Waldkirchen/Freyung. Eine 27-Jährige, sie sich am Donnerstagvormittag vor dem Amtsgericht Freyung verantworten musste, war für Richter Klaus Fruth keine Unbekannte. Bereits dreimal musste die Waldkirchenerin innerhalb kurzer Zeit auf der Anklagebank Platz nehmen. Wie in den vorherigen Fällen wurde die junge Mutter auch dieses Mal wegen Betruges belangt. Im Laufe der Beweisaufnahme wurde deutlich, dass die anfänglichen Vermutungen wohl der Wahrheit entsprechen. Aufgrund ihrer einschlägigen Vorstrafen beließ es der Richter diesmal nicht bei einer Geldstrafe, sondern verhängte gegen die Beschuldigte eine elfmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie das Ableisten von 60 Sozialstunden.
Laut Anklageschrift soll die junge Frau zunächst im August 2016 auf der Internetplattform Ebay-Kleinanzeigen ein Brautkleid im Wert von 120 Euro von einer Frau aus Dortmund gesteigert haben. Trotz mehrmaliger Hinweise der Verkäuferin bezahlte die Angeklagte die erstandene Ware nicht. Diese rechtfertigte sich damit, dass sie das Kleid bereits wieder zurückgeschickt und auch drei Überweisungen durchgeführt habe. Entsprechende Belege hätte sie zu Hause – jedoch habe sie vergessen, diese zur Verhandlung mitzunehmen, „weil ich heute so nervös bin“. Eine fadenscheinige Ausrede, wie nicht nur Richter Fruth und die Staatsanwältin feststellten, sondern auch die zahlreichen Zuhörer im Gerichtssaal bemerkt haben dürften.
„Ich dachte, das ist mein Zeug“
Etwas kniffliger gestaltete sich der zweite Betrugsfall, für den die 27-Jährige angeklagt worden war. Im November 2016 hatte eine 53-Jährige aus Wildenranna in einem Second-Hand-Laden für Kindersachen in Waldkirchen einen Lego-Technik-Bulldozer abgegeben, um diesen dort zum Verkauf feil zu bieten. Da sich später herausstellte, dass dieses Spielzeug aufgrund seiner Seltenheit einen Wert zwischen 300 und 600 Euro habe, wollte die Ladenverkäuferin den Bulldozer nicht veräußern, sondern der Eigentümerin zurückgeben. Diese hätte ihn dann selber verkaufen sollen, um mehr Geld dafür zu bekommen. „Wir haben die Frau jedoch am Telefon nicht erreichen können“, sagte eine 35-jährige Zeugin aus. „Erst später hat sie zurückgerufen.“ Wie sich jedoch herausstellte, hatte sich nicht die 53-Jährige am Telefon gemeldet, sondern die 27-jährige Angeklagte.
Diese soll sich am Telefon als die 53-jährige Eigentümerin des Bulldozers ausgegeben und ihn später auch im Laden abgeholt haben, was Aufnahmen der Überwachungskamera belegen. „Sie sagte, sie sei die Nichte der Besitzerin“, berichtete die Frau aus dem Spielzeugladen vor Gericht. Und die Angeklagte? Sie betonte, dass es sich bei dieser Angelegenheit um ein „riesengroßes Missverständnis“ handle. Die Mutter einer Freundin würde genauso heißen wie die 53-Jährige – und für diese hätte sie im Second-Hand-Laden was holen sollen. „Ich dachte, das ist mein Zeug.“ Später, als sie ihren Aussagen zufolge bemerkt habe, dass sie das Lego-Spielzeug unrechtmäßig mitgenommen hatte, wollte sie dies auch zurückbringen. „Das ging aber nicht, mein Golf war kaputt – der hat schon über 400.000 Kilometer drauf.“
„Ich bin nervlich am Ende“
Offensichtliche Lügen, die bei der Staatsanwältin für einen regelrechten Wutausbruch sorgten: „Es ist unverschämt, was Sie uns hier für Märchen auftischen – das ist wirklich sagenhaft. Ich glaube ihnen kein Wort.“ Kleinlaut begründete die 27-Jährige in der Folge ihre kriminelle Energie mit privaten Problemen – ihre Mutter sei gestorben, ihr Vater hätte sich von der Familie losgesagt, eine Freundin sei tödlich verunglückt. „Ich bin nervlich am Ende. Ich möchte mein Leben endlich auf die Reihe kriegen. Es tut mir leid.“ Deshalb habe sie auch schon gemeinsam mit einer Bewährungshelferin, die sie seit einem Betrugsfall im vergangenen Jahr begleitet, beschlossen, eine entsprechende Therapie in Angriff zu nehmen – der einzige positive Aspekt, den die Wiederholungstäterin in die Waagschale werfen konnte.
Aufgrund ihrer einschlägigen Vorgeschichte und der daraus resultierenden Strafen bestätigte Richter Fruth in seinem Urteil schließlich den Vorschlag der Staatsanwältin, die eine elfmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie 60 Sozialstunden gefordert hatte. „Das ist die allerallerletzte Chance“, sagte der Vorsitzende an die Angeklagte gerichtet. „Sie haben sich bisher durch das Gericht nicht beeindrucken lassen. Ich hoffe, dass dies nun endlich der Fall sein wird.“
da Hog’n