Regen. Das Medizinische Versorgungszentrum (kurz: MVZ) Arberland, einer landkreiseigenen Tochtergesellschaft der Arberlandkliniken, beschäftigt derzeit insgesamt 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 24 Personen im ärztlichen Bereich. Zudem gibt es am Standort Regen zwei Praxisgemeinschaften, wie MVZ-Geschäftsführer Andreas Probst im Rahmen einer als Jahresrückblick betitelten Presseaussendung mitteilt. Im Interview spricht er über die Entwicklung der ambulanten Versorgung im Landkreis Regen.
Welche Fachbereiche stehen der regionalen Bevölkerung zur Verfügung?
An den drei Standorten Viechtach, Regen und Zwiesel mit einer Filiale in Aldersbach im Landkreis Passau bieten wir Leistungen in neun verschiedenen Fachgebieten an: Anästhesiologie; Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie; Frauenheilkunde und Geburtshilfe; Innere Medizin; Innere Medizin Kardiologie; Innere Medizin Gastroenterologie; Neurochirurgie / Wirbelsäulenchirurgie; Neurologie und Nervenheilkunde und Psychiatrie. Ab 1. April wird das MVZ Arberland Viechtach um eine Praxis für Kinder- und Jugendmedizin erweitert.
„Konnten Fallzahlen stetig steigern“
Wenn Sie das vergangene Jahr Revue passieren lassen: Wie bewerten Sie die Entwicklung der MVZ Arberland GmbH?
Ohne das MVZ Arberland wäre im Landkreis Regen eine ausreichende Facharztversorgung in einigen Fachdisziplinen für die Bevölkerung nicht mehr auf diesem Niveau möglich. Zudem sind wir einer der bedeutendsten Einweiser für die Arberlandkliniken und unterstützen damit als Tochterunternehmen die beiden Kliniken im Landkreis. Anfangs haben unsere Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe als einweisende Ärzte die Hauptabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe an der Arberlandklinik Zwiesel unterstützt, mittlerweile geschieht dies auch für weitere Abteilungen wie z.B. die Unfallchirurgie und Orthopädie. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem MVZ Arberland und den Arberlandkliniken wird immer bedeutsamer, es gibt u.a. eine gemeinsame Gerätenutzung, z.B. werden Patientinnen und Patienten im MVZ betreut, die Röntgenuntersuchung erfolgt aber in den Einrichtungen der Arberlandkliniken im Rahmen einer Gerätegemeinschaft.
Wie haben sich die Fallzahlen in den vergangenen Jahren entwickelt? Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?
Wir konnten unsere Fallzahlen in den letzten Jahren stetig steigern. Beispielsweise konnten wir im vierten Quartal 2021 14.773 Fälle verzeichnen, 2022 waren es im vierten Quartal bereits 16.541. Im Vergleich dazu hatten wir im Jahr 2015 pro Quartal nur ca. 2.000 Fälle. Diese Entwicklung basiert zum einen auf dem stetigen Wachstum des MVZ Arberland. Zum anderen dürfen unsere Medizinischen Fachangestellten im Rahmen ihrer Kompetenz gewisse Leistungen, die nicht zwingend ein Arzt erbringen muss, selbst durchführen. Es handelt sich hierbei um Vorgespräche für Schwangerschafts-Untersuchungen, Anamnesegespräche oder Nervenmessungen. Unsere Ärzte können ihre Arbeitszeit somit bestmöglich für die Patientinnen und Patienten nutzen und werden bezüglich der Praxisführung im Vergleich zu einem freiberuflich tätigen Mediziner fast vollständig entlastet.
„Expansion des MVZ Arberland ging seit 2014 sehr schnell“
Reichen da die räumlichen Gegebenheiten an den drei Standorten Regen, Zwiesel und Viechtach noch aus?
Am Standort Regen haben wir einen großen Teil der fünften Etage im Einkaufspark angemietet. Diese Fläche nutzen wir bereits voll aus. Das MVZ Arberland Viechtach befindet sich im neu gebauten Gesundheitszentrum direkt an der Klinik. Hier beziehen wir ab 1. April zusätzlich das Untergeschoss mit der Praxis für Kinder- und Jugendmedizin. In Zwiesel sind wir im Schwesternwohnheim direkt an der Klinik untergebracht.
Die Expansion des MVZ Arberland ging seit 2014 sehr schnell. Zum damaligen Zeitpunkt waren zwei Ärzte am Standort Regen beschäftigt. 2015 erfolgte bereits die erste räumliche Erweiterung in Regen – und der Standort Zwiesel wurde mit einem weiteren Arzt eröffnet. Im Jahr 2017 folgte die Öffnung einer Filiale am Standort Viechtach, welche einer der Grundsteine für das Gesundheitszentrum war. Hier ist das MVZ Viechtach seit Mai 2020 beheimatet.
Das Jahr 2023 hat bereits begonnen, haben Sie besondere Vorhaben geplant?
Wir arbeiten bereits seit fast drei Jahren an der Etablierung eines Kinderarztes im Landkreis und hoffen dieses Vorhaben erfolgreich umsetzen zu können. Hier wird deutlich, dass unser MVZ ein wichtiges Instrument des Landkreises Regen im Bereich der Gesundheitsversorgung ist. Da der Landkreis Regen jedoch schon seit längerer Zeit im kinderärztlichen Bereich unterversorgt ist, haben Vertreter der Kreispolitik in Absprache mit Geschäftsführung und Gesundheitsregion plus die Handlungsnotwendigkeit frühzeitig gesehen und gehandelt. Zudem sollen die Bereiche ambulante Operationen und Magen- und Darmspiegelungen an der Arberlandklinik Zwiesel ausgebaut werden, da der Bedarf in der Bevölkerung dort immer mehr steigt.
Am Standort Regen versuchen wir im Laufe diesen Jahres das Sprechstundenangebot im Bereich Gastroenterologie auszubauen. Personell sind wir zudem auf der Suche nach einem Kardiologen und einem Facharzt im Bereich Neurologie und Psychiatrie. Vor allem die Neurologie und Psychotherapie hat eine enorm große Nachfrage und wir würden diesen Bereich gerne noch weiter ausbauen. Wir sind bereits seit längerer Zeit auf der Suche, aber leider gibt es zu wenig Fachärzte, die in unserer Region arbeiten wollen.
Viele Ärzte wollen vernünftige Work-Life-Balance
Sie sind bereits seit 2018 Geschäftsführer der MVZ Arberland GmbH – was genau hat sich in der Leitungsstruktur zu Anfang des Jahres geändert?
Seit 1. Januar dieses Jahres werde ich von Frau Yvonne Klingl als Assistentin der Geschäftsführung unterstützt. Frau Klingl wechselt vom Patientenmanagement der Arberlandkliniken ins MVZ Arberland und hat umfassende Erfahrungen im Bereich Krankenkassenabrechnung. Eine entsprechende Stelle war bereits seit längerem geplant, da durch eine gegenläufige Arbeitsteilung eine Vertretung während Krankheits- und Urlaubszeiten gewährleistet werden kann. Zusätzlich haben wir bereits drei Standort- und ärztliche Leitungen.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht die ambulante ärztliche Versorgung in den nächsten Jahren entwickeln?
Wir sehen immer mehr den Trend, dass junge Fachärzte nicht mehr eigenständig in einer Einzelpraxis arbeiten wollen. Dies liegt sicher auch daran, dass neben den ärztlichen Tätigkeiten im Rahmen der Sprechstunden als Freiberufler auch noch viele Stunden pro Woche für das Praxismanagement aufgewendet werden müssen. Viele Ärzte wollen aber eine vernünftige Balance zwischen Arbeits- und Privatleben und eine Konzentration auf den medizinischen Bereich. Hinzu kommt die Tatsache, dass seit Jahren ca. 70 Prozent der Medizinabsolventen weiblich sind und im Hinblick auf die Familienplanung Teilzeitmodelle immer mehr gefragt sind. Diese Faktoren verstärken die Nachfrage nach Anstellungsverhältnissen in Gemeinschaftspraxen oder Medizinischen Versorgungszentren.
Klassischer Freiberufler in Einzelpraxis als künftige Ausnahme“
Die Kassenärztliche Vereinigung, niedergelassene Gemeinschaftspraxen, aber auch Kommunen und Landkreise werden sich darauf einstellen müssen, dass der klassische Freiberufler in der Einzelpraxis in Zukunft leider eher die Ausnahme darstellen wird und neue Arbeitsmodelle und Arbeitsstrukturen entwickelt werden müssen, um eine ausreichende ambulante ärztliche Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum noch gewährleisten zu können. Schon jetzt gibt es bei uns im Landkreis gute Beispiele für größere Gemeinschaftspraxen, die ähnlich wie unser MVZ solche Modelle anbieten können.
da Hog’n