Hauzenberg. Am vergangenen Sonntagabend ereignete sich ein tragischer Unfall: Eine junge Frau aus Büchlberg verunglückte bei Wolkar (Gemeinde Hauzenberg). In einer gefährlichen Kurve kam sie mit ihrem Auto von der Straße ab – und prallte gegen einen Baum. Gefunden wurde sie erst am nächsten Tag, weil ihr Auto eine Böschung hinabgestürzt war. So ein Unfall stürzt Familie und Freunde in tiefe Trauer – war Melanie, genannt „Meli“, doch gerade mal 18 Jahre alt, hatte ihr gesamtes Leben noch vor sich. Eine große Welle der Anteilnahme wurde losgetreten, die täglich anwächst. Noch am Montag wurde die Facebook-Seite „In Memorian of Meli“ gegründet. Mehr als 3.000 „Fans“ zählt die Gemeinschaftsseite inzwischen. Die Fragen, die sich hier neben dem ständig wiederholenden und nicht zu beantwortenden „Warum gerade sie?“ stellen: Ist das die neue, „digitale Art“ des Trauerns, des Abschied nehmens? Kondoliert die Generation Facebook heute auf diese Weise? Mit einem „Gefällt mir“? Ist das nicht irgendwie pietätlos? Die Hog’n-Redakteure Dike Attenbrunner und Stephan Hörhammer haben sich zu einem nicht ganz einfachen Thema wieder mal so ihre Gedanken gemacht.
Im digitalen Zeitalter trauern die User auch im Netz
Dike: Ich kann mir nicht helfen, aber: Ich finde diese Form der Beileidsbezeugung irgendwie seltsam. Sie erinnert mich stark an die Facebook-Seiten von Verstorbenen, die weiterhin in dem Sozialen Netzwerk kursieren, obwohl die Inhaber dieser Profile schon lange tot sind. Ich mein: Wer steckt denn hinter den jeweiligen Seiten? Wer betreut sie? Denn es werden nach wie vor Nachrichten an diese Personen geschickt und Sachen an deren Pinnwand gepostet. Warum ist das so, Stephan?
Stephan: Ich glaube, die Leute wollen ganz einfach nur einer Person gedenken, die sie furchtbar gern hatten – und die sie jetzt genauso furchtbar vermissen. Das gibt ihnen das Gefühl, dass der oder die Verstorbene trotzdem irgendwie unter ihnen ist. Und in unserem digitalen Zeitalter finden die User andere Wege und Möglichkeiten mit ihrer Trauer umzugehen. Das ist ganz normal. Da muss es dann – neben der klassischen Todesanzeige in der Zeitung und allen anderen „Offline-Beileidsbekundungen“ – auch eine Erinnerung und ein Kondulieren in der Social-Media-Welt geben. Ich sehe das nicht weiter problematisch.
Dike: Hm. Ich könnte es ja noch verstehen, wenn man diese Facebook-Seite nur für Freunde und Angehörige freigegeben hätte. Aber die Gemeinschaftsseite kann ja von jedem angeklickt werden, ist für jeden öffentlich zugänglich … Die mehr als 3.000 „Fans“ von Meli können sie doch gar nicht alle persönlich gekannt haben. Da sind doch auch viele Sensationslustige dabei, die sich aus reiner Neugierde dort tummeln und von pietätvollem Verhalten nichts wissen wollen. Oder wie muss ich das dann verstehen?
Stephan: Ein paar Gaffer sind sicher auch darunter, klar – aber die gibt es immer und überall und sind hier sicherlich in der Unterzahl. Viele klicken ein „Gefällt mir“ auch aus einer Art Reflex heraus ohne groß darüber nachzudenken, was sich hinter diesem Like verbirgt. „Gefällt mir“ im Zusammenhang mit einem tragischen Unglück wie diesem mag etwas makaber erscheinen, das seh ich auch so. Aber vielleicht muss man dieses „Gefällt mir“ einfach nur richtig zu deuten wissen. Im Sinne von: „Es gefällt mir, dass ich diesen Ort der Anteilnahme hier gefunden habe und gemeinsam mit vielen anderen auf diesem Wege trauern kann.“ Ich denke, dem Großteil geht es dabei aber vor allem um ein Gefühl: Viele haben schon mal jemanden verloren – und wissen, wie weh das tut. Sie wollen damit zeigen, dass sie mitfühlen. Und dies gemeindschaftlich in diesem Rahmen tun können. Irgendwie ist jeder mit seiner Trauer vor seinem Bildschirm für sich allein – und geht mit dem „Gefällt mir“ doch eine Verbindung mit den anderen ein.
Tröstet ein „Online-Kondolenzbuch“ Angehörige und Freunde?
Dike: Aber spendet das denn einem wirklich Trost? Wie Du schon andeutest: Wenn der Bildschirm wieder schwarz ist, kehren auch die Trauer und die Hilflosigkeit wieder zurück und man fühlt sich wieder alleine gelassen, hat vielleicht niemanden in der realen Welt, mit dem man sich austauschen kann. Und außerdem: Ist es für Angehörige und Freunde nicht eher belastend, wenn die Fotos des Verstorbenen im Netz kursieren? Und teils wild darüber spekuliert wird, wie der- oder diejenige verstorben ist? Wer oder was entscheidet denn darüber, ob diese Art der Anteilnahme auch im Sinne des Verstorbenen ist?
Stephan: Bei einer Todesanzeige bestimmen doch auch die Angehörigen, was sie über den Verstorbenen reinschreiben. Im Vertrauen darauf, dass sie denjenigen gut genug kannten, um seinen Wünschen entsprechend zu handeln. Bei einer Facebook-Seite verhält es sich eigentlich nicht viel anders. In Melis Fall kann ich mir gut vorstellen, dass es für diejenigen, die sie kannten schwer zu akzeptieren ist, dass sie schon so früh sterben musste. Indem sie auf einer Facebook-Seite Erinnerungen an sie aufleben lassen, ist sie trotzdem noch in ihrer Mitte.
Dike: Ja, das mag sein. Trotzdem und auch wenn ich mich an dieser Stelle wiederhole: Indem sich jeder die Seite anschauen kann, lesen hier auch sehr viele Menschen mit, die Meli nicht einmal persönlich kannten. Es werden Fragen gestellt wie „Was ist passiert?“, „Wo und wann ist die Beerdigung?“ oder „Warum hat der Freund, zu dem sie unterwegs war, sie nicht gesucht?“ Solche Fragen und Diskussionen gehören meiner Meinung nach nicht auf ein öffentlich zugängliches „Online-Kondolenzbuch“. Kann man bei mehr als 3.000 „Fans“ wirklich noch steuern, was gepostet wird und was nicht? Kann das nicht alles sehr schnell aus dem Ruder laufen?
Stephan: Da muss ich Dir Recht geben. Neugierige Fragen und Spekulationen gehören da nicht hin. Ein „Online-Kondolenzbuch“ sollte wirklich nur dazu genutzt werden, um den Betroffenen das Beileid auszusprechen. Man hätte ja auch eine Gruppe gründen können, zu der nur diejenigen eingeladen werden, die Meli wirklich kannten.
Dike: Das sehe ich genauso.
Was ist Eure Meinung zu dem Thema? Ist Facebook der geeignete Rahmen für Anteilnahme, Trauer und Kondolenz für einen Verstorbenen? Oder sollte man seine Trauer lieber nicht ins Netz tragen und in der „realen Welt“ belassen? Und: Wenn eine „Gedächtnisseite“ gegründet wird, sollen dann alle mitlesen dürfen? Wir sind gespannt auf Eure Antworten.
Ich hatte einen sehr guten Bekannten mit dem ich immer um die Häuser gezogen bin, mit dem ich immer mal wieder gechattet habe und hin und wieder auch mal auf ne Pizza oder ähnliches war.
Die Ü-30 Fete in RGB war ein monatliches Highlight bei dem wir uns mit vielen anderen Chatter auch getroffen haben.
Er hatte sich damals natürlich eine eigene Seite mit User-Name im Chat angelegt, dort postete er Fotos von Freunden von sich, führte einen Blog, sammelte Geschenke und hatte ein Gästebuch, wie das halt so in einem Chat ist.
Im Dez 2008 verstarb er an einer Grippe mit gerade mal 38 Jahren, seine User-Seite wurde auch nach Jahren und Monaten immer wieder besucht, immer wenn ich an ihn dachte schaute ich wieder mal auf seiner User-Seite vorbei, manche schrieben ihm einen Gästebuch Eintrag zum Geburtstag, zum Todestag oder einfach mal zwischendrin ein paar liebe Worte, manche schenktem ihm auch ein Geschenk zum Geburtstag – für mich war das immer etwas trost ihn nochmal sehen zu können – etwas von ihm zu haben das man sich an einen erinnern kann.
Natürlich hat man an eine Tochter/Frau/Vater/Couseng etc… Erinnerungsstücke die wahrscheinlich viel wertvoller sind als eine „Seite im WWW“, aber vielen Hilft es einfach zur Trauerbewältigung.
Leider wurde die Seite von SPIN nach 3 Jahren ohne LOGIN gelöscht, immer wieder möchte man mal auf die Seite schauen, einfach a Bild anschauen und mit dem Bildschirm reden (so blöd das wohl klingen mag) – obwoh in den Himmel zu schauen oder auf ein Grab zu schauen ist wohl genau das selbe.
Und ihm ein paar liebe Worte zu schicken, sich zu fragen, wie gehts dir!!!!!!!!
Einem unbekannten Facebook User ein gefällt mir zu geben find ich auch mehr als seltsam und dann noch seinen Tot zu hinterfragen find ich auch wirklich nicht angebracht, den wer gläubig ist, weiß das alles vorherbestimmt ist und man sowieso nichts dran ändern hätte können. Dennoch mag es für die Freunde ein Trost sein, ein Bild zu sehen und einfach zu Posten „ich hoffe es geht dir gut wo du jetzt bist“.