Update auf Innovationsmanagement-Variante 2.0: sinn- und wertorientiert
Ein Anliegen des Buchs ist deshalb, Führungskräfte mit bestimmten Werkzeugen für eine neue, eine innovative Perspektive des Innovationsmanagements zu sensibilisieren, sie „upzudaten“: „Von einer traditionellen, klassischen Variante 1.0 hin zu einer neuen, sinn- und wertorientierten Variante 2.0“, erläutert Michael Schinko, der dem ehrgeizigen Unterfangen die Bezeichnung „(S)Inno-Visions“ gegeben hat – Innovationsmanagement mit Sinn und Vision. Anhand zahlreicher kleiner Geschichten stellt der Autor in „Befürchten wir das Beste!“ Möglichkeiten und Vorgehensweisen für eine innovative und visionäre Unternehmensführung vor – einmal aus der Sicht des Unternehmens selbst, aus der Sicht des Marktes, der Kunden, der Mitarbeiter sowie der Forschung und Entwicklung.
Ein Beispiel dafür, dass das Innovationsmanagement 2.0 funktioniert und bereits erste Früchte trägt, hat Schinko während seiner Recherchereisen durch Niederbayern in Plattling gefunden: die Spedition Graßl. Juniorchef Philipp Graßl ist nach seinem Magister-Studium der Betriebswirtschaftslehre und Philosophie (!) mit neuen Ideen und neuen Wertevorstellungen in die Unternehmensführung eingestiegen. „Klar, es ist nicht einfach bestehende Strukturen zu ändern. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht“, so Graßl. „Ich will aber nicht einfach nur Geld verdienen. Es ist mir wichtig, dass ich und meine Mitarbeiter uns wohl fühlen im Betrieb, wir Spaß und Freude an der Arbeit haben.“ Deshalb versucht Graßl die Beschäftigten so häufig und intensiv wie möglich einzubinden, wenn es um das Finden und Umsetzen von neuen Ideen geht. „Ich setze mich mit den Leuten zusammen, schaue mir mit ihnen gemeinsam bestimmte Produktionsabläufe an.“ Dabei bringt der Jungunternehmer seinen Arbeitern stets aufs Neue viel Wertschätzung entgegen, wodurch sich deren Wohlfühl-Gefühl steigert und somit auch deren Leistungsfähigkeit und Innovationskraft.
Die Formel für optimale Innovationskraft: Hirn + Hand + Herz
Schinko spricht von einem „invitativen“, das heißt: einladenden, Führungsstil. „Es geht darum, sich in den Menschen hineinzufühlen, den Leuten Spaß zu vermitteln. Ich werde als Chef zum Gastgeber für die Mitarbeiter.“ Die entscheidende Rolle spielt dabei der „Herzfaktor“, in dem der innovative Moment verborgen liegt. Nach der klassischen Variante des Innovationsmanagements setzt sich das Leistungspotenzial eines Menschen aus zwei Faktoren zusammen: dem Hirn- und dem Handfaktor. „Doch das sind nur 80 Prozent des Gesamtpotenzials – die restlichen 20 Prozent sind die stillen Reserven: der Herzfaktor“, wie der Autor schildert. Dieser Faktor beinhalte die Kreativität, den Einfallsreichtum sowie die Freude, den Spaß. Laut Innovationsmanagement-Variante 2.0 sei es nun die Aufgabe von Führungskräften, den Herzfaktor bei den Mitarbeitern zu aktivieren, um deren volles Potenzial ausschöpfen zu können. „Der Fokus wird verschoben, der Mensch rückt in den Mittelpunkt – und auf diese Weise kann auch der Innovationsdruck gemindert werden.“ Die Formel für optimale Innovationskraft auf dem Weg zum Unternehmenserfolg lautet daher: Hirn + Hand + Herz.
Dass viele jedoch nur mit Hand und Hirn arbeiten, habe Schinko, der zuletzt mehrere Jahre als Innovationsberater bei der IHK Niederbayern tätig war, zu seinem Bedauern feststellen müssen. Bei Hühnern, die zu tausenden ihr Dasein in Legebatterien eingepfercht fristen, seien einer Studie zufolge Burnout-ähnliche Symptome festgestellt worden. „Sind nicht auch viele unserer Betriebe heute oftmals nur noch reine Legebatterien?“, fragt der 51-Jährige bewusst provokativ mit Blick auf viele Großkonzerne, in der die Menschen nur noch als Nummer in einem System zu funktionieren haben. „Warum verbieten wir Legebatterien bei Hühnern, aber nicht bei den Menschen?“