Das heute vorgestellte Schmankerl ist gleich aus mehrerlei Hinsicht bedeutsam. Zum einen klingt die 2006 gegründete Band The Vintage Caravan original wie aus den 1970er Jahren – fette Gitarrensoli, pumpender Bass und psychedelische Momente inklusive. Zum anderen kommt sie aus Island, was nun wahrlich nicht viele Hardrock-Bands von sich behaupten können. Und nicht zuletzt geht das Trio um Sänger und Gitarrist Óskar Logi Águstsson handwerklich so versiert zu Werke, dass man anerkennend mit dem Kopf nickt, wenn man erfährt, dass die Jungs ihre Combo im blutjungen Alter von gerade einmal zwölf Jahren gegründet haben.
Aber gut, das alles wäre nur schmückendes Beiwerk, wenn The Vintage Caravan vom Songwriting keine Ahnung hätten. Das haben sie aber fraglos. Die zehn neuen Songs, die auf dem vierten Album „Gateways““ in einer guten Dreiviertelstunde präsentiert werden, atmen und schwitzen die 70er aus jeder Sekunde. Das fängt mit dem pulsierenden Opener „Set Your Sights“ an, bei dem Águstsson direkt ein Hammersolo heraushaut. Das geht weiter mit „The Way“ mit seinem kernigen Grundriff und dem Solo, bei dem tatsächlich nur Gitarre, Bass und Schlagzeug alleine zu hören sind – Overdubs? Kann man machen, kann man auch bleiben lassen.
Wichtig: Musikhören bei geöffnetem Fenster
Auf einem ähnlich hohen Niveau sind die restlichen acht Songs angesiedelt. „Reflections“ ist melancholisch und gleichzeitig treibend mit pumpendem Bass von Alexander Örn Númason, während Schlagzeuger Stefán Ari sein Schlagzeug nach allen Regeln der Ian-Paice-Kunst verdrischt. Und wieder steigt die Band in einen psychedelischen Jam-Part ein, bei dem seltsam duftende Wölkchen aus den Lautsprechern aufsteigen. Hm. Mal besser das Fenster aufmachen und hoffen, dass sich das schnell verzieht, ehe jemand was merkt…
Eingängigkeit scheint ganz oben auf der Songwriting-Agenda gestanden zu haben. Das merkt man auch bei Songs wie dem etwas schleppend beginnenden „On The Run“, das sich im Verlauf des Songs aber doch noch zu einem weiteren Up-Tempo-Song mausert. „All This Time“ fängt mit „Iron-Man“-Gedächtnis-Bass-Drums an, es schließt sich tatsächlich ein leicht doomiges Black-Sabbath-Riff an, der bluesige Hardrock weiß mit leicht angezerrten Vocals genauso zu gefallen wie mit seinem mehrheitsfähigen Refrain. Und auch auf der zweiten Seite von „Gateways“ dominieren die absolut „vintage“-igen Klänge. „Nebula“ etwa ist ein Song, der mit Flanger-Effekten und düsterer Grundstimmung zu gefallen weiß, „Farewell“ eine absolut unkitschige Hardrock-Ballade mit Orgelklängen, und auch der fast siebenminütige Rausschmeißer „Tune Out“ hat eine eher ruhige Grundstimmung, die aber wiederum, diesmal vor allem in der epischen Schlussphase, genau wie der Rest dieses tollen Albums ganz hervorragend reinläuft.
Vielleicht der absolut passende Soundtrack für die letzten Barbecues dieses Jahres!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 31. August 2018
- Label: Nuclear Blast Records
- Songs: 10
- Spielzeit: 48:58 Minuten
- Preis: ca. 16 Euro