Zwiesel/Freyung/Waldkirchen. Mit dem TV Freyung hat ein alter bekannter den diesjährigen Kreispokal gewonnen – in einem spannenden Finale gegen den TSV Grafenau behielt die Gsödl-Truppe mit 3:1 die Oberhand. An sich nichts Außergewöhnliches. Eigentlich. Denn in dieser Wintersaison wurden die Vorturniere in Freyung und Zwiesel sowie die Bayerwaldmeisterschaft in Waldkirchen erstmals nach Regeln des Futsals ausgetragen. Und beim Spiel ohne Bande scheiden sich die Geister. Während im Landkreis Freyung-Grafenau viele Vereine aus Protest auf eine Teilnahme verzichteten – darunter die Hallenspezialisten und Zuschauermagneten aus Altreichenau sowie Kreisligist Hintereben – , blieb im nördlichen Nachbarlandkreis in Sachen Teilnehmerzahlen alles beim Alten. Dennoch stellt sich die Frage: Gehören wegen Futsal die früheren „Hallenfeiertage“ bald der Vergangenheit an?
Kurz zu Erklärung: Nach Vorgabe des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) wurde in der Wintersaison 2014/15 beschlossen, dass der FRG-Cup und das Turnier im Landkreis Regen sowie die weiterführende Meisterschaft des Fußballkreises Bayerwald nach den Futsal-Regeln ausgetragen wird. Im Gegensatz zum allseits bekannten Hallenfußball wird dabei ohne Bande gespielt. Außerdem kommt ein anderer, etwas schwererer Ball zum Einsatz; die Tore sind kleiner; statt eines Einwurfs gibt es einen „Einkick“. Besondere Regeländerungen gibt es hinsichtlich der Torhüter: So darf dieser Abschläge über die Mittellinie machen, im fließenden Spiel nicht angespielt werden sowie den Ball nur vier Sekunden bei sich behalten – genauso ist die Zeit bei allen anderen Standardsituationen auf diese Dauer begrenzt. Die Spielzeit beträgt zweimal 20 Minuten, wobei jedes Team die Möglichkeit einer Auszeit hat. Zudem gibt es bei fünf Fouls einen Strafstoß für die gegnerische Mannschaft, was von bis zu drei Schiedsrichtern überwacht wird. Klingt nicht nur wie eine eigenen Sportart fernab des weitläufig praktizierten Budenzaubers, sondern ist es auch. So gibt es offzielle Futsal-Welt– und Europameisterschaften sowie eine Vielzahl weiterer spezifischer Turniere.
Dass diese Neuerungen im Fußballkreis Bayerwald nicht besonders gut angekommen sind, weder bei den Vereinen noch bei den Zuschauern, beweisen die nackten Zahlen. Während in den vergangenen Jahren der FRG-Hallencup der Herren Kultstatus genossen hat und die Zuschauerzahlen regelmäßig die 1.000er Marke überschritten, kamen in dieser Wintersaison lediglich rund 450 Fans in die Freyunger Dreifachturnhalle. Insgesamt nahmen nur 134 Mannschaften aller Alterklassen (inklusive Damen-Teams) am Turnier teil – im Vorjahr waren es 176. Noch drastischer, was die Zuschauerzahlen betrifft, war die rückläufige Entwicklung bei der Kreismeisterschaft der Herren in Waldkirchen: Insgesamt schauten hir nur 150 Fußballbegeisterte vorbei, lediglich 50 davon verfolgten das Finale. Nicht ganz so „dramatisch“ war es im Landkreis Regen, wenngleich dort der Hallenfußball nicht einen solchen Stellenwert genießt wie in FRG.
„Vor wenigen Zuschauern zu spielen macht natürlich wenig Spaß“
Dort gehörte die DJK Altreichenau (Kreisklasse Unterer Wald) jahrelang zu den Attraktionen. „D’Oidhiddn“ brachte dabei stets eine große Fangruppe mit zu den Turnieren und begeisterte auch auf dem Spielfeld. Doch heuer waren die Kicker um Trainer Jürgen Anetzberger nicht auf den Ergebnislisten zu finden. Abteilungsleiter Stefan Mittendorfer: „Ein echtes Hallenturnier findet eben nur mit Bande statt. Der bisherige FRG-Cup hat in der Region und darüber hinaus sehr hohes Ansehen genossen, wir wurden dafür von vielen Seiten beneidet – doch jetzt ist er weg.“ Deshalb haben die DJK-Verantwortlichen ihre Mannschaft auch nicht für das Turnier angemeldet, nehmen stattdessen lieber bei „normalen“ Hallenfußball-Turnieren in Landshut, Vilshofen und Hauzenberg teil. Am Dreisessel hofft man, dass nächste Saison wieder so gespielt wird, wie man es aus den vergangenen Jahren kennt – gern auch etwas modifiziert. „Ein paar Regeln könnten ja vom Futsal übernommen werden – zum Beispiel, dass man nicht mehr zum Torwart zurückspielen darf. Oder es nach einer gewissen Anzahl an Fouls einen Strafstoß gibt.“
Hervorragend zurecht gekommen mit der Umstellung auf Futsal ist Bezirksligist und neuer Kreispokalsieger TV Freyung. Dennoch ist Sepp Gsödl, früher selbst beim FRG-Hallencup aktiv und seit Jahren schon als Trainer beim Turnier in Freyung mit dabei, nicht überzeugt vom neuen Konzept. „Der Verband wollte das so. Ob alles so sinnvoll ist – ich weiß nicht. Vor wenigen Zuschauern zu spielen macht natürlich weniger Spaß. Die Stimmung war insgesamt nicht so, wie man es aus der Vergangenheit kennt.“ Deshalb hat der frühere Bayernligaspieler ebenso einige Verbesserungsvorschläge parat: „Größere Tore, den Torwart wieder ins Spiel miteinbeziehen – und die Zeitstrafe wieder einführen. Zudem würde ich wieder abschaffen, dass die Keeper über die Mittellinie werfen dürfen.“
„… Angleichung an niederbayerische Verhältnisse“
Während im Unteren Bayerischen Wald, im Gebiet um Lusen und Dreisessel, die Diskussion Für und Wider Futsal teilweise sehr emotional diskutiert wird und auch Dauerthema an den Stammtischen war, scheint im Mittleren Wald, also im Landkreis Regen, die Lage etwas entspannter zu sein. Aber auch dort trat die wegen seiner Landesliga-Zugehörigkeit als Topfavorit gehandelte Spvgg Ruhmannsfelden nur mit einer Reservetruppe an – und schaffte es folglich auch nicht in die Finalspiele der Endrunde. Abteilungsleiter Alois Wittenzellner erklärt, dass das aber nicht mit der Einführung von Futsal begründet sei, sondern mit dem Kräfteverschleiß während der bisherigen Saison. Dennoch kritisiert auch der Rekordmeister des Landkreises Regen die neueingeführten Regeln. „Der Hallenfußball ist viel interessanter. Da war in jedem Spiel was geboten. Futsal ist auf Land- und Bezirksebene einfach nicht attraktiv, weil kaum Spielfluss zustande kommt und vieles nur Stückwerk ist.“ Wittenzellner hofft, dass der Verband gemeinam mit den Vereinen eine Lösung findet – und nicht wie bisher bei einer Nichtteilnahme Drohungen ausspricht. Drohungen?
In der Tat. Auf Nachfrage des Onlinemagazins „da Hog’n“ bestätigt Kreisspielleiter Harald Haase, dass Vereine, die nicht an den Futsal-Turnieren des Verbandes teilnehmen, auch nicht mit der Ausrichtung von Entscheidungs- oder Relegationsspielen bedacht werden sollen. „Hier folgen wir dem Weg, der seit längerer Zeit in allen anderen Kreisen in Niederbayern Usus ist.“ Doch der Zwieseler möchte nicht von „Drohungen“ sprechen, eher von „Angleichung an niederbayerische Verhältnisse, was die Vergabe von Relegationsspielen betrifft“. Vereine, die mit dem BFV zusammenarbeiten und dessen Angebote auch wahrnehmen, sollen auf diese Weise belohnt werden.
„Wir sind alle gefordert, weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten“
Dass Futsal im Bayerwald sowohl bei den Vereinen als auch bei den Zuschauern noch nicht so recht angekommen ist, bestätigt Haase. „Dies war mit ein Grund dafür, dass die Anmeldezahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen sind. Dennoch kann man mit dem Teilnehmerfeld zufrieden sein – wenngleich auch immer mehr höherklassige Vereine der Halle fernbleiben oder nicht ihr bestes Team schicken.“ Auch der Zwieseler findet es schade, dass Zuschauermagneten wie Altreichenau oder Hintereben auf eine Teilnahme verzichtet haben. Dennoch ist er davon überzeugt, dass sich die Zuschauerzahlen auf einem guten Niveau einpendeln werden – heuer seien zu den elf Turniertagen in Regen, Freyung und Waldkirchen knapp 4.000 Zuschauer gekommen, informiert er. „Als verantwortlicher Kreisvorsitzender war ich über die Nicht-Antritte des FC Büchlberg und der SpVgg Teisnach bei der Bayerwaldmeisterschaft in Waldkirchen natürlich nicht begeistert. Vielleicht gilt es auch hier den Modus zu überdenken und in Zukunft, wie in allen anderen niederbayerischen Kreisen, nur noch mit acht Mannschaften das Kreisfinale zu bestreiten.“ Und auch eine Hausaufgabe gibt der Kreisspielleiter für die Zukunft mit auf den Weg: „Wir sind alle gefordert, weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten.“
Unser Vorschlag: Futsal erst ab Bezirksebene
Beruhigende Worte von oberster Bayerwald-Stelle, wenngleich viele Bedenken sicher (noch) nicht aus der Welt geschafft sind. Obwohl unsere stichprobenartige Umfrage unter ausgewählten Vereinen nur wenig repräsentativ ist, ist die Abneigung gegenüber Futsal durchaus spürbar in der Fußballwelt des Bayerischen Waldes. Ob der Abschied vom einstigen Bundenzauber gleichzeitig das Ende der „Hallenfeiertage“ in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Regen bedeutet, können wir also nicht endgültig beantworten.
Vielmehr ergeben sich weitere Fragen, die von den Verantwortlichen auf Kreiseben oder gar von BFV-Seite bearbeitet werden könnten. Warum beläst man es auf Kreisebene nicht beim bisherigen Hallenfußball und kickt erst ab der Bezirksebene nach Futsal-Regeln? Wäre es hinsichtlich der Zuschauerzahlen nicht besser, die Landkreisturniere zu privatisieren – und fernab der offiziellen BFV-Ägide auszutragen? Soll der BFV, erst kürzlich mit der Initiative „Pro Amateurfußball“ verstärkt in der Öffentlichkeit vertreten, nicht besser auf seine Basis hören? Brauchen wir auf den untesten Ebenen des Fußballs ein Turnier, das nach Statuten der FIFA ausgetragen wird? Da darf man gespannt sein, was die Zukunft bringt …
Helmut Weigerstorfer