Grafenau/Freyung. Letztendlich konnte in diesem verworrenen Fall mit unterschiedlichsten Aussagen nicht mal ein vereidigter Gutachter für Klarheit sorgen. Dieser merkte zwar an, dass eine Kollision möglich gewesen sei – der Beweis blieb jedoch aus, auch aufgrund des großen zeitlichen Abstands zum eigentlichen Tatzeitpunkt. So wurde der Angeklagte, der am Tag der Verhandlung seinen 45. Geburtstag feiern durfte, letztlich nur wegen einer Urkundenfälschung belangt – das Urteil: 120 Tagessätze zu je 15 Euro. Der Tatbestand einer Nötigung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.
Ein Blick zurück: Im Juni 2016 soll der damals noch 43-jährige Angeklagte in seinem blauen VW Golf, der mit nicht zugelassenen Kennzeichen (Urkundenfälschung) versehen war, in Grafenau einen Audi verfolgt und mehrmals gerammt haben. Diesen lenkte seine damalige Lebensgefährtin, die ihn zu diesem Zeitpunkt bereits mit ihrem heutigen Mann (21), der ebenfalls im Auto war, betrogen haben soll. Während dieser Verfolgungsjagd ist es laut Anklageschrift auf Höhe des Asylbewerberheimes in Grafenau nach einer Vollbremsung zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem damals 20-Jährigen gekommen. Um den genauen Tathergang zu ermitteln, wurden insgesamt drei Verhandlungen anberaumt – doch auch dann konnte der Fall nicht vollends geklärt werden.
„Ein Zusammenprall ist nicht positiv beweisbar“
Am Donnerstagvormittag fand nun ein weiterer Prozesstag statt. Der 21-Jährige, der inzwischen in der JVA Laufen-Lebenau inhaftiert worden ist und mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, blieb dem Termin entschuldigt fern. Ebenso seine 30-jährige Frau – diese jedoch unentschuldigt, weshalb Richter Klaus Fruth ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 Euro verhängte. Dass die beiden Zeugen nicht anwesend waren, hatte für den Verlauf der Verhandlung jedoch keine maßgeblichen Folgen, da ihre bereits im März dieses Jahres getätigten Aussagen – mit dem Einverständnis aller Beteiligter – verlesen werden konnten. Der Angeklagte, der inzwischen in Grainet lebt, hatte ebenfalls die Gelegenheit dazu, noch einmal Angaben zum Fall zu machen. Dabei betonte er wiederholt, dass es während der Verfolgungsjagd zu keinen Kollisionen gekommen sei.
Er konnte zudem Dokumente vorlegen, die beglaubigten, dass der Audi, der zum Tatzeitpunkt ihm gehört haben soll, bereits beim Kauf durch den 45-Jährigen gewisse Schäden im Heckbereich aufgewiesen hatte. Dies bestätigte auch der beauftragte Sachverständige. Beim VW Golf sei bei seiner Begutachtung die Frontverkleidung nicht mehr vorhanden gewesen – „ansonsten war das Fahrzeug wie beschrieben“. Beim Audi seien die Beschädigungen klar sichtbar gewesen – auch sei vage zu erkennen gewesen, dass sich bläulich-gefärbtes Fremdmaterial am Pkw befindet. Im Bereich der Fahrertür hätte der Gutachter zudem einige Schäden festgestellt, die durch einen rotierenden Gegenstand entstanden sein könnten. Indizien für eine oder mehrere Heckkollisionen hätten wiederum nicht ausgemacht werden können. „Ein Zusammenprall ist möglich gewesen, aber nicht positiv beweisbar“, fasste der 52-Jährige zusammen, der zudem verdeutlichte, dass hier von den unmittelbar nach der scheinbaren Tat ermittelnden Polizisten schludrig gearbeitet worden sei.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen-Ehepaares
Die Urkundenfälschung – der Angeklagte zeigte sich hierbei geständig – war offensichtlich, die Nötigung konnte nicht ohne Lücken bewiesen werden. Darin waren sich sowohl die Staatsanwältin und Rechtsanwalt Schima als auch Richter Klaus Fruth einig. Vor allem die beiden Letztgenannten zweifelten darüber hinaus an der Glaubwürdigkeit des Zeugen-Ehepaares. Sein Urteil (120 Tagessätze zu je 15 Euro) begründete Fruth mit der ellenlagen Vorstrafenliste des Hartz-IV-Empfängers, wobei ihm sein Geständnis natürlich zugute gekommen sei. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
da Hog’n
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