München/Freyung-Grafenau/Regen. Ist es die Revanche für die heftigen Diskussionen um Christine Hadertauer und deren Modellautoaffäre? Oder ist es eine längst überfällige Entscheidung? Die CSU mit Ministerpräsident Horst Seehofer und Fraktionschef Thomas Kreuzer an der Spitze möchten der Opposition, bestehend aus SPD, Grüne und Freie Wähler, die Redezeit während der Sitzungen kürzen. Alexander Muthmann (FW), Bernhard Roos (SPD) und Rosi Steinberger (Grüne) als Oppositionspolitiker, Max Gibis (CSU) als Teil der Regierungspartei – wir haben unsere Woid-MdL nach Ihrer Meinung zu diesem Thema gefragt:
Das sagt MdL Alexander Muthmann von den Freien Wählern:
„Vorschlag zeugt von Nervosität und Unsicherheit“
„Das ist eine unüberlegte Androhung und wirkt eher wie eine Retourkutsche auf die Debatte um Christine Haderthauer. Scheinbar ist die Diskussion nicht nach den Vorstellungen der CSU verlaufen.
Dass nun dieser Vorschlag nach einer Redezeitverkürzung der Opposition im Raum steht, zeugt von Nervosität und Unsicherheit. Fest steht aber auch: Den Vorschlag muss man ernst nehmen, denn die CSU hat im Landtag die Mehrheit und kann als solche die Geschäftsordnung ändern – auch wenn wir im vergangenen Herbst die Redezeiten festgelegt haben. Ich würde aber davon abraten. Das wirkt nicht souverän. Und dass Horst Seehofer das Verhalten der Opposition jetzt so sehr kritisiert, ist ebenfalls nicht angebracht. Der Ministerpräsident wirkt in anderen Debatten auch oft arrogant oder desinteressiert.
Wir leben in einem demokratischen Land. Aber wenn eine Partei die absolute Mehrheit erhält, besteht die Gefahr oder die Möglichkeit, dass sie alle Fragen alleine klärt und Lösungen findet, ohne andere Akteure zu hören oder sich mit denen auseinander zu setzen. Das ist nicht undemokratisch, aber äußerst unklug.
Die CSU befindet sich auf keinem guten Weg. Sie ist derzeit geprägt von Unsicherheit. Die Staatsregierung muss sich mit unangenehmen Themen herumschlagen, wie mit der Maut. Auch der Plan, einen G9-Zweig an den Gymnasien einzuführen, ist nicht nachvollziehbar. Denn ein paar Monate vor dem Volksbegehren waren von Seiten der CSU noch ganz andere Töne zu dem Thema zu hören. Die Performance der CSU in Bayern ist eher schwach – und im Bund versinkt sie in der Bedeutungslosigkeit.“
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Das sagt MdL Bernhard Roos von der SPD:
„Redezeitverkürzung ist meines Erachtens rechtswidrig“
„Seehofer ist mal wieder dünnhäutig und sein CSU-Fraktionschef Kreuzer ebenso. Es ist Aufgabe der Opposition, Regierungshandeln zu kontrollieren. Tatsachen, wie die Verstrickung in die Verwandtenaffäre, das Schwelen der Haderthauer-Modellautoaffäre über 15 Monate und immer wieder die Verquickung von Staats- und Parteiaufgaben in der Staatskanzlei müssen massiv gebrandmarkt werden. Und vor allem: Die schwarze Einflussnahme auf Medien hat die Aufklärung behindert. Sprich: Wenn die bayerischen Medien kritischer wären, hätte sich Frau Haderthauer mit Rückendeckung von Seehofers Führungsschwäche nicht so lange halten können – und Schaden hätte von Bayern abgewendet werden können.
Der Vorschlag der Redezeitverkürzung für die Landtagsopposition mutet als Bestrafungsaktion der beleidigten Leberwurst an – und ist meines Erachtens rechtswidrig . Denn die Staatsregierung, also die CSU, kann im Landtag jederzeit und fast unbegrenzt Redezeit beanspruchen. Starke Oppositionsrechte sind in der Hoegnerschen Verfassung des Freistaats Bayern niedergelegt – und dabei muss es bleiben.
Bayern ist klar demokratisch aufgebaut, aber durch den übermächtigen Einfluss der ‚Staatspartei‘ im gesamten Behördenapparat, der Justiz und der Medien sind Minderheiten und Opposition unterrepräsentiert und benachteiligt. Dieses Demokratiedefizit zu bekämpfen werde ich mein politisches Leben lang nicht müde.
Die CSU mogelt sich kraftmeierisch an der Realität vorbei. Beste Beispiele sind auf dem Feld der Verkehrspolitik die Murks-Maut, der Energiepolitik der völlige Blindflug bei den Erneuerbaren Energien – und auf dem Feld der Bildungspolitik das Negieren der Bevölkerungsmeinung pro G9 mit CSU-bestellten Umfragen für die Klausur in Banz. Für den Stammtisch mag das genügen, aber gleichzeitig ist dies Anlass für die Verzwergung der CSU in Bundestag und Bundesrat – und erst recht in Brüssel. Es tut weh, wenn sich Bayern ins Abseits manövriert – und sogar der Lächerlichkeit preisgibt.“
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Das sagt MdL Rosi Steinberger von den Grünen:
„Die Opposition einzubremsen ist zutiefest undemokratisch“
Es ist natürlich das Recht der Mehrheitsfraktion, die Geschäftsordnung zu ändern. Allerdings frage ich mich schon, warum die CSU das nicht am Anfang der Legislatur gemacht hat. Grundsätzlich lehne ich diesen Vorschlang natürlich ab. Es stünde der CSU gut zu Gesicht, ihre Möglichkeiten, die Opposition klein zu halten, nicht vollständig auszuschöpfen. Die große Aufregung nach der Sondersitzung verstehe ich übrigens nicht. Es gab schon öfter einen heftigen Schlagabtausch. Angesichts der Themen ‚Haderthauer‘ und ‚Asyl‘ kam das auch kaum überraschend. Ich vermute, die große Empörung über den Stil der Auseinandersetzung sollte vom Versagen der Staatsregierung in diesen Bereichen ablenken. Hat auch gut geklappt…
Die Opposition einzubremsen ist zutiefst undemokratisch. Gerade in der Auseinandersetzung im Parlament sollen doch die besten Lösungen für dieses Land gefunden werden. Wenn man die Opposition kaum mehr zu Wort kommen lässt, ist das leider wieder einmal ein Zeichen für die Arroganz der Macht.
Die CSU läuft komplett hinter ihrem Anführer, Horst Seehofer hinterher. Eine eigenständige Handschrift, z.B. der CSU-Fraktion im Landtag, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus beschränkt sich die Auseinandersetzung oft auf Nebensächlichkeiten, wie die möglichen Nachfolger von Horst Seehofer. Eine Leitlinie der Politik ist bei der CSU nicht mehr erkennbar. Ich sehe aber auch kaum Ansätze, die das ändern könnten.
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Das sagt MdL Max Gibis von der Regierungspartei, CSU:
„Anpassung der Redezeit längst überfällig“
Die Anpassung der Redezeiten – im Verhältnis der Fraktionsgrößen – ist längst überfällig. Ich habe von Beginn an nicht verstanden, warum die Oppositionsparteien jeweils die gleichen Redezeiten hatten wie die Regierungsfraktion. Dies führte bisher dazu, dass die Abgeordneten von SPD, Grünen und Freien Wählern wesentlich öfters im Plenum sprechen konnten als ein Abgeordneter der CSU. Eine solch großzügige Regelung gibt es nur in Bayern. In allen anderen Landesparlamenten – und auch im Bundestag – ist die Redezeit im Verhältnis der Fraktionsstärken verteilt.
Ich weiß, dass das die Opposition nicht gerne hört. Aber wenn man bei der letzten Sitzung erlebt hat, wie die Redner der Opposition agiert haben, wird es höchste Zeit, dass gehandelt wird. Diese haben in ihren Ausführungen großteils nicht zum aufgerufenen Tagesordnungspunkt gesprochen, sondern ihre großzügig bemessene Redezeit ausufernd dazu genutzt, sämtliche Themenfelder, die auf der politischen Agenda stehen, ausführlich zu thematisieren und natürlich das Vorgehen der CSU zu kritisieren. Wir hatten aufgrund unserer unterbemessenen Redezeit hingegen nicht ausreichend Zeit, entsprechend zu argumentieren.
Ich glaube, dass der Großteil der Bevölkerung dies nachvollziehen und verstehen wird. Ich bin jetzt ein Jahr im Landtag und durfte miterleben wie die CSU-Fraktion arbeitet und auch wie die Opposition arbeitet. Dass es in einer Fraktion mit 101 Mitgliedern immer viele Meinungen zu einem Thema gibt, liegt auf der Hand. Aber ich denke, die CSU regiert Bayern sehr gut. Nicht umsonst steht Bayern so gut da, wie es dasteht. Bayern ist im Ländervergleich, in allen Politik-und Gesellschaftsfeldern, Spitzenreiter! Vor allem mit unserer soliden Haushaltspolitik schaffen wir Möglichkeiten von denen andere Bundesländer nur träumen können, weil wir unser Geld nicht für Zinsen ausgeben müssen, sondern in unser Land und in die Menschen in Bayern investieren können.
Was ich aber auch erleben musste, ist, wie die Opposition arbeitet! Sie stellt fortlaufend Forderungen, ohne sich Gedanken geschweige den Vorschläge zur Finanzierung zu machen! Jeder Bürgermeister würde ausflippen, wenn in den Gemeinderäten von der Opposition so vorgegangen würde wie es die Opposition im Landtag macht! Am Anfang war ich echt etwas schockiert, wie oberflächlich und größtenteils populistisch die da vorgehen! Da steht meist nicht die Sache im Vordergrund, sondern wie man es schafft, möglichst oft in den Medien zu erscheinen. So gesehen macht es sich die Opposition sehr leicht: Sie stellt sich hin, formuliert eine Forderung nach der anderen, weil sie ja auch keine Haushaltsverantwortung tragen muss. Wenn ich alle Forderungen der Opposition im vergangenen Jahr zusammenrechnen würde, hätte Bayern wahrscheinlich die höchste Neuverschuldung seit Bestehen des Freistaats. Uns so wie es aussieht wird das im kommenden Jahr nicht anders werden!“
da Hog’n