Passau. Warum sind Frauen immer noch nicht so erfolgreich wie Männer? Wir haben uns mal mit zwei Frauen unterhalten, die wissen wovon sie reden: Die 41-jährige Alexandra Horsch ist Mutter von drei Kindern (14, 11, 5 Jahre) und hat sich vor elf Jahren selbständig gemacht. Als Unternehmensberaterin begleitet sie nicht nur Kleinunternehmen und Existenzgründer/innen, sondern betreut gemeinsam mit einer Kollegin auch die Beratungsstelle für Frauen – Bildung & Beruf in Passau. Roswitha Prasser ist ebenfalls selbständig. Die 54-Jährige hat seit 1997 eine Werbe- und PR-Agentur in Grafenau und ist seit acht Jahren Mitherausgeberin des regionalen Freizeitmagazins DA WAIDLER.
Sie beide sind seit Jahren erfolgreich selbständig. Wie sind Sie soweit gekommen? Was haben Sie anderen Frauen dabei vielleicht voraus?
Alexandra Horsch: Es ergab sich bei mir einfach so. Als Diplom-Kauffrau gibt es in der Region nicht viele Teilzeitjobs, die mir Spaß machen. Ich erkannte in meiner angestellten Tätigkeit, dass ich eher ein „Unternehmertyp“ bin, eigene Ideen verwirkliche und selbstbestimmt arbeite. Außerdem ist für mich die Selbständigkeit die ideale Form, um Beruf und Familie zu vereinbaren.
Roswitha Prasser: „Wichtig ist, bei allem authentisch zu bleiben“
Roswitha Prasser: Ich habe bis heute Freude an meiner Arbeit, engagiere mich für meine Kunden sehr individuell und verantwortungsbewusst. Ich engagiere mich ehrenamtlich in verschiedenen Organisationen und Vereinen. Ich bin Mitglied in der IHK Vollversammlung und im Handelsgremium Freyung-Grafenau, war Gründungsmitglied bei den Wirtschaftsjunioren, bei ProGrafenau und dort auch jahrelang in der Vorstandschaft. Ich bin aktives Mitglied im Kulturverein und im Theaterverein Grafenau und ich engagiere mich gerne in Arbeitskreisen zum Thema Regionalentwicklung und Tourismus. Am 20. Mai 2005 habe ich mit 20 Unternehmerinnen aus der Region den Verein „wild&weiblich-Unternehmerinnen im Dreiländereck Bayern-Böhmen-Oberösterreich“ geründet. Es handelt sich dabei um ein regionales und grenzüberschreitendes Unternehmerinnen-Netzwerk, das mittlerweile an die 60 Unternehmerinnen aus den Landkreisen Freyung-Grafenau, Regen, Deggendorf und Passau zählt. Die Kombination von beruflichen und privaten Aktivitäten hat vielseitige Synergieeffekte und macht sehr viel Spaß. Ich habe anderen Frauen dabei nichts voraus. Jede ist wie sie ist. Wichtig ist, bei allem authentisch zu bleiben und auf die eigene Weise unverwechselbar gut.
Alexandra Horsch: Ich höre oft: „Da habe ich ja sowieso keine Chance, das hat schon immer ein Mann gemacht“
Frauen verdienen durchschnittlich immer noch nicht so viel wie Männer und besetzen nach wie vor nicht im gleichen Maße Top-Stellen. Warum sind Frauen immer noch nicht so erfolgreich wie Männer?
Horsch: Wer sitzt vor allem in den Positionen, die die Gehälter bestimmen? Männer. Von Frauen wird in Top-Stellen oft ein männliches Vorgehen erwartet. Viele möchten das nicht und bewerben sich zum Beispiel so gar nicht auf die ausgeschriebenen Stellen oder sehen für sich keine Chance, diese Position zu ergattern („Da habe ich ja sowieso keine Chance, das hat schon immer ein Mann gemacht“). Männer dagegen bewerben sich oft umso mehr, obwohl sie zum Beispiel die geforderte Qualifikation gar nicht besitzen („Wenn ich genommen werde, kann ich das immer noch nachlernen.“). Diese Aussagen höre ich immer wieder in den Beratungsgesprächen oder auf Veranstaltungen.
Prasser: Frauen sind durchaus so erfolgreich wie Männer. In den Medien findet dieses Thema immer mehr Platz und das ist gut so. Es gibt viele Frauen in Top-Positionen, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik. Das Thema wird immer wieder breit getreten und teilweise ist es ermüdend, da sich die Argumente wiederholen und sich viele Diskussionen im Kreise drehen. Jede Frau kann für sich entscheiden, ob sie Karriere machen möchte oder nicht. Und wenn sie sich für Karriere entscheidet, dann ist sie genauso erfolgreich wie ein Mann.
Wollen Frauen vielleicht gar nicht so erfolgreich sein?
Horsch: Pauschal kann man das in keinster Weise sagen. Es ist hierbei vielmehr die Frage, wie man Erfolg definiert. Ist eine Frau erfolgreich, wenn sie viel verdient oder ist sie erfolgreich, wenn die Work-Life-Balance stimmt? Hier könnte man noch zahlreiche andere Beispiele anführen und es ist Ansichtssache, ob jemand erfolgreich ist oder nicht.
Prasser: „Es ist schade, dass Erfolg immer nur mit beruflichem oder wirtschaftlichem Erfolg in Zusammenhang gebracht wird“
Prasser: Jede Frau entscheidet selbst, ob sie im Beruf oder in der Familie ihren persönlichen Erfolg sieht. Es ist schade, dass Erfolg immer nur mit beruflichem oder wirtschaftlichem Erfolg in Zusammenhang gebracht wird. Es ist genauso wichtig, eine Familie „erfolgreich“ durchs Leben zu führen und damit einen entscheidenden Beitrag für ein gut funktionierendes System in unserer Gesellschaft zu leisten. Ich begrüße es sehr, wenn diese schwierige Aufgabe nicht nur den Frauen übertragen wird, sondern auch immer mehr Väter das Angebot der Elternteilzeit nutzen. Haben Frauen mit Familie schlechtere Karten im Berufsleben? Nein. Kindererziehung ist ein wichtiges Thema für das Bestehen und die Entwicklung unserer Gesellschaft. Wer auch immer von den Ehepartnern sich um die Kindererziehung kümmert, darf nicht das Gefühl haben, dass er dadurch etwas versäumt. Es kann durchaus sehr erfüllend sein, Kinder von der Geburt bis hin zu den ersten Schritten im Berufleben zu begleiten. Das ist eine Aufgabe, die der einer beruflichen Karriere in nichts nachstehen darf.