Bayerischer Wald. Der Weg von den Pisten und Loipen des Bayerischen Waldes in den Weltcup ist sehr lang. Zahlreiche vielversprechende Wintersport-Talente mussten dies in der Vergangenheit leidvoll erfahren. Mit der neu gegründeten Wintersportakademie Bayerwald (WAB) will der heimische Skiverband nun dafür sorgen, dass die Durchlässigkeit für ambitionierte Waidler deutlich höher wird. Skiverbands-Präsident Max Gibis spricht im Hog’n-Interview über dieses Projekt – und auch über mögliche neue Wintersport-Helden aus dem Woid.
Herr Gibis, erklären Sie uns doch zunächst bitte einmal das Projekt „Wintersportakademie“ des Skiverbandes Bayerwald näher.
Die Wintersportakademie Bayerwald (WAB) hat zum Ziel, wieder mehr junge Nachwuchstalente an den Leistungssport heranzuführen – in den Disziplinen Ski Alpin, Langlauf und Biathlon. Dazu bieten wir professionelle Strukturen, bestehend aus den drei Säulen: Wohnen, Training und Schule.
„Die WAB baut auf bestehende Strukturen auf“
Warum ist es gerade jetzt zu dieser Idee gekommen?
Der Skiverband Bayerwald arbeitet beständig daran, bei seiner satzungsmäßigen Aufgabe, der Förderung des Nachwuchsleistungssports, besser zu werden. Dazu werden regelmäßig Veränderungen der Struktur vorgenommen. Aktuell besteht die Herausforderung, dass gerade Athleten vor der 9. Jahrgangsstufte keine professionellen Trainingsstrukturen haben und auch danach das entsprechende Angebot in Berchtesgaden aus finanziellen, persönlichen oder sportlichen Gründen oftmals nicht wahrgenommen werden kann. Diese Überlegungen haben schließlich zur Gründung der WAB geführt
Was ist in diesem Zusammenhang baulicher Natur geplant?
Es sind keine baulichen Maßnahmen geplant. Die WAB baut auf bestehenden Strukturen auf. Als Unterbringungsmöglichkeit für Athleten, die dies in Anspruch nehmen wollen, dient die Arberland-Akademie in Weißenstein als Internat, als Schulen werden die bestehenden Partnerschulen des Wintersports (PZW-Schulen), die Realschule und das Gymnasium Zwiesel, und als Trainingsstätten werden die beiden Landesleistungszentren (LLZ) im Hohenzollern Skistadion am Großen Arbersee sowie am großen Arber genutzt.
„Start bereits in diesem Winter“
Von welchem Investitionsvolumen sprechen wir insgesamt? Und: Wie viel davon muss der Skiverband Bayerwald aufbringen?
Wie erwähnt, sind Investitionen in bauliche Anlagen nicht notwendig. Die größten Kostenpunkte stellen die laufenden Kosten für die hauptamtlichen Trainer sowie die weiteren Honorartrainer in den drei Disziplinen Ski Alpin, Langlauf und Biathlon dar. Hier werden wir allerdings sehr stark vom Bayerischen Skiverband (BSV) unterstützt.
Wer wird Träger der Einrichtung? Ist das als Skiverband Bayerwald bzw. als eingetragener Verein überhaupt möglich?
Träger der Wintersportakademie ist der Skiverband Bayerwald. Da hier keine Gewinnerzielungsabsicht besteht und das Angebot – außer die Unterbringung im Internat – kostenlos ist, ist dies möglich.
Wie sollen sich die laufenden Kosten decken?
Bereits jetzt beschäftigt der Skiverband Bayerwald hauptamtliche wie Honorar-Trainer, die aus den Budgets der jährlichen Sparten bezahlt werden. Der BSV unterstützt auch schon immer, in dem er große Teile dieser Personalkosten übernimmt.
Wann soll es wie mit der Wintersportakademie losgehen?
Start der WAB ist in diesem Winter. Dazu wird mit den bestehenden Kadern gestartet, welche dann sukzessive bis zum Start des Schuljahres 2022/2023 weiter aufgefüllt werden sollen, so dass zu diesem Zeitpunkt die Sollstärke von acht Athleten pro Kader erreicht sein wird.
Ziel der Wintersportakademie ist es, mehr Waidler in den Leistungsbereich zu bringen. Gibt der Bayerwald überhaupt wintersportliche Profis her? Wie schätzen Sie das Potenzial in diesem Zusammenhang ein?
Das Potenzial ist allemal vorhanden. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Bis in die 80er Jahre kamen viele Profis aus dem Bereich Langlauf und Biathlon aus dem Bayerischen Wald, was vor allem an der Sportgruppe der Bundeswehr in Regen lag. Aber auch seitdem haben im Bereich Ski Alpin ein Alois Vogl oder eine Monika Bergmann Weltcupsiege einfahren können. Ein Michael Uhrmann oder ein Severin Freund haben im Skisprung überragende Erfolge gefeiert, ein Josef Wenzl konnte im Langlauf in die Weltspitze vordringen oder ein Florian Graf konnte im Biathlon in der Weltspitze mithalten.
Der schwierige Spagat zwischen Leistungs- und Breitensport
Nicht zu vergessen Aliah Delia Eichinger, die zuletzt im Freeski auf sich aufmerksam machte und bereits Weltcup-Starts verzeichnen konnte. Aber auch ein Jonas Stockinger ist auf dem Sprung in die Weltspitze und konnte im vergangenen Jahr Deutscher Vizemeister im Ski Alpin werden. Das Potenzial ist nach wie vor vorhanden, es muss nur besser ausgeschöpft werden, was angesichts fehlender Wintersportstrukturen bei den Vereinen vor Ort aufgrund von Schneemangel und damit fehlender Trainingsstätten oftmals schwierig ist.
Was entgegnen Sie denjenigen, die behaupten, die Wintersportakademie ist ein reiner Prestige-Projekt ohne erkennbaren nachhaltigen Nutzen?
Es geht um die Optimierung sowie bessere Vernetzung der vorhandenen Strukturen und Angebote, um eine professionellere Betreuung zu erreichen.
Was entgegnen Sie denjenigen, die behaupten, der Skiverband setze mit der Wintersportakademie zu sehr auf die Entwicklung von Leistungssportlern und lässt die Basis, den Breitensport, außen vor?
Der Skiverband macht seit jeher den Spagat zwischen Leistungs- und Breitensport. Nachwuchsgewinnung und Grundausbildung ist Aufgabe der Vereine. Talentierte und leistungsbereite Kinder und Jugendliche dann weiter im Nachwuchsleistungssport zu unterstützen und zu fördern, ist Aufgabe des Skiverbandes. In den vergangenen Jahren haben wir in den verschiedenen Disziplinen mehrere Regionalstützpunkte aufgebaut und mit Honorartrainern ausgestattet, um die Vereine auch in der Breite zu unterstützen. Diese dezentrale Arbeit werden wir auch in Zukunft weiterführen. Darüber hinaus wollen wir aber mit der WAB gezielter im Nachwuchsleistungssport arbeiten.
Vielen Dank für Gespräch. Wir wünschen alles Gute für die Zukunft.
die Fragen stellt: Helmut Weigerstorfer