Zwiesel. Die Politik in Zwiesel ist inzwischen dafür bekannt, Schlagzeilen en masse zu produzieren. Der – trotz vieler Widerstände – angestrebte FNBW-Ausstieg von Bürgermeister Franz Xaver Steininger, dauernde Querelen innerhalb des Stadtrates verbunden mit zahlreichen, in den Medien ausgetragenen kommunalpolitischen Scharmützeln, der Bürgermeister-Wahlkampf, der erst im zweiten Durchgang entschieden wurde – in der Glasstadt gehören Kontroversen offenbar zum Alltag. Vergangenheit? Seit der Bestätigung Steiningers im Amt des Bürgermeisters scheint der große Burgfriede zu herrschen. Eine trügerische Situation? Oder doch endlich der lange, nicht mehr für möglich gehaltene Normalfall?
Angesprochen auf den hektischen und kraftraubenden Wahlkampf in der besinnlichen Vorweihnachtszeit, zeigt sich der wiedergewählte Rathauschef kurz angebunden: „Ich blicke nicht auf die Wahlen zurück und versetze mich auch nicht emotional in diese Zeit, das ist Vergangenheit. Mein Blick ist nach vorne gerichtet.“ Das finale Duell um den Rathaussessel mit Elisabeth Pfeffer (CSU) scheint „FXS“ aus dem Gedächtnis verbannt zu haben. Seine Kraft gilt dem, was kommt, wie der 51-Jährige gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n betont. So werde das Investitionsprogramm 2016-2032 demnächst das Geschehen im Rathaus bestimmen, „wobei hier die meisten Projekte unpolitisch sind“.
„Dieses Zitat wurde unvollständig wiedergegeben“
Unmittelbar nach seiner Wiederwahl titelte die Heimatzeitung, dass Steininger allen die Hand reichen werde. Dem Bericht zufolge sollen Konflikte im Zwieseler Stadtrat künftig ausbleiben, die parteiübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein weiteres Zeichen für eine geläuterte Kommunalpolitik in Zwiesel? Auf Hog’n-Nachfrage relativiert der parteilose Zwieseler Rathauschef seine damaligen Aussagen etwas, lässt Platz für Interpretationen: „Dieses Zitat wurde und wird nach wie vor von der Presse unvollständig wiedergegeben – und ist nur ein Halbsatz dessen, was ich gesagt habe. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich unvollständige Zitate nicht kommentiere.“
Nicht nur ein Leserbrief, der die Hog’n-Redaktion erreichte, wirft darüber hinaus die Frage auf, ob es hinsichtlich der ohnehin angespannten Finanzlage der Stadt Zwiesel nicht sinnvoller wäre, die Stadtrats- und Bürgermeisterwahlen wieder zusammenzulegen. Diese Wahlgänge finden an unterschiedlichen Terminen statt, da im Jahr 1958 der damalige Bürgermeister Josef Dötsch während seiner Amtszeit verstarb. Eine wahltechnische Besonderheit, die auch beibehalten werden soll, wie Steininger findet. „Wenn der Gesetzgeber das als ‚unglückliche Situation‘ erkennen würde, wäre das schon lange landesweit anderweitig geregelt.“ Für FXS seien die positiven Argumente einer getrennten Wahl schlüssiger, weiter möchte er auf dieses Thema nicht eingehen, „weil dies Wahlkampfthema von Frau Pfeffer war und dieser bekanntlich vorbei ist“. Außerdem habe der Gesetzgeber in dieser Hinsicht eine klare Festlegung getroffen.
„Miteinander können wir mehr erreichen“
Steiningers Worte suggerieren, dass er sich auf seine Arbeit konzentrieren will, Nebenkriegsschauplätze erst gar nicht entstehen sollen. Versöhnliche Worte findet auch Stefan Schmidt, Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes Zwiesel: „Der Wahlkampf war fair und der Wähler hat entschieden – das haben wir auch so akzeptiert.“ In Zwiesel stünden viele wichtige Projekte an, die mit voller Kraft bearbeitet werden müssen. „Da ist kein Platz für Eitelkeiten und Streiterei.“ Trotzdem dürfe es aber keinen Kuschelkurs geben, wie Schmidt verdeutlicht. Weiterhin sei es wichtig, dass man im Stadtrat seine Meinung sagen darf. Jeder müsse aber dann eine gewisse Größe zeigen und sich Fehler eingestehen, sollte etwas schief laufen. „Miteinander können wir mehr erreichen. Uns ist auch bewusst: Einer alleine ist nie schuld.“
Helmut Weigerstorfer