(lacht) Ja, den kann man vom Bayerischen Wald aus gut sehen. Was ich da schon an Beschwerden bekommen habe, weil ich angeblich die Österreicher nicht mag … Wie jeder bayerische Kabarettist wäre ich aber lieber ein österreichischer Kabarettist – die sind viel cooler!
Welche Kabarettisten sind denn für Dich Vorbilder?
Vorbilder habe ich überhaupt keine – man kann Künstler nicht miteinander vergleichen. Man sollte so selbstbewusst sein und von sich einfordern, dass das eigene Schaffen keine Vorbilder braucht. Aber wenn man den Josef Hader nicht verehrt, dann hat man echt irgendetwas falsch gemacht. Ich finde aber ebenso den Alfred Dorfer, Thomas Maurer, Stipsits & Rubey oder Klaus Eckel super.

Wolfgang Ambros und Reinhard Fendrich – „das waren ja Götter, und dann lernst Du beide als depperte Koksnasen kennen.“
Aber Austropop ist aber nicht so Dein Ding …
(protestierend) Doch, das kommt doch auch aus einer gewissen Liebe! Mit meiner Band ‚Schinderhannes‘ waren wir einmal Vorband von ‚Austria 3′. Damals habe ich Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich kennengelernt – da ist für mich ein Weltbild zusammengebrochen: Das waren ja Götter – und dann lernst Du beide als depperte Koksnasen kennen – das hat mich schwer getroffen …
In meinem Programm habe ich den ‚Du bist net von Austria‘-Song aber auch gerade deswegen eingebaut, weil ich glaube, dass es in der bayerischen Musik- und Kleinkunstszene ein österreichisches Trauma gibt. Die Bierzelt-Hits auf bayerischen Volksfesten stammen ja meist nur von STS, Fendrich, Ambros oder Goisern.
„Nicht cool – finde es absurd, mich anzuschauen“
Bist Du auf der Bühne derselbe Hannes Ringlstetter wie im privaten Leben?
Die Seite von mir, die auf der Bühne stattfindet, ist echt: Die extrovertierte Rampensau. Natürlich habe ich auch ernste und nachdenkliche Seiten. Aber ich habe für mich beschlossen, das ich das in der Form als Künstler nicht machen will. Wenn ich auf die Bühne gehe, dann muss das was sein, was in mir existiert.
Ein guter Komiker ist im Prinzip eigentlich depressiv – wie beispielsweise der Helmut Qualtinger. Ich bin auch nicht lustig, sondern bin mit einer absurden Weltsicht ausgestattet. Ich kann eigentlich fast nichts wirklich ernst nehmen, nicht mal mich selber. Vorher habe ich noch über die ökologischen Sünden der Menschheit geschimpft. Dabei bin ich selber nicht besser: Keiner fährt im Jahr so viel Auto wie ich. Ich bin auch nicht cool – ich finde es eher absurd, mich anzuschauen.
„Eigenes Scheitern muss immmer im Mittelpunkt stehen“
„Yazid“ hat in der TV-Serie die KFZ-Werkstätte namens „Ich mach alles“. Würdest Du in Deiner Karriere auch alles tun, um Erfolg zu haben?
Auf keinen Fall! Ich würde nichts machen, von dem ich vorher schon weiß, dass ich es nicht kann (lacht) – Jazzkonzerte beispielsweise! Ich möchte auch nicht auf Kosten von anderen Leuten Lacher ernten – man darf sich nie über andere erheben. Das eigene Scheitern muss immer im Mittelpunkt stehen. Wenn man über Deppen redet, muss man auch immer sagen, dass man selbst ein Depp ist – außer es geht um Menschen, die Macht haben. Tabuthemen habe ich trotzdem nicht.
In der TV-Serie „Hubert und Staller“ spielt Hannes Ringlstetter als „Yazid“ mit:
Yazid aber, der macht in der Serie Sachen, die ich selber gar nicht kann: Autos reparieren – obwohl ich selber handwerklich ein Vollidiot bin. Da muss ich bei den Filmaufnahmen schon eine halbe Stunde üben, bis ich das Werkzeug richtig halten kann.
(schmunzelt und schaut auf die Uhr) Langsam sollten wir das Interview beenden. Die Fußball-Bundesliga beginnt …
Hannes, vielen Dank dass Du Dir für uns Zeit genommen hast! Alles Gute weiterhin …
Interview: Jason Ditshej, Helmut Weigerstorfer
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