Waldkirchen. Donnerstagvormittag in Waldkirchen. Der Marktplatz wird dominiert von einem geschäftigen Treiben – jeder hat ein Ziel, jeder verfolgt seinen eigenen Weg. Einige decken sich für das kommende Wochenende ein, andere nutzen ihre Freizeit für eine ausgiebige Shopping-Tour. Auch im „Hoamat-Kaffee“ – am Fuße des Karoli, direkt neben dem Rathaus gelegen – herrscht Trubel. Es wird gelacht, es wird erzählt, es wird getrunken und gegessen. Allwöchentlich trifft sich hier der Schwiaza-Stammtisch. Eine Ansammlung von Unikaten, eine Zusammenkunft von Charakterköpfen. Die Blues-Brothers aus dem Bayerischen Wald.
Einer von ihnen ist Rupert Wick aus Großwiesen, erfolgreicher Gewichtheber, leidgeprüfter Schalke-Fan und selbsternannter Facebook-Deife. Angesprochen darauf, wer denn nun Mitglied des Schwiaza-Stammtisches sei, antwortet er in der für ihn so typisch-direkten Art: „De meist’n feid’s in de Fiass. Dann hama na an Wiat und an Hauzenberga – aiso hama oile behindert.“ Seine nicht ganz ernst gemeinte Aussage quittiert der 51-Jährige mit einem schallenden Lachen. Schwarzer Humor, gepaart mit einer Prise überspitzter Selbstironie, gehört im Hoamat-Kaffee zum guten Ton, wenn Wick, Fritz Blöchl aus Waldkirchen, Klaus Widera aus Grafenau, Peter Seidl aus Ruderting, Hubert Denk aus Alkofen, Joe Mills aus Hauzenberg und Wirt Paul Weißenbacher zusammenkommen. An jedem Donnerstag.
Einzige Grundvoraussetzung: Ein schwarzer Hut
Diese Gruppe – vom Unternehmer über den Regisseur bis hin zum Musiker ist alles vertreten – stellt den harten Kern des Schwiaza-Stammtisches dar, dessen „Sitzungen“ stilecht mit dem Lied „Die Schwiaza vom Landl“ eingeleitet werden. Da es sich aber um eine lose Clique ohne Satzung handelt, können sich auch Außenstehende jederzeit und ohne Umschweife hinzugesellen. „Do hama ned a so“, betont Rupert Wick generös. „Za uns ka se a jeda dazuasitzn.“
Gerade diese Unkompliziertheit, fernab von Vorschriten und Beiträgen, macht den Donnerstagvormittag-Treff zu dem, was er ist: eine illustre Runde mit viel Gaudi. „Mit’n Geijd kimd d ‚Streiterei – drum streit ma mia nie“, verdeutlicht Fritz Blöchl die Schwiaza-Philosophie. Die einzige Grundvoraussetzung, um aufgenommen zu werden, ist ein schwarzer Hut. „Ja, do hama scha extre“, betont wiederum Wick – diesmal mit ernstem Gesichtsausdruck. Sein sich anschließendes Lachen realtiviert dessen Aussage jedoch schnell wieder.
Auch wenn es keinen offiziellen Stammtisch-Chef gibt, ist der 51-Jährige als Initiator des allwöchentlichen Treffens so etwas wie der Kopf der Bande. In Folge eines Unfalls sitzt der Gewichtheber seit seiner Jugend im Rollstuhl und muss regelmäßig zum Physiotherapeuten, genauer gesagt jeden Donnerstagmorgen. Und nach getaner Arbeit geht’s dann eben direkt weiter zum Frühschoppen ins Hoamat-Kaffee. Eine liebgewonnen Tradition, die Rupert Wick nicht missen will.
Mit der Zeit sind es dann immer mehr geworden, die die geselligen Stunden ebenfalls zu schätzen wissen. „Irgendwann hama dann entschied’n, dass ma an schwoazn Huat drong muas. Desweng weil ma an da Grenz lemd, hama dann aaf d’Schwiaza kema.“
Wirt Paul Weißenbacher: „Beleidigt sa deaf koana“
Von Schmugglern oder gar Kriminellen sind die Stammtisch-Mitglieder jedoch weit entfernt. Im Gegenteil. Es wird penibel darauf geachtet, dass die Alkoholgrenze eingehalten wird. Trinkt jemand mehr, wird ein Taxi oder Chauffeur organisiert – Ehrensache. „Ijo, ijo. Do schau ma scha“, insistiert Rupert Wick. Das Ausbleiben des obligatorischen Lachens macht deutlich, dass er es dieses Mal wirklich ernst meint. Schlechte Stimmung ist am Schwiaza-Stammtisch aber genauso verpönt wie das Politisieren, daher wird das Thema schnell gewechselt. Dumme Sprüche gehören hingegen dazu – eine gewisse Schlagfertigkeit ist also wichtig, will man nicht vollends untergehen. Denn: „Beleidigt sa deaf koana, is owa aa koana“, unterstreicht Wirt Paul Weißenbacher.
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Verrückte Typen, verrückte Ideen. Erst kürzlich wurde der Schwiaza-Stammtisch auch Opfer der sogenannten „Cold-Water-Challenge“, die derzeit in den sozialen Medien die Runde macht. Blöchl, Widera, Seidl & Co. zeigten sich bei der Umsetzung besonders kreativ, machten sich bei zweistelligen Minusgraden mit Sack, Pack und Rollstuhl auf nach Kaltwasser, dem wohl idealsten Ort für diese Aufgabe – und meisterten diese auf ihre ganz eigene Art und Weise. Das daraus resultierende Video ging viral, wurde ein Renner bei Facebook. Hauptverantwortlich für die Schwiaza-PR ist übrigens wiederum Rupert Wick, überzeugter wie leidenschaftlicher Facebook-Nutzer.
„Nix fia unguad – noamal hama mia ned“
Und natürlich ist es ihm auch vorbehalten, bei Weißwurst und (natürlich schwarz gefärbten) Ostereiern die letzten Worte während des Besuches des Onlinemagazins da Hog’n zu sprechen: „Und nix fia unguad, geij. Ned vagessn: Noamal hama mia ned.“
Helmut Weigerstorfer
I sig ja scho immer de Buidl auf Facebook. Werd‘ Zeit, dass I moi vorbeischau. Bin ja ned so weit weg. :-D