Der viel zu frühe Tod der insgesamt einfach nur tragischen Figur Peter Steele – für all diejenigen, die’s nicht wissen: 1. Pfui, weiterbilden, aber zackig! 2. Legendärer Frontmann von Type-O-Negative – er hat eine große Lücke in der Musikszene hinterlassen. Auch wenn einem persönlich nicht alles gefallen hat, was Steele in seinem musikalischen Leben verzapfte, ist doch festzuhalten, dass er eine der größeren Persönlichkeiten im Rock’n’Roll-Zirkus gewesen ist, dessen tonnenweises Charisma auch auf Konserve oder sogar in Interviews zu spüren war.
Steeles Mitmusiker bei Type-O-Negative, die beiden Schlagzeuger Johnny Kelly und Sal Abruscato, haben nach Steeles Tod die Combo „A Pale Horse Named Death“ gegründet. Moment – die „beiden Schlagzeuger“? Ja! Denn Abruscato saß seit der Gründung im Jahr 1989 bis zum Jahr 1993 an den Trommeln, Kelly war sein Nachfolger.
Der Schwermut ist direkt mit den ersten Tönen wieder da
2011 wurde die Band gegründet, neben Kelly, der seine Sticks weiter zum Fellgerben benutzt, und Abruscato, der ans Mikro und an die Gitarre gewechselt ist, sind noch die beiden Gitarristen Joe Taylor und Eddie Heedles sowie Bassist Eric Morgan mit an Bord. 2011 kam das Debütalbum „And Hell Will Follow With Me“ auf den Markt – ein durchaus respektables Debüt, dem man die Herkunft und Sozialisation der Musiker auf jeden Fall anhörte, auch wenn eine gewisse Eigenständigkeit nicht von der Hand zu weisen war. „Lay My Soul To Waste“ hieß das 2013er Zweitwerk, das eher unscheinbar wirkte. Naja, man kann nicht alles wissen und kennen.
Jetzt legt das New Yorker Quintett mit „When The World Becomes Undone“ sein verflixtes drittes Album vor. Und was soll man sagen – es ist direkt mit den ersten Tönen wieder da, dieses fast schon verloren geglaubte Ding, das man wohl Dampfwalzen-Schwermut nennen könnte. Das kurze Intro „As It Begins“ – der Titel zeugt mal wieder vom subtilen Humor der New Yorker, Peter Steele hätte das bestimmt gut gefunden – ist schnell vorbei. Der Opener „When The World Becomes Undone“ entfaltet sich in fast sieben Minuten zu einem echten Schwergewicht, der zwischen Type-O-Negative und Alice In Chains hin und her changiert – und dabei doch direkt als das bleiche Todespferd zu erkennen ist.
„Love The Ones You Hate“ ist der zweite riesige Hit auf dem Album, das zugegebenermaßen in der zweiten Hälfte die eine oder andere Länge entwickelt. Aber so eine schöne, leicht flotte Melodie-Führung, bei der die leidenden Vocals von Abruscato einen bemerkenswerten Kontrapunkt zu den vor sich hin mäandernden Riffs und melodischen Soli bieten, muss man erst einmal komponieren. „Fell In My Hole“ verstärkt dann den Eindruck noch, dass die Jungs sehr große Fans der frühen Alice In Chains sein müssen, denn der vielschichtige und harmonische Gesang erinnert doch stark an den ebenfalls schon zu früh von uns gegangenen Layne Staley und seine Seattle-Brüder.
Kombi aus Dampfwalzenriffs und entrückend zärtlichen Melodien
Die weiteren Songs, etwa das leicht sperrige „Vultures“ oder das basslastige „End Of Days“ werden immer wieder von kurzen Zwischenspielen namens „Succumbing To The Event Horizon“ oder „The Woods“ unterbrochen, die aber keine verspielten Auflockerungen darstellen, sondern eher unheilverkündende Sound-Kaskaden.
Was aber auf „When The World Becomes Undone“ besonders auffällt – und durchaus als Alleinstellungsmerkmal der New Yorker durchgehen könnte – ist die Fähigkeit, diese Dampfwalzenriffs mit bisweilen entrückend zärtlichen Melodien zu kombinieren, was zu einer beinahe zerbrechlichen Schönheit von Songs wie dem überlangen „Dreams Of The End“ oder „Splinters“ führt. „Man kann einfach abdriften und sich treiben lassen“, sagt Abruscato über diese Besonderheit seiner Band. Und das stimmt, denn die beinahe repetitiven Riffs in Zusammenklang mit den lieblichen Melodien laden tatsächlich zur Gedankenreise unterm Kopfhörer ein.
Ein Album für kalte und nasse Wintertage!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 18. Januar 2019
- Label: Long Branch Records/SPV
- Songs: 13
- Spielzeit: 59:16 Minuten
- Preis: ca. 17 Euro