Passau/München. Schon mal „Arschmemory“ gespielt? Nein? Bis auf den reißerischen Titel haben Sie nicht wirklich etwas verpasst. Zu finden gibt es den einfallslosen Zeitvertreib auf der Homepage der Partei „Die Republikaner“ (Rep). Es soll, so die Erfinder, das Gedächtnis der Wähler trainieren, indem es angeblich die Wahllügen der letzten 30 Jahre aufdeckt. Ja, Sie lesen richtig: ALLE Lügen ALLER Politiker, entlarvt in einem einzigen virtuellen Kartenspiel. Die Botschaften – sie verstecken sich hinter dem immer gleichen Bild eines Hinterns. Und wer jetzt an knackige Frauen- oder Männerpopos denkt, für den sei an dieser Stelle gleich warnend hinzugefügt: Das besagte Gesäß ist optisch gesehen Geschmackssache.
Darf eine politische Partei das denn?
Aber nicht nur im Netz, auch von den schillernden Rep-Wahlplakaten springen dem ahnungslosen Bürger neuerdings nackte Hinterteile ins Gesicht.
In den Parteifarben von SPD, Grüne, CDU/CSU und FDP gehalten und mit der Frage „Und welchen A …. wählen Sie nächstes Mal?“ versehen, wollen die Republikaner … ja, was eigentlich? Satire?!?
Denn selbst wenn das Ganze als Karikatur in einem Satire-Magazin auftauchen würde, ließe sich trefflich darüber streiten, ob das nun lustig oder schlichtweg vulgäre Polemik ist. Aber ob witzig oder nicht: Die dürfen das. Nur: Darf auch eine politische Partei ihre politischen Mitstreiter derart ins Lächerliche ziehen?
MdL Eike Hallitzky meint: Nein. Der Grünen-Politiker ist alles andere als „amused“ über diese Form des Wählerfangs. Hallitzky lässt in einer Pressemitteilung verlauten, er fühle sich durch das Wahlplakat der Republikaner persönlich, vor allem aber als Mitglied des Verfassungsorgans „Legislative“ beleidigt – und hat Hermann Bittmann, den Bezirksvorsitzenden der Republikaner, deswegen dazu aufgefordert, die Plakate entfernen zu lassen und sich von besagter Kampagne zu distanzieren.
Hallitzky: „Mit Ihrem Wahlplakat, das mit Hinterteilen in den Farben, rot, grün, schwarz und gelb gestaltet ist und die Unterschrift „Welchen A… wählen Sie das nächste Mal?“ trägt, ist einfach nur geschmacklos und persönlich beleidigend und hat rein gar nichts mit einer sachlichen Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern zu tun. Vielmehr verunglimpfen Sie alle politisch engagierten Menschen, die sich für unser Gemeinwohl einsetzen, und ziehen dadurch unsere demokratischen Grundwerte in den Dreck.“
Muss man diesen Wahlplakaten Einhalt gebieten?
Was Bittmann von diesen Vorwürfen hält, wissen wir leider nicht. Er war heute Vormittag telefonisch nicht erreichbar. Auch Hallitzky hat bislang keine Reaktion aus dem Lager der Rep erhalten. Bereits am Sonntagabend bat er deswegen Helmut Walch, den Leiter der Passauer Staatsanwaltschaft, zu prüfen, ob es sich bei dem REP-Wahlplakat um ein Offizialdelikt handele, dem er, Walch, von Amts wegen Einhalt gebieten müsse …
Den Briefwechsel mit dem Oberstaatsanwalt und den Republikanern hat der Grünen-MdL wiederum den Medien zukommen lassen – und war überrascht zu hören, dass ein von ihm nicht genanntes regionales Medium daraufhin mitteilte, man wolle mitnichten über den Brief berichten, um nicht unnötig auf die Wahlwerbung der Republikaner aufmerksam zu machen.
Nun lässt sich natürlich darüber spekulieren, um welches regionale Medium es sich hierbei handeln könnte – aber das sei an dieser Stelle nebensächlich. Viel wichtiger ist die Frage: Gibt man einer rechtspopulistischen Partei wirklich eine Werbeplattform, indem man über deren Handeln berichtet, es kommentiert – und so den Lesern die Möglichkeit zur Diskussion gibt? Wir finden: Nein.
Zugegeben: Die Republikaner zielen auf nichts anderes als eine medienwirksame Verbreitung ihrer Kampagne ab. Mangels inhaltlich überzeugender Programmpunkte und einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit in der politischen Landschaft musste man wohl oder übel zur „nackten Wahrheit“ greifen, um noch den ein oder anderen davonschwimmenden Wähler aufs sinkende Schiff zu ziehen.
Aber, und insofern müssen wir Eike Hallitzky beipflichten: „Was sollen die politischen Strategieexperten von Rechts und ihre Mitläufer denn denken, wenn diese massive […] Beleidigung der Legislative von der Öffentlichkeit nicht einmal kritisiert wird („Wer schweigt stimmt zu“)? Sie können das doch nur als Aufmunterung empfinden! Wollen wir das?“
Versteht sich die Heimatzeitung neuerdings als Satire-Magazin?
Nein, wollen wir nicht. Das bedeutet keinesfalls im Umkehrschluss, dass wir alles gut finden, was die „etablierten“ Parteien so an Wahlkampf betreiben. Tun wir nicht! Und selbstverständlich ist ein Bericht über diese Angelegenheit auch eine wohlüberlegte Handlung eines Eike Hallitzky. Aber was die Passauer Neue Presse aus der Geschichte macht, indem sie in ihrer heutigen Ausgabe den Vorwürfen von Hallitzky den ach so empörten CSU-Listenkandidaten für den Landtag aus Thyrnau, Hans Koller gegenüberstellt, der sich seinerseits über ein Plakat der Grünen aufregt, nur weil es ein Schwein mit den Worten „Schnauze voll von Antibiotika – wir auch“ zeigt, ist gelinde gesagt „ein Witz“. Vielleicht versteht sich die Heimatzeitung aber neuerdings auch als Satire-Magazin …
Denn fühlt sich ein Herr Koller von einem solchen Bild angegriffen, dann gibt es nur eine einzige Schlussfolgerung: Der CSU-Mann ist FÜR den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Dass Koller, der ganz nebenbei auch stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbands und Landesvorsitzender des Verbands für landwirtschaftliche Fachbildung ist, mit solchen Wahlplakaten nicht einverstanden ist, liegt auf der Hand.
Aber ein Schwein zu zeigen, das etwas „fordert“, ist zumindest eine inhaltliche Aussage der betreffenden Partei, mit der man sich thematisch auseinandersetzen kann. Ganz so wie es sich für eine Demokratie gehört. Hinterteile zu zeigen und alle Politiker gemeinhin als „Ärsche“ hinzustellen, bedeutet hingegen nur eins: Aufmerksamkeit heischen, weil man sonst nichts zu bieten hat.
Die oberflächliche Darstellung der PNP lenkt jedoch von der Tatsache ab, dass in diesen Tagen ein erhöhtes Maß an rechtspopulistischer Polemik zu beobachten ist. Mit einfachen Parolen wird von Parteien wie den Republikanern oder der NPD versucht, von einer wirklichen Debatte gesellschaftlicher Themen abzulenken. Inhalte werden den dümmlichen Forderungen in den wenigsten Fällen entgegengestellt.
Hätten die Republikaner auf ihre Frage wenigstens mit einem „Wir zeigen Ihnen den richtigen Arsch“ in Kombination mit Programmpunkten geantwortet. Dann hätte man das Ganze durchaus witzig finden können. Aber für den Slogan „REP – RICHTIG EHRLICHE POLITIK“ gibt es nur eine einzige richtige Verwendung: sich damit den Allerwertesten abwischen. Womit wir wieder beim Thema wären (…)
Kommentar: Dike Attenbrunner