Viechtach. Als Laura Amberger 2011 ihren Online-Shop für nachhaltige Beleuchtung ins Leben rief, leistete sie Pionierarbeit für die Branche. Jetzt, zum 10. Jubiläum ihres „Licht-Freude“-Ladens, hat die Unternehmerin ihr digitales Geschäftsmodell um ein stationäres ergänzt: Sie eröffnet am 11. Juni ein Studio im geschichtsträchtigen Penzkofer-Haus in Viechtach und sagt dem Ladensterben in der Innenstadt damit den Kampf an.
„Allein das Jammern über die Leerstände im Stadtzentrum hilft nicht. Wir müssen schon aktiv dagegen vorgehen“, ist Laura Amberger überzeugt. Das neue Ladenlokal in der Linprunstraße 9 passe perfekt zu ihrer „Licht-Freude“-Philosophie – auch architektonisch: Auf gut 50 Quadratmetern ließe sich unter historischem Tonnengewölbe die ästhetische Wirkung von Licht geradezu selbstredend demonstrieren: „Hier kann ich meinen Kunden aus dem weiteren Umkreis einen tollen Showroom bieten“, freut sich Laura Amberger und stellt schon mal einen Espresso zu jedem Beratungsgespräch in Aussicht.
„Müssen eine ökologische und soziale Verpflichtung eingehen“
Für die 45-Jährige ist Licht viel mehr als nur Helligkeit. Es ist Sicherheit. Gemütlichkeit. Sinnlichkeit. Kurzum: Atmosphäre. Licht sei in der Lage, unsere Stimmung zu beeinflussen, weiß die Beleuchtungsspezialistin: „Dass sich manche Menschen in ihren Häusern nicht so richtig daheim fühlen, kann mitunter am falschen Licht liegen.“ Richtig eingesetzt, könne es dagegen für Behaglichkeit sorgen und überaus wohltuend wirken: bei warmer, klarer Farbe etwa – und passender Akzentuierung.
Neben dem Wissen, wo welches Licht den perfekten Platz findet, und jeder Menge technischem Knowhow geht Laura Amberger seit nunmehr zehn Jahren auf Nummer ökosicher – von der umweltschonenden Herstellung aller Produkte im Sortiment über den Unterhalt ihres Geschäftskontos bei einer ethisch-ökologischen Direktbank bis hin zum klimaneutralen Transport der Ware zu den Kunden. „Um auch nachfolgenden Generationen ein komfortables Leben auf dieser Welt zu ermöglichen, müssen wir eine ökologische und soziale Verpflichtung eingehen“, ist die zweifache Mutter überzeugt.
Die Vielfalt in den Innenstädten zu erhalten, sieht die Lichtdesignerin außerdem als dringliche Aufgabe an. Dazu müsse der digitale Handel dem stationären künftig noch fester die Hand reichen – und umgekehrt. Denn dass beide Geschäftsformen sich gegenseitig befruchten, daran glaubt Laura Amberger unbedingt. Wer sich der chancenreichen Kombination dagegen verwehrt, „für den werden über kurz oder lang die Lichter ausgehen“.
da Hog’n
Im Interview: „Sichtdachstühle spornen mich an“
Licht lässt die Nacht zum Tag werden, bringt Erkenntnis, symbolisiert das Göttliche – und kann noch viel mehr, wie Lichtdesignerin Laura Amberger aus zehn Jahren Beschäftigung und Erfahrung mit nachhaltigen Beleuchtungskonzepten weiß. Ein Gespräch.
Laura: Was sind deine größten Herausforderungen in der Lichtplanung?
Wenn Kunden beratungsresistent sind und alles besser wissen, obwohl sie meist weder eine schöne Lampe gesehen haben noch die Wirkung von Licht verstehen, kann das sehr anstrengend sein. Ansonsten finde ich große Herausforderungen spannend – zum Bespiel die Lichtplanung in hohen Räumen. Sichtdachstühle mit vorhandenen Lichtauslässen spornen mich richtig an.
Gibt es für jeden Typ das richtige Licht?
Ganz sicher. Bevor ich mir zur Lichtplanung meiner Kunden Gedanken mache, lasse ich mir Fotos von ihren Lieblingsmöbelstücken oder -bildern schicken. Sie verschaffen mir einen guten Eindruck von den Wohnsituationen der Menschen, worauf ich dann meine Lichtkonzepte aufsetzen kann.
„Sollten nicht immer nur den Zweck von Licht sehen“
Wann schafft Beleuchtung ein gemütliches Zuhause?
Dafür gibt es tatsächlich eine Art Patentrezept: Ich brauche eine Lichtquelle, die den Raum mit Grundbeleuchtung versieht. Dunkle Ecken sollte man tunlichst vermeiden, sie fordern zu viel Aufmerksamkeit. Tischleuchten im Fenster dagegen machen eine Wohnung heimelig – von innen wie von außen. Wir sollten nicht immer nur den Zweck von Licht sehen, etwa, dass ich gut arbeiten, lesen oder kochen kann, sondern den gesamten Raum miteinbinden.
Gibt es gutes Licht und schlechtes Licht?
Auf jeden Fall. Flimmerndes Licht etwa ist schlecht, auch wenn wir das nicht immer sofort realisieren. Aber es strengt uns wahnsinnig an und stresst.
Warum ist das Licht in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen so grell?
Im medizinischen Bereich ist eine bestimmte Helligkeit vorgeschrieben. Der Patient wird dabei als Teil des Arbeitsplatzes verstanden. Meiner Meinung nach muss sich in der Branche aber lichttechnisch unbedingt was tun – und zwar zugunsten des Wohlbefindens der Patienten.
Was ist sinnvoll und was völlig überflüssig?
Wie schafft man mehr Bewusstsein für die Überbelichtung der Welt, wie sie sich etwa vom All aus erkennen lässt?
Durch permanentes Draufhinweisen. Es wird immer Menschen geben, denen der Lichterwahnsinn von Las Vegas gefällt. Zu viel Licht allerdings ist sehr anstrengend und obendrein schädlich für viele Tiere und auch für uns Menschen. Es bringt unsere innere Uhr aus dem Takt. Zwar ist die Aufmerksamkeit für den dosierten Einsatz von Licht bereits vorhanden, aber in der Breite noch lange nicht angekommen.
Was macht gutes Lichtdesign aus?
Die Mischung macht’s. Eine Zeit lang setzte die Branche fast ausnahmslos auf indirektes Licht. Das ist zwar super angenehm, kann aber längst nicht alles. Manche Situationen oder Bedürfnisse erfordern eine direkte Lichtquelle, die bestenfalls noch flexibel verstellbar ist. Möchte ich lesen zum Beispiel, ist eine indirekte Beleuchtung nicht optimal.
Wie werden wir uns in fünf oder zehn Jahren beleuchten?
Biodynamisches, auf den Menschen zentriertes Licht, sogenanntes „Human Centric Lighting“, wird zum Standard werden. Künftig werden immer mehr Leuchtenhersteller neben der rein visuellen auch die emotionale Wirkung von Licht berücksichtigen und ihre Produkte dem natürlichen Verlauf des Tageslichts anpassen. Neubauten werden schon jetzt immer smarter, also steuerbarer – auch, was das Licht angeht. Beispielsweise wird eine Lampe zu einer bestimmten Uhrzeit ihr Licht automatisch dimmen und somit ganz individuell auf die Wünsche und Erfordernisse der Bewohner reagieren. Hierbei wird künftig einmal mehr unser Menschenverstand gefragt sein, indem wir so sensibel wie klug zu entscheiden haben: Was ist sinnvoll und was völlig überflüssig?
Interview: Alexandra von Poschinger/ da Hog’n