Niederbayern. Die technischen Fortschritte der Automobilbranche begeistern regelmäßig die Massen. Einparkassistent, Spurhalteassistent, Keyless-Go-System – die neuen Entwicklungen tragen mit dazu bei, dass das Führen von Fahrzeugen bequemer, einfacher und in einigen Fällen auch sicherer wird. So zumindest die Verlautbarungen der Autoindustrie. Doch vor allem das Keyless-Go-System ruft in regelmäßigen Abständen bei Autodiebstählen die niederbayerische Polizei auf den Plan. Das System, mit dem ein Auto ohne Schlüssel entriegelt und gestartet werden kann, hat es als „Sonderphänomen“ in den Sicherheitsbericht 2017 (Seite 99) der bayerischen Polizei „geschafft“.
Darin heißt es: „Bayernweit kam es seit 2006 zu 322 Entwendungen (Stand: 31.12.2017) von Fahrzeugen, welche ein derartiges Schließsystem verbaut hatten. Der Beuteschaden beträgt mittlerweile fast 20 Millionen Euro.“ In diesem Jahr wurden bereits fünf Autos mit Keyless-Go-Technik entwendet bzw. wurde versucht, diese zu stehlen: Ende Januar ein Audi SQ 5 TDI im Wert von ca. 80.000 Euro im Landkreis Kelheim, Ende Februar ein BMW X 6 im Landkreis Landshut, Mitte März ein BMW M4 im Wert von ca. 100.000 Euro im Landkreis Straubing-Bogen, ein BMW 530xd im Wert von 24.000 Euro Anfang Mai (ebenfalls im Landkreis Straubing-Bogen) sowie ein Audi SQ7 mit sechsstelligem Verkaufswert im Landkreis Kelheim.
„Taten sind der organisierten Bandenkriminalität zuzuordnen“
Die Polizei geht davon aus, dass das Keyless-Go-System mit sogenannten „Funkstreckenverlängerern“ überlistet wird. Somit könne der optische Näherungssensor ausgehebelt werden – das Auto wird entriegelt, die elektrische Wegfahrtsperre löst sich. Ein geräusch- und spurenloser Diebstahl also, der die Ermittler bislang vor ein Rätsel stellt.
Insgesamt elf Delikte mit jenem modus operandi hatten sich laut dem Sicherheitsbericht im Jahr 2017 in Niederbayern erreignet – meist sind Fahrzeuge aus dem Luxussegment, deren Wert zum Teil über 100.000 Euro liegt, das Diebesgut. „Die erfolgsorientierten Tatausführungen, die der organisierten Bandenkriminalität zuzuordnen sind, schrecken auch vor der Begehung von Wohnungseinbruchdiebstählen zur Erlangung der Originalschlüssel bzw. der Garagentoröffner nicht zurück. 2017 wurden in Niederbayern acht Wohnungseinbrüche mit Entwendung des Originalschlüssels und des dazugehörigen Pkw im Gesamtwert von 600.000 Euro registriert“, heißt es im Sicherheitsbericht weiter.
Auf Hog’n-Nachfrage erklärt Stefan Gaisbauer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern, dass die Sachbearbeitung dieser Keyless-Go-Delikte durch die örtlich zuständige Kriminalpolizei übernommen werde – und nicht von den Dienststellen vor Ort. Ein Hauptaugenmerkt lege die Polizei Niederbayern inzwischen auf Prävention in dieser Angelegenheit.
Und auch mit den Autoherstellern stehe man hinsichtlich der Sicherheitslücke beim Keyless-Go-System in Kontakt. „Angehörige des Sachgebiets 533 des Bayerischen Landeskriminalamtes nehmen regelmäßig an unterschiedlichen Veranstaltungen und Besprechungen u. a. mit Vertretern der Kfz-Hersteller teil, bei welchen die Problematik ‚Diebstähle von Fahrzeugen mit Keyless-Schließsystemen‘ thematisiert wurde und wird. Dabei werden die Kfz-Hersteller wie auch Versicherungen und Autovermieter ausdrücklich sensibilisiert und aufgefordert, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen“, informiert Gaisbauer. Hier sei bekannt, „dass entsprechende Bemühungen bei den Kfz-Herstellern im Gange sind“.
Das ist beim Umgang mit Keyless-Go-Systemen zu beachten
Die Kriminalpolizei rät in diesem Zusammenhang den Besitzern von Fahrzeugen mit derartigen Schließsystemen:
- Schlüssel nicht in der Nähe des Eingangs oder an den Fenstern aufbewahren
- Schlüssel in Schlüsseltresoren aufbewahren
- Schlüssel in Mäppchen mit spezieller Folie aufbewahren
- Fahrzeug in Garage abstellen und abschließen
da Hog’n