Passau. Zirkusbesuche sind ein Spaß für Groß und Klein. Sie bringen nicht nur Familien zusammen, sondern auch Besucher zum Staunen. Artisten verbiegen sich zu scheinbar unmöglichen Figuren, begeben sich mit Einrädern auf Seile in schwindelerregenden Höhen – oder begeistern mit Tanz- und Akrobatikkünsten ihr Publikum. Faszination und Magie – insbesondere zur Weihnachtszeit genießt der „Zirkusspaß“ einen hohen Stellenwert. Da ist es keine Überraschung, dass sich das Angebot nicht nur auf den herkömmlichen Wanderzirkus beschränkt, sondern – wie derzeit – auch Weihnachtszirkusse durchs Land ziehen. Auch wenn für die meisten Besucher das Gesamtspektakel im Vordergrund steht, haben die meisten einen Lieblings-Show-Act. Besonders mitreißend sind – vor allem für Kinder – Auftritte mit Tieren.
Weiße Löwen, Elefanten und Tiger – Gattungen, die einem nicht jeden Tag über den Weg laufen. Und genau da liegt das Problem: Diese Tiere haben einen anderen natürlichen Lebensraum, sind nicht in unserer Klimazone heimisch und sollten vor allem nicht eingesperrt in einem Käfig leben. Aus diesem Grunde sind Wildtiere in deutschen Zirkussen seit Jahren verboten. Nun ja – fast.
„Vor allem kommerzielle Gründe spielen hier wohl eine Rolle“
Denn in Bayern und einigen anderen Bundesländern bewegen sich Auftritte mit Wildtieren (noch) im Rahmen der Legalität. „Leider können Verbote nur auf Kommunal- oder Bundesebene erlassen werden“, erklärt Peter Höffken von der Tierschutzorganisation Peta. Nahezu täglich erreicht den Verein eine Vielzahl von Beschwerden über Verstöße gegen die Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte. Doch in den meisten Fällen könne nicht dagegen vorgegangen werden, denn: Noch wurden einige Rechtsprechungen – unter anderem auch die bayerische – nicht entsprechend angepasst bzw. umgesetzt.
Doch warum werden hierzulande, was das Einsperren von Wildtieren angeht, immer noch gewisse Regeln aufrecht erhalten, während diese anderswo längst abgeschafft wurden? „Nun, vor allem kommerzielle Gründe spielen hier wohl eine Rolle“, meint eine freiwillige Tierschutzaktivistin, die lieber anonym bleiben möchte. Denn, so scheint es, fungieren insbesondere exotische Tiere nach wie vor als Publikumsmagneten. Das liege – neben der Faszination des Unbekannten – vor allem daran, dass die meisten Zirkusbesucher die „tierischen Auftritte“ nicht weiter hinterfragen würden.
Kein Wunder: In zahlreichen Medien – wie aktuell etwa in regionalen Tageszeitungen – werden Raubtier-Dompteure und Wildtier-Akrobaten häufig als „Tierflüsterer“ oder enge Vertraute ihrer „Schützlinge“ dargestellt. Dazu noch ein herzergreifendes Bild einer scheinbar lächelnden Raubkatze neben dem „vertrauten Menschenfreund“ – und schon schlagen die Zuschauerherzen um ein Vielfaches höher.
Circus Flic Flac – funktioniert ganz ohne „tierische Stars“
Ein weiteres Problem sehen Organisationen wie Peta – und auch andere Tierschutzverbände – bei der Politik. Denn obwohl der Bundesrat bereits dreimal für ein landesweites Wildtierverbot gestimmt hatte, scheinen einige Vertreter des politischen Standes (immer noch) strikt gegen diese Maßnahme zu sein. „Auf Bundesebene liegt es vor allem an dem Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, dass wir noch kein Zirkus-Wildtierverbot haben“, erklärt Peter Höffken. Kauder sei „Ehrenfan“ bei bekannten Zirkussen mit Tierauftritten und blockiere so persönlich das Verbot im Bundestag. Auch Parteikollege Dieter Stier, tierschutzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schlägt in die gleiche Kerbe, wie der Vegan-Blog berichtet. Demnach wolle Stier „nicht auf das Leuchten von Kinderaugen im Zirkus verzichten“.
Die einzige Partei, die sich entschieden gegen Wildtiere in Zirkussen ausspricht, sind die Grünen. „In vielen europäischen Ländern gilt bereits ein Wildtierverbot in Zirkussen. Wir hinken in der Gesetzgebung bisher hinter her, aber Tierschutz macht nicht an den Grenzen des Zirkus halt. Wir fordern, uns den europäischen Ländern mit dem Wildtierverbot in Zirkussen anzuschließen“, äußerte sich Hermann Brem, Vorsitzender der Münchner Grünen, Anfang Juni dieses Jahres zum Thema.
Dass es auch anders geht, nämlich ganz ohne die „tierischen Stars“, zeigen Zirkusveranstalter, die sich ganz auf die menschlichen Showacts spezialisiert haben. Barbara Rott begleitet das Unternehmen „Circus Flic Flac“ bereits seit mehr als 20 Jahren. „Unsere Auftritte sollen alle Altersgruppen ansprechen“, erklärt die Pressesprecherin. Der Akrobatenzirkus besteht bereits seit 1989 und tourt jährlich durch Deutschland. Und das mit großem Erfolg. Die Show ist regelmäßig ausgebucht. „Natürlich gelten gewagte Motorradnummern wie The Trial oder andere außergewöhnliche Stunts wie das Todesrad nach wie vor als sehr beliebt“, weiß Barbara Rott zu berichten.
Bei diesen Einlagen begeben sich die Artisten in schwindelerregende Höhen oder performen auf eine Art, wie es viele nicht vom herkömmlichen Zirkus gewohnt sind. Keine Manege mit Sägespänen, dafür eine Bühne, auf der die Darsteller ihr Talent unter Beweis stellen. Dabei werden die selbstständigen Artisten von passender Musik begleitet. Familien, Studierende, Rentner: Die aufwendige Bühnenshow wendet sich nicht an eine bestimmte Ziel- oder Altersgruppe. „Wir hatten auch schon Besucher im Publikum, die ihren 100. Geburtstag bei uns gefeiert haben“, erzählt Rott.
Für Umstrukturierung ist vor allem eins nötig: Offenheit
Tierdressuren als Publikumsmagnet sollten nicht das ausschlaggebende Argument für einen Zirkusbesuch sein. Natürlich ist eine Umstellung immer auch mit einem gewissen organisatorischen und/oder finanziellen Aufwand verbunden. Doch das Wohl der Tiere, die nicht nur für die Belustigung der Zuschauer instrumentalisiert, sondern vor allem aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen werden, sollte trotz allem im Vordergrund stehen.
Um eine solche Umstrukturierung zu unterstützen, ist vor allem Offenheit nötig. Und zwar einerseits Offenheit seitens der Zirkusveranstalter, die sich bereit dazu erklären, sich von ihren „traditionellen Grundgedanken“ zu distanzieren und neue Wege zu gehen. Aber auch die Offenheit der Zirkusbesucher gegenüber neuen Formaten und Inszenierungen. Denn dass spektakuläre Darstellungen und „magische“ Zirkusmomente auch ganz ohne „tierische Unterstützung“ möglich sind, bestätigen die Besucherzahlen des Circus Flic Flac.
Immer mehr Bürger befürworten mittlerweile ein allgemeines Wildtierverbot im Zirkus – ein weiterer Hinweis darauf, dass ein derartiges Verbot keinesfalls das Aus für einen Zirkus bedeuten muss. Bleibt also zu hoffen, dass auch die Politik konsequenterweise bald nachzieht…
Kommentar: Malin Schmidt-Ott
Dass Herr Höffgen ein eingefleischter PETA-Aktivist ist, bei einer Organisation, die SÄMTLICHE Tiere aus der Menschenhand „befreien“ will, das ist bekannt und dementsprechend sind auch seine Meinungen einzuordnen.
Richtig stellen sollte man doch einige Behauptungen:
– „Aus diesem Grunde sind Wildtiere in deutschen Zirkussen seit Jahren verboten. Nun ja – fast.“ –
Wildtiere im Circus sind in Deutschland NICHT verboten. Wer die gesetzlichen Auflagen erfüllt, darf Wildtiere halten und auch vorführen. Das wird selbstverständlich geprüft und dokumentiert und lässt sich dementsprechend beweisen.
– „Denn in Bayern und einigen anderen Bundesländern bewegen sich Auftritte mit Wildtieren (noch) im Rahmen der Legalität“ –
Siehe oben: Es ist in keinem Bundesland verboten. Im Gegenteil. Das Verbot einzelner Städte oder Gemeinden musste in letzter Zeit nach und nach aufgehoben werden. Auf Grund von Urteilen bei Oberverwaltungsgerichten, gilt das dann auch für das gesamte Bundesland, siehe Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern. Auch Sachsen ist gekippt und in NRW wurde z.B. Bielefeld so frei gegeben.
– „Dazu noch ein herzergreifendes Bild einer scheinbar lächelnden Raubkatze neben dem „vertrauten Menschenfreund“ – und schon schlagen die Zuschauerherzen um ein Vielfaches höher.“ –
Mit Recht schlagen die Herzen bei solchen Bildern höher, denn diese Bilder sind real. Anders als bei den vielen Momentaufnahmen, die – gerichtlich bewiesen – zum Teil bearbeitet und gefälscht wurden, nur um den Tierhaltern, ob Zoo oder Circus, zu schaden.
Den Tieren, auch den Wildtieren, geht es in gut geführten Circusunternehmen gut! Niemand bestreitet, dass es in Tierhaltungen auch Missstände gibt. Diese gilt es anzuzeigen und zu beseitigen.
Das Kind mit dem Bad auszuschütten, ist nicht der richtiger Weg.
Nur weil es Autofahrer gibt, die alkoholisiert am Straßenverkehr teilnehmen, wird ja auch nicht das Autofahren verboten.