Freyung-Grafenau. Der Technologie Campus (TC) Freyung wächst und gedeiht – ganz so, wie es sich Prof. Dr. Wolfgang Dorner wünscht. Neben einem ersten „Spin-Off“, also einer Ablegerfirma, die sich aus dem TC heraus gegründet hat, schreiten nun auch die Planungen um das jüngst von regionalpolitischer Seite bestärkte E-Wald-Projekt weiter voran. Ein aktuelles Forschungsvorhaben hat was mit Energie und sogenannten virtuellen Kraftwerken zu tun, wie der Campus-Leiter im Hog’n-Interview berichtet.
Herr Dorner: Das für eine GmbH als Geschäftsform geforderte Minimum an 60 Gemeinden aus der Modell-Region ist nun erreicht, das Projekt E-Wald kann nun langfristig realisiert werden. Wie erleichtert sind Sie? Was sind die nächsten wichtigen Schritte?
Natürlich ist es eine Erleichterung, dass wir die Beteiligung der Gemeinden sozusagen schwarz auf weiß haben. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass sie mit einer breiten Beteiligung mitmachen. Die Diskussionen, die dabei entstanden sind, halte ich für wichtig und liefern Ansatzpunkte für Untersuchungen – aber auch Maßnahmen, um die Akzeptanz der Technologie zu steigern. Der Prozess hat auch gezeigt, dass die Region geschlossen hinter dem Projekt steht. Viele Gemeinden haben ja zum Ausdruck gebracht, dass sie für E-Wald sind – aber die Finanzierung für sie eine Herausforderung darstelle. Das ist definitiv ein starker Rückenwind. Der wichtigste Schritt ist nun, die Förderanträge des Technologie Campus Freyung einzureichen. Wir koordinieren zwei große Teilbereiche: „Informationstechnik für die Elektromobiliät“ sowie das „Virtuelle Kraftwerk“. Der Projektträger hat unsere Anträge, die wir im Frühjahr eingereicht hatten, bereits geprüft und uns vor zwei Wochen grünes Licht gegeben. Wir haben nun die detaillierten Arbeitspläne und Kalkulationen erstellt und werden diese demnächst einreichen. Dann kann es eigentlich schon losgehen.
„Vor allem die Energiewende ist bei uns ein großes Thema“
Welche Projekte werden derzeit am Technologie-Campus noch vorangetrieben?
In Freyung haben wir zur Zeit viel Arbeit, unsere sieben Forschungsteams sind gut beschäftigt. Vor allem die Energiewende ist ein großes Thema. Neben Beratungsaufträgen aus der Region freuen wir uns, dass wir einen Zuschlag des Bundesbildungsministeriums für ein Forschungsvorhaben zum Thema „Virtuelle Kraftwerke“ erhalten haben. Ziel ist es räumliche Planungsmodelle zu entwickeln, die die Planung von Kraftwerksparks aus unterschiedlichen Technologien erlauben. Es geht darum, die schwächen der einzelnen Technologien wie Photovoltaik oder Windkraft auszuschalten, in dem man Kraftwerke unterschiedlichen Typs in einen Verbund bringt. Unser Elektromobilitätsteam hat viele Anfragen von Unternehmen, die Teile der Fahrzeugflotte auf Elektromobile umrüsten möchten. Wir haben in den vergangenen Monaten erste Analyseprogramme entwickelt, mit denen wir die Fahrtstrecken einer Flotte aufzeichnen und dann ermitteln können, wieviele Fahrzeuge durch ein Elektroauto ersetzt werden können, ohne dass es eine Einschränkung für die Mobilität des Unternehmens oder der Mitarbeiter gibt. Auch unsere Softwareentwicklung ist gut gefragt. In einigen Tagen wird zum Beispiel eine neue Software für Smartphones verfügbar sein, die es erlaubt, Urlaubsregionen als dreidimensionale Landschaften auf dem Mobiltelefon zu erleben. Das Projekt wurde mit der Firma 3D Reality Maps realisiert, die Ergebnisse werden bald für zahlreiche Regionen in Europa verfügbar sein.
Erster Spin-Off am TC: unbemannte Drohen für die zivile Nutzung
Gibt es Neugründungen von Betrieben, die sich aus dem Umfeld des Technologie-Campus herausgebildet haben?
Am Technologie Campus Freyung gibt es einen ersten Spin-Off, also eine Ausgründung von Wissenschaftlern, die mit einem Forschungsergebnis ein Unternehmen gründen. Mehr dazu wird es in Kürze geben. So viel sei schon gesagt: Es hat etwas mit sogenannten Unmanned Aerial Systems zu tun, also Drohnen für die zivile Nutzung.
Stichwort: Ideenwerkstatt für Gründer. Wie stark wird dieses kostenlose Angebot des Technologie Campus genutzt? Wer kommt in diese Sprechstunde?
Wir haben etwa einmal im Monat eine Anfrage. Viele der Themen, die uns präsentiert werden, haben nichts mit den fachlichen Themen am Campus zu tun. Wir beraten aber natürlich gerne alle Gründer und Interessierten aus der Region, die an technologischen Themen arbeiten – und versuchen Kontakte zu Spezialisten an anderen Standorten oder Partnerhochschulen herzustellen.
Auch die Ressourcen des Bayerwaldes sind technologisch relevant
Gibt es eigentlich auch Möglichkeiten, die Ressourcen des Bayerwaldes – sprich: Holz, Granitgestein, Landwirtschaft – technologisch-wissenschaftlich miteinzubeziehen?
Regionale Themen sind für uns wichtig und wir sind an einigen dieser Punkte dran: Forst- und Landwirtschaft sind wichtige Wirtschaftszweige und prägen auch unsere Kulturlandschaft. Man denkt zwar zu Beginn nicht unbedingt an einen Zusammenhang mit der Informatik – hier gibt es aber wichtige Anknüpfungspunkte. Auch diese Branchen sind zwischenzeitlich High-Tech-Branchen und setzen an vielen Stellen natürlich modernste Sensorik, Steuerungen und Computersysteme ein. Themen, an denen wir momentan arbeiten, sind zum Beispiel die Früherkennung von Schädlingen mit Hilfe von zivilen Drohnen, Sensorik und Fernerkundungssoftware. Auch die Entwicklung von Elektronik für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge wurde bereits angefragt, erste erfolgreiche Projekte wurden realisiert. Hier sind wir dabei neue Projekte aufzusetzen und immer offen für Anregungen, Ideen und Probleme aus der Praxis.
Interview: Dike Attenbrunner, Stephan Hörhammer