München/Zwiesel/Freyung. Nun hat also der G7-Gipfel, der Anfang Juni in Elmau stattgefunden hat, doch noch direkte Auswirkungen auf den Bayerischen Wald, genauer gesagt auf das bayerisch-böhmisch-österreichische Grenzgebiet. Denn bei den temporären Grenzkontrollen während des internationalen Treffens stellten die Beamten laut einer Pressemitteilung besorgniserregende Aufgriffszahlen fest. „Ab 1. Juli werden wir insgesamt bis zu 500 Polizisten täglich für die Unterstützung der bayerischen Schleierfahnder einsetzen“, kündigte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann daraufhin an. Besonders im Mittelpunkt sollen Wohnungseinbrüche, Rauschgiftkriminalität sowie Menschenhandel und Schleusungen stehen. Doch wie profitiert Niederbayern im Allgemeinen bzw. wie profitieren die Schleierfahndungs-Gruppen in Freyung und Zwiesel im Speziellen von dieser personellen und technischen Aufwertung? Wird Herrmanns vollmundige Ankündigung – „Die Polizeipräsidien Niederbayern und Oberbayern Süd können täglich auf bis zu 100 zusätzliche Beamte der Bereitschaftspolizei zurückgreifen“ – Realität?
„Zachenberg – 15-Jähriger bei Kontrolle im Bus des Schienenersatzverkehrs bei Triefenried festgenommen.
Im Rahmen der Verkehrswegefahndung wird bei der Schleierfahndung natürlich auch der Zugverkehr einbezogen. An der Haltestelle in Triefenried, Gemeinde Zachenberg, stieg ein Jugendlicher aus Plattling in den Bus des Schienenersatzverkehrs. Der offensichtlich unter Drogeneinfluss Stehende wurde einer Kontrolle unterzogen. Ausweisen wollte er sich mit einer Krankenversicherungskarte. Die Daten kannte er alle auswendig – allerdings ergaben sich bei der weiteren Befragung dann doch Zweifel an der Identität. Bei der Durchsuchung wurden eine nicht ihm gehörende EC-Karte, eine kleine Tüte mit Cannabissamen und ein Einhandmesser aufgefunden. Unter den mittlerweile festgestellten Echtpersonalien lagen drei offene Haftbefehle vor. Der junge Mann wurde in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert. Die Ermittlungen zur Herkunft der EC-Karte sind noch nicht abgeschlossen.“
Auf Nachfrage bestätigt ein Beamter der Polizeiinspektion Zwiesel, dass bei diesem Vorfall erstmals Bereitschaftspolizisten die Schleierfahnder vor Ort unterstützt haben. Heißt: Die von Innenminister Herrmann angekündigten Schwerpunktkontrollen zeigen Wirkung.
Künftig sollen auch neue Schleierfahnder-Stellen geschaffen werden
Zwar seien die Kriminalitätszahlen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Tschechien nicht eminent gestiegen, wie Michael Siefener, Pressesprecher des Bayerischen Innenministeriums erklärt. Dennoch werden künftig Beamte – unter anderem der Bereitschaftspolizei (BePo) – zur Unterstützung der örtlichen Schleierfahnder eingesetzt. „Diese haben bisher die Dienststellen nur bei Konzepteinsätzen oder Verkehrskontrollen unterstützt. Nun kommt noch der Schwerpunkt Schleierfahndung hinzu.“ Ob die vielen Polizisten aus’m Woid, die in ganz Bayern verstreut eingesetzt sind, verstärkt zu Einsätzen in ihrer Heimat gerufen werden, sei zwar durchaus möglich, aber nicht zwingend vorgesehen. Michael Siefener teilt mit, dass dies von den einzelnen Polizeipräsidien und der Bereitschaftspolizei eingeteilt werde. Künftig, so das Ansinnen des Innenministeriums, sollen auch neue Schleierfahndungsstellen geschaffen werden.
Viel wichtiger vorerst: Die Dienststellen in Zwiesel und Freyung können künftig ein dichteres Netz an den Grenzen zu Österreich und Tschechien aufbauen. Folgende Zahlen einer Pressemitteilung untermauern, dass die Schleierfahnder gute Arbeit leisten: 3.400 Rauschgiftstraftaten und 500 Eigentums- und Vermögensdelikte wurden laut einer Pressemitteilung bei rund 20.000 Kontrollen aufgedeckt. Dazu kommen mehr als 8.000 ausländerrechtliche Verstöße. Frank Schlenz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern, dazu: „An der Südgrenze bindet die illegale Einreise, sprich die Asylbewerber, die Einsatzkräfte schon sehr. Im östlichen Gebiet wird hauptsächlich der Durchreiseverkehr kontrolliert, so können mögliche Straftaten im ganzen Bundesgebiet bereits im Keim erstickt werden.“
„Nicht jeden Tag, aber doch regelmäßig“
Viel Arbeit für die „rund ein Dutzend“ Schleierfahnder in Freyung. Genauere Zahlen hinsichtlich der Personalstärke möchte PI-Leiter Michael Krickl nicht bekanntgeben. Auch er bestätigt, dass – wie in Zwiesel – bereits Verstärkung vor Ort ist: „Nicht jeden Tag, aber doch regelmäßig.“ Meistens ist es dann so, dass den erfahrenen und ortskundigen Fahndern ein oder mehrere Beamte begleiten – teils in Zivil, teils in Uniform. So sollen nicht nur die Aufgriffszahlen weiter gesteigert, sondern es soll auch eruiert werden, ob generell mehr Beamte in den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau von Nöten seien.
Helmut Weigerstorfer