Neuschönau. Die große Leidenschaft von Regisseur Jürgen Eichinger aus Pocking sind Tier- und Naturdokumentationen. Mit 13 Jahren hat er mit dem Filmen begonnen, 1985 seine erste Regiearbeit übers Klettern veröffentlicht, ein Kurzspielfilm über die psychischen Probleme eines Bergsteigers. Sein großer Durchbruch gelang ihm mit seinem ersten Tierfilm über die Innauen. Mittlerweile werden seine Beiträge zur Hauptsendezeit im Fernsehen ausgestrahlt. Der 50-Jährige ist stets auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen, nach Themen, die vorher noch keiner filmisch betrachtet hat. So auch bei seinem neuesten Werk, der Dokumentation „Wildes Deutschland – Bayerischer Wald“, die bei NaturVision an diesem Wochenende präsentiert wird. Im Hog’n-Interview spricht er über die aufwendigen Dreharbeiten, welchen persönlichen Stellenwert die Filmfesttage in Neuschönau für ihn haben und über sein nächstes Projekt. Sein Credo lautet: Filme zu produzieren, die nicht nur unterhalten, sondern auch eine Botschaft vermitteln.
Herr Eichinger, zunächst die sich aufdrängende Frage: Sind Sie verwandt oder verschwägert mit Ihrem Namensvetter, dem berühmten Regisseur Bernd Eichinger?
Nein, bin ich nicht (lacht). Eichinger hat ja eine ganz andere Art von Filmen gemacht als ich. Er war mehr der Produzent und eher im Spielfilm- und szenischen Bereich tätig. Ich hingegen war immer schon in der Dokumentation beheimatet.
„Unsere schnelllebige Gesellschaft von heute hat keine Geduld mehr“
Um was geht es in dem Film „Wildes Deutschland – der Bayerische Wald“? Was gibt’s zu sehen?
Das Thema der Dokumentation ist die Waldentwicklung im Nationalpark Bayerischer Wald – seit Jahren ein Wunschthema von mir. Es geht um die Frage, wie es zum heutigen Entwicklungsstand des Waldes im alten und neuen Teil des Nationalparks gekommen ist. Der Wald regeneriert sich selber – so wie es die Philosophie der Verantwortlichen schon seit vielen Jahren beschreibt. Das einzige, was man dem Wald geben muss, ist Zeit. Ein Problem in der heutigen, schnelllebigen Gesellschaft ist es, dass die Leute keine Geduld mehr haben. Und wenn man, wie im Fall des Nationalparkwaldes, Zeiträume von 50 Jahren für dessen Regeneration benötigt, ist das schwierig. Der Natur müsste schlichtweg mehr Zeit und mehr Gelassenheit von uns Menschen zugesprochen werden. Und wir dürfen nicht immer meinen, den lieben Gott spielen zu müssen.
Wie lange dauert der Film? Waren die Dreharbeiten recht aufwendig?
Er dauert 45 Minuten. Leider erkennt man an der Länge des Films nicht den überaus großen Aufwand dahinter. Das war meine bisher aufwendigste Produktion, mit insgesamt 200 Drehtagen. Normal sind für Naturdokumentationen um die 100 Tage veranschlagt. Ich habe sehr viel Herzblut in das Projekt gesteckt, weil es mir ein besonderes Anliegen ist zu zeigen, wo die Waldentwicklung hingeht.
Was genau war das Aufwendige daran?
Das Wetter im Bayerischen Wald ist leider nicht so konstant wie in den Pyrenäen oder Afrika, wo meist die Sonne scheint. Wir wollten jedoch spezielle Lichtstimmungen beim Dreh haben, die sich über die jeweiligen Einstellungen hindurchziehen. Das war das eine. Das andere war unser Anspruch, die Waldentwicklung für den Zuschauer so verständlich und nachvollziehbar wie möglich darzustellen – was zu einem immensen technischen Aufwand geführt hat. Wir haben etwa mit extrem langen Zeitrafferaufnahmen gearbeitet, die es so noch nicht gegeben hat, und zum Beispiel junge Fichtenkeimlinge gefilmt, die aus dem morschen Holz hervorschießen. Erstmals haben wir auch einen sogenannten Multi-Copter eingesetzt, eine fliegende Drohne, um die Dreidimensionalität zwischen dem Boden und den luftigen Höhen zu simulieren. Es wurde alles versucht, um den Film so abwechslungsreich und das Thema so interessant wie möglich zu gestalten.
„Schade, dass NaturVision aus finanziellen Gründen umziehen musste“
Welchen Stellenwert hat es für Sie persönlich, dass einer Ihrer Filme bei den NaturVision-Filmtagen gezeigt wird?
Das Filmfestival ist ja schon seit Jahren etabliert und gehört zum Bayerischen Wald wie seine Bäume. Leider musste das Festival ja aus finanziellen Gründen teilweise nach Ludwigsburg umziehen, was ich sehr schade finde. Ich denke, NaturVision ist eine sehr gute Idee, nicht nur als Plattform für Filmemacher, sondern auch für die Zuschauer. Aber man wird sehen, wie sich das in den nächsten Jahren weiterentwickelt.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Im Augenblick arbeiten wir an einer Dokumentation über die Donau, wobei wir in der letzten Drehphase angelangt sind. Dieser Film ist ebenfalls Teil der ARD-Sendreihe „Wildes Deutschland“ und beleuchtet den deutschen Teil der Donau vom Schwarzwald bis Passau. Gezeigt wird der Gang der Jahreszeiten mit Blick auf die Naturschönheiten entlang des Flusses, den die meisten ja nur vom Schiff aus kennen.
Interview: Stephan Hörhammer