Bayern/Hamburg. Provinziell, kleingeistig, deutschtümelig – Spiegel-Kolumnistin Silke Burmester hatte kein gutes Haar an der bayerischen Lebenskultur und den Menschen im südlichsten deutschen Bundesland gelassen. Eine Mauer um Bayern sei die Lösung, um künftig alles Bayerische vom Rest der Republik fernzuhalten, so ihr Vorschlag. Nachdem Hog’n-Redakteur Christian Luckner der „Kriegsreporterin“, wie sie sich selbst nennt, einen offenen Brief geschrieben und Freyung-Grafenaus Landrat Ludwig Lankl die Hamburgerin sogar in den Bayerwald eingeladen hat, um ihr „tiefe Einblicke in die Waidler-Seele“ zu gewähren, äußerte sie sich via Facebook dann doch noch zu dem ihr entgegengeschwappten „Bavarian-Shitstorm„. „Schlimm im Sinne von erschreckend“ finde sie die Auswüchse, die es nimmt, „wenn man Bayern sagt, sie trügen peinliche Kleidung und seien provinziell“ – und führt als Beweis einige in der Tat nicht besonders geistreiche Kommentare an. Man könnte fast verständnisvolles Mitleid mit ihr bekommen – wäre da nicht der Gedanke, dass Frau Burmester ja mit ihrer nicht besonderes gelungenen „Satire“ den Stein ins Rollen gebracht hatte. „Wer austeilt, muss auch einstecken können“, mag sich der ein oder andere denken – und von den etlichen konstruktiv-kritischen Kommentaren hat sie scheinbar auch nichts mitbekommen (wollen?). Aber vielleicht braucht die 46-Jährige einfach nur Tipps von Leuten, die sich mit gut geschriebener Satire auskennen – so wie Matthias Walser, der uns folgende Zeilen zugesandt hat:
Einen schönen Tag Frau Burmester,
gestern dachte ich mir noch: Wenn man Feuer nicht mehr mit Wasser bekämpfen kann, dann bekämpft man eben Feuer mit Feuer. Da Sie für Argumente nicht zugänglich sind und nun wahrlich nicht wirklich diskutieren wollen, wollte ich Ihre so genannte Satire eben mit einer Satire bekämpfen. Nur, was muss ich sagen: Ich stand an diesen Morgen auf und mir fiel es wie Fischschuppen von den Augen. Sie haben Recht! Wir Bayern sind ein fieses Volk von fröhlichen Querschützen, gar grauslichen Grantlern und so vieles mehr. Nein, so kann es wirklich nicht weitergehen. Ich entsage dem Bayerntum – und wir beide, Frau Burmester, wir bauen jetzt eine Mauer und sperren sie alle ein, diese Kulturaktivisten! Nur müssen wir da ein wenig differenzieren: Es gibt ja auch noch ein paar normalgeliebene Bayern – die können wir da nicht reinstecken.
Wir sind ja beide tolerant – nur eben da nicht, wo uns gerade etwas stört
Ich habe gehört, dass es den einen oder anderen Bajuwaren gibt, der sich an der schwäbischen Kultur stört. Deswegen müssen wir für schwäbische Kulturaktivisten dann auch noch einen Platz freihalten. Und aus Schwaben weiß ich, dass sie mit dem einen oder anderen Berliner so ihre Probleme haben. Und der Berliner wiederum stößt sich am rheinischen Karneval, der sogar zuweilen bis in unsere geliebte, deutsche Hauptstadt schwappt. Und Hand aufs Herz, Frau Burmester: Gestehen wir doch auch dem fröhlichen Rheinländer zu, sich hin und wieder am kühlen, hanseatischen Charme zu stoßen. Ja, das muss alles weg! Die kommen auch noch gleich in unser neues Ghetto – Verzeihung – in unsere neue Kultur-kontaminierte Zone; zum Glück haben wir vorher schon eine Mauer gebaut. Und da dürfen sie auch gerne saufen bis zum Umfallen, diese nach Weißwurst und Fisch stinkenden Käsespätzle-Fresser und Seppl sämtlicher Couleur.
Und auch da sprechen Sie mir herzlich aus der Seele: dieser gottverdammte Katholizismus. Ja, Frau Burmester, wir brauchen eine zweite Mauer. Ich denk in Niederachsen oder Brandenburg wäre dafür noch ordentlich Platz. Da sperren wir sie ein, diese abstoßenden Glaubensträger und -verbreiter. Und die Moslems dann bitte gleich auch, denn Burka und Kopftuch sind ja an sich schon viel zu viel Kultur, die jemand stören kann. Also rein mit ihnen! Jetzt kommt eine bittere Pille, Frau Burmester. Die Protestanten müssen leider auch noch rein. Die sind eh weltoffen und werden es verstehen, dass wir beide nur im Sinne der Gleichberechtigung und im Zeichen der Toleranz handeln. Keine Sorge: Die Splittergruppen wie Zeugen Jehovas, Scientologen etc. vergesse ich sicher nicht. Ich lauf gerade erst warm. Wir sind ja beide tolerant – nur eben da nicht, wo uns gerade etwas stört. Und unter dem Banner unserer Multi-Kulti-Toleranz werden ganz sicher diesmal auch die Juden mit Freude und freiwillig in unsere Religons-kontaminierte Zone strömen.
Dieser graue Farbton trifft genau Ihre Herzenswärme, Frau Burmester
Puh, das ist ganz schön viel Arbeit! Aber wir können hier nicht stehen bleiben. Und, Frau Burmester, Sie sind ein Quell der Inspiration für mich. In Ihrer neuen Kolumne auf SPON sprechen Sie sich gegen den Schönheitswahn aus. Diesen Kopf werden wir mit aller Offenheit auch gleich abschlagen. Und überhaupt: Selbst Blue Jeans sind ja auch eine Art Kulturstatement. Also weg damit! Und dafür nehmen wir dieses Grau vom Profilbild der „Kriegsreporterin“, als die Sie sich bezeichnen. An dieser Stelle möchte ich Ihnen mal persönlich ein Kompliment machen: Sie sind eine sehr attraktive Frau, aber dieses Grau schlägt alles!
Dieser Farbton trifft genau Ihre Herzenswärme, mit der Sie Freude und Glückseligkeit in unserer Welt verbreiten. Gut! Also Grau als Farbe der neuen toleranten deutschen Einheit. Hier muss ich mich leider bremsen: Wir sollten unseren Frauen die Möglichkeit bieten ihren Individualismus ausdrücken zu können, also: Alles was grau ist, ist erlaubt! Sommerkleid, Kostüm oder Top und Hose – Hauptsache grau. Aber wir Männer legen eh meist nicht soviel wert auf Mode. Deswegen reicht für die Männer eine graue Einheitsuniform – und weil ich Ihr Profilbild schon plündere: Setzen wir den Männern auch gleich noch den Stahlhelm auf den Kopf! Wir sollten allerdings nicht vergessen, den Presse-Aufkleber vorher runterzukratzen, denn diesen Titel muss man sich nun wirklich mit harter Arbeit und hohen Qualitätsmaßstäben verdienen. Und wir können auf keinen Fall zulassen, dass in unserem neuen toleranten Deutschland lauter kleine, graue Chernos durch die Gegend laufen …
Ich bin verwirrt: Kann es sein, dass Sie das alles doch nicht wollen?
… … … Oh, verzeihen Sie! Meine Oma hat mir gerade auf die Schulter getippt. Ich erinnere mich zwar nicht persönlich daran, aber sie meinte, so was in der Art hätten wir schon mal in Deutschland gehabt – und dass dies jetzt nicht so der Burner gewesen sein soll. Und sie fügt hinzu, ich solle mich etwas bremsen, denn vielleicht gäbe es ja einen Grund, weswegen sich Frau Burmester sich für die Kleider ihrer eigenen Großmutter schäme. Also jetzt bin ich verwirrt?!? Kann es sein, dass Sie eben das alles doch nicht wollen? Ja, jetzt muss ich Sie fragen: Was wollen Sie eigentlich, Frau Burmester? Wollten Sie den Bayern ganz einfach sagen, dass Sie sie nicht leiden können. Also mit ihren Schreibfertigkeiten wäre doch sicher ein „Ich kann Euch Bayern nicht leiden!“ drin gewesen. Nur ich als frisch entsagter Nicht-Bayer erinnere mich noch grau daran, dass hinter dem Begriff „Bayer“ Menschen stehen. Dann sagen Sie diesen Menschen doch ganz einfach, dass Sie sie nicht leiden können. Nur sagen Sie es ohne Polemik und ohne zu beleidigen, ohne Streit zu schüren und ohne geistig brandzustiften. Denn selbst der blöd-gesoffenste von uns Bayern ist ein Mensch mit einem Herz, einer Seele und Gefühlen.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Walser
Feiner Text, Gratulation!
Die Burmesterin überrascht mich schon ein bischen. Nicht dass ich vorher schon mal was von ihrt gehört 7 gelesen / gesehen hätte.
Trotzdem stellt sich mir die Frage, ob sie wirklich eine echte Hamburgerin ist? Ich frage mich das, weil ich wegen meiner vielen Hamburger Kontakte zu der Überzeugung gekommen bin, dass die Hamburger und Bayern irgendwie perfekt zueinander passen. Man mag sich einfach. So meine Erfahrungen und Beobachtungen aus den vergangenen fast 40 Jahren.
Sollte die Dame tatsächlich eine echte Hamburgin sein, dann weiß ich nun auch wie es ist, wenn eine Hamburgerin mit aus dem Ruder gelaufener Profilneurose verbal Amok läuft ;-)
Super geschrieben! Ich weiss eh nicht, was dieser ganze „Kulturenkampf“ immer soll. Jeder soll seins machen und wenns wem anders dort gefällt, dann soll er dahin fahren, dahin ziehen, wie auch immer. Ich fahr auch jedes Jahr zum Kölner Karneval und bin in Bayern geboren und aufgewachsen – und ich leb hier immer noch. Aber bevor ich in München zum Fasching geh, erschiess ich mich lieber. Daher fahr ich nach Köln – das können die besser und das sollte man dann auch einfach anerkennen. Ich kenne Hamburger, die wohnen hier, die würden nie mehr wegziehen wollen, aber mei – die Burmeisterin mog sich wahrscheinlich selber ned und ein Bayer hat ihr mal nen Laufpass gegeben, und das hat sie halt jetzt verarbeitet! ;o)
Wir Deutschen sollten froh über unsere Vielfalt sein.
Ich war dieses Jahr 2 Mal auf der Wies´n wie wir hier sagen und habe Leute aus Berlin, Bremen und Bochum getroffen. Wir hatten alle einfach eine Menge Spaß und ich bin froh zu wissen, dass Frau Burmester mit ihrer Meinung zum Glück nur eine sehr kleine Randgruppe repräsentiert. Schade, dass Sie beim Spiegel dafür so eine große Plattform erhält.
Und vielen Dank für die gelungene Antwort an Matthias Walser!
Wir Bayern sollten mehr Gelassenheit im Umgang mit primitiven Schreiberlingen an den Tag legen. Die Gründe für das Palaver dieser Person aus ‚Südschweden‘ sind doch offensichtlich: 1. absolut berechtigter NEID, 2. simpler, primitiver HASS und 3. permanente Hilflosigkeit. Wie sonst soll das kleine Licht dieser Großinquisitorin Beachtung finden? So aber wird sie aus ihrem geistigen Slum Zuspruch und Schulterklopfen ernten. Aber wer nimmt sowas ernst…? (Anmerkung: Solche Personen sind erfahrungsgemäß für Diktaturen geeignet und kommen dort groß raus. Wir aber leben in einer Demokratie – und wir Bayern werden dafür sorgen, dass das so bleibt.!!)