München. Paris – New York – Alteiselfing. Kurz: „PNYA“ (Englisch ausgesprochen, weil an Y.M.C.A. angelehnt). So lautet der Titel von Hannes Ringlstetters neuem „Reisealbum“, als das der aus der Nähe von Straubing stammende Kabarettist und Musiker sein neustes Werk bezeichnet. Es ist seit Anfang Juli erhältlich. Paris und New York kennt man. Alteiselfing hingegen nicht. „Letzteres ist ein kleines Dorf in Oberbayern. Die Realität in unserem Leben sieht bei den meisten ja eher so aus: Wenig Paris, wenig New York – aber sehr viel Alteiselfing“, erklärt Ringlstetter im Hog’n-Interview kurz und knapp. Die Interpretation bleibt dabei jedem selbst überlassen. Neben vielen Details zum neuen Album gibt’s auch einen Blick in die Vergangenheit, als der heute 46-Jährige noch der „Schinderhannes“ war – und die BR-Sendung „Vereinsheim Schwabing“ moderiert hat.
„Diese anhaltende Halbmond-Diskussion nervt mich tierisch“
„Würstelstand – willkommen in Wien“ nennt sich einer der neuen Songs auf PNYA. Um was geht’s da genau?
Das ist eine Zustandsbeschreibung, wie ich Österreich und seine Menschen momentan sehe. Ich mag die Österreicher ja total gern, mit ihrer sympathischen Mischung aus Charme und Grant, die ja nicht allzu weit entfernt ist von den Niederbayern. Die eigentliche Idee zu dem Lied geht auf den Fanta-4-Klassiker „Mfg“ zurück. Ich wollte den Österreichern auch so ein Lied schenken – aber eben halt in ihrem Style.
Und wer genau ist diese Marlene, die Du als „Königin der Gastwirtschaft“ besingst?
Marlene ist ein Sinnbild. Wie Du sicher weißt, sind Musikanten ja viel unterwegs und treffen in Wirtshäusern häufig auf Bedienungen. Und Du weißt auch: Je später der Abend, desto besoffener die Musiker – und umso schöner die Bedienung. Unsere Plattenfirmen-Chefin Micha hat festgestellt, dass es noch keinen Song für Wirtshaus-Bedienungen gibt – weshalb ich dieses Lied geschrieben hab.
Ein weiteres Stück trägt den Titel „Oberammergau – Vollmond“ – ein durchaus kritisches Werk, in dem Du mit Vorurteilen und klischeehaftem Denken gegenüber Flüchtlingen sowie Anhängern der islamischen Religion abrechnest, in dem Du die Stereotype des Bürgertums auf witzige Weise persiflierst.
Ganz ehrlich: Diese anhaltende Halbmond-Diskussion nervt mich tierisch. Dieses Alle-haben-Angst-vor-dem-Halbmond-Gehabe. Oberammergau steht für mich für den Erzkatholizismus. Der Vollmond über Oberammergau ist ein Bild dafür. Ich hab mir gedacht: Eine Nummer auf der Platte, bei der ich klare Haltung zeige, kann nicht schaden. Ich spreche dabei die Ur-Ängste vieler Menschen aus dem bayerischen bzw. deutschen Bürgertum an. Ich denke, man muss sich mit diesen Sachen, mit dieser Situation vernünftig auseinandersetzen – und nicht irgendwelche Ressentiments bedienen. Das finde ich ja so schlimm an der offiziellen bayerischen Politik, dass man immerzu mit Feindseligkeiten arbeitet, anstatt sich hinzustellen, sich der Situation zu stellen und mit denjenigen Leuten, die es betrifft, auch wirklich redet. Das ist etwas, was mich grundsätzlich nervt. Deshalb habe ich mir diese etwas rockigere Nummer als Statement zu dieser Thematik überlegt.
„Es gibt drei niederbayerische Versionen von Niederbayern“
Der letzte Song der Platte: „Niederbayern„. Ein Song, der ja inzwischen als offizielle Niederbayern-Hymne gilt. Auf PNYA gibt’s die „Arnstorf-Version“ zu hören. Was hat es damit auf sich?
Es gibt von ‚Niederbayern‘ insgesmat drei Versionen. Einmal die Unplugged-Version, bei der ich alleine vertreten bin. Die heißt Alburg-Version – das ist der Ort bei Straubing, wo ich herkomme. Die zweite Version ist zusammen mit einem Produzenten aus dem Landkreis Kehlheim entstanden – und heißt deswegen Abensberg-Version. Und die Version Arnstorf hab ich mit unserem Mischer und langjährigem Produzenten Bernhard Frank aufgenommen, der ursprünglich aus Arnstorf kommt. Es gibt somit drei niederbayerische Versionen von Niederbayern.
Gibt es denn irgendwann auch eine Riedlhütte-Version?
(lacht) Nein, es gibt ja schon das Video zu Niederbayern, das in Riedlhütte aufgenommen worden ist.
Stichwort: Schinderhannes. So hieß Deine erste Band zu Regensburger Zeiten. Wie ist es damals zu dem Projekt gekommen?
Ich bin 90/91 nach Regensburg zum Studieren gekommen und war zu dem Zeitpunkt schon als Solo-Liedermacher unterwegs. Ich hab dann die Band Schinderhannes gegründet und sie über die Jahre hinweg ausgebaut. Es gab mehrere Formationen davon. Finanziell sind wir nicht sonderlich erfoglreich gewesen, aber am Ende waren wir zumindest keine Unbekannten mehr… Die meisten haben gewusst, dass es uns gibt – haben uns aber vermutlich nie gehört… (lacht).
Es gab da so ein Lied mit dem Titel: „Es scheint di Sunn, aa wenn Du weg bist“ – wem hattest Du diesen Song gewidmet?
(überlegt kurz) De Frau woaß i nimma… (lacht) … das dürfte einige Frauen her sein…
Vermisst Du die Schinderhannes-Zeiten eigentlich?
Nein, überhaupt nicht. Weil wenn Du Dir auf den alten Platten genau durchgelesen hast, wer da mit dabei war, dann wirst Du sehr schnell feststellen, dass heute, bei der neuen Platte, fast all diejenigen von früher wieder mit dabei sind – vom Gitarristen über den Schlagzeuger bis zum Mischer (lacht). Wir haben eigentlich nur was Neues vorn draufgeschrieben. Der Vorteil: Man kennt sich, man weiß wie der andere tickt und welches Potenzial er hat. Trotzdem sind wir 20 Jahre älter und reifer geworden.
„Und Künstler wollen nie, dass etwas starr ist“
Warum machst Du das Vereinsheim Schwabing eigentlich nicht mehr?
Es ist so: Ich habe 60 Sendungen gemacht – was für ein Fernsehformat doch relativ viel ist. Doch dann neige ich irgendwann dazu, Dinge zu verändern, weil sonst wird’s den Leuten meiner Meinung nach zu langweilig. Aber Fernsehsender verfolgen ja eine andere Philosophie. Sie sagen: Wir wollen nix ändern, weil’s ja erfolgreich ist. Aber ich mag das nicht. Darum hab ich gesagt: Sucht Euch jemand anderen, das ist überhaupt kein Problem für mich – und ich denk mir wieder etwas Neues aus. Und im nächsten Jahr machen wir dann eben was Neues im Fernsehen.
Was hättest Du am Vereinsheim-Format ändern wollen?
Ich hätt’s a bisserl rock’n’rolliger gemacht, sprich: wieder mehr andere Formen der Kleinkunst erlaubt. Mal eine klassische Geigerin eingeladen oder einen Heavy-Metal-Gitarristen. Aber das ist nunmal eine klassische Fernseh-Diskussion: Fernseh-Redakteure bestehen – und es kann ja sogar sein, dass sie Recht haben – auf einem Format. Und Künstler wollen nie, dass etwas starr ist. Deswegen kann man so etwas wie das Vereinsheim über einen gewissen Zeitraum miteinander machen – doch dann sucht man sich wieder ein anderes Projekt, um die Leute nicht zu langweilen. Für mich ist das ganz normal.
„Sobald der Till wieder was macht, bin ich da“
Wann kommst Du wieder mal nach Riedlhütte in die Alte Schmiede?
Das weiß ich noch nicht. Ich denk mal, dass sich der Till Hofmann schon wieder was ausdenken wird – da ist er ja relativ spontan. Sobald er was macht, bin ich da (lacht).
Als Waidler würdest Du Dich aber noch nicht bezeichnen, oder?
Nein, das kann ich gar nicht sein. Ich bin ja nicht dort aufgewachsen, sondern im Gäuboden. Ich bin einfach gerne im Woid und mag die Leute hier. Sie sind mir näher als die Städter.
Vielen Dank fürs Gespräch, Hannes – und viel Erfolg mit dem neuen Album.
Interview: Stephan Hörhammer