Zu Anfang des neuen Ausbildungsjahres meldeten die bayerischen Firmen wieder einmal schlechte Nachrichten: Tausende Ausbildungsplätze würden auch dieses Jahr unbesetzt bleiben, weil geeignete Bewerber fehlen. Anfang September kamen auf insgesamt 34.000 freie Stellen lediglich 19.000 Suchende. Der Grund: Die starke Konjunktur erhöhe die Nachfrage nach Fachkräften, die wegen stagnierender Schulabgänger-Zahlen und dem Trend hin zur Akademisierung nicht gedeckt werden könne.
Laut dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) sei zudem auffällig, dass sich das Interesse der potenziellen Bewerber vor allem auf Berufe wie Einzelhandels- und Industriekaufleute richte. Der Beruf des Augenoptikers ist mit 6.529 Auszubildenden im Jahr 2016 (2014 waren es noch 6.025) zwar der beliebteste medizintechnische Beruf in Deutschland (noch vor dem Zahntechniker), doch die meisten Schulabgänger ziehen diese Branche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz gar nicht erst in Betracht. Zu Unrecht, denn die Medizinbranche floriert – und damit steigen auch die Karrierechancen.
Kein Mangel an Kunden
Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Bevölkerung in Deutschland immer älter wird, weswegen typische Altersprobleme wie Kurzsichtigkeit bei immer mehr Menschen auftreten. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts IfD Allensbach benötigen inzwischen 24,9 Millionen Menschen in Deutschland ständig eine Brille, 18,81 Millionen gelegentlich; 3,14 Millionen tragen Kontaktlinsen.
Für die Augenoptiker bedeutet das knapp 700.000 Kunden mehr als noch vor drei Jahren. Aber auch jüngere Menschen benötigen immer häufiger eine Sehhilfe – die Ursache dafür ist in der permanenten Nutzung von elektronischen Geräten wie Smartphone, Tablet und PC zu finden. Augenoptiker fertigen Brillengläser für jeden Kunden individuell an, und sie arbeiten dabei hochpräzise. Fertigbrillen von der Stange sind für Menschen mit einer Sehschwäche lediglich als kurzfristige Notlösung geeignet.
Laut dem Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) wächst nicht nur der Umsatz der stationären Augenoptiker-Filialen konstant – von 4,59 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 5,71 Milliarden Euro im Jahr 2016. Insgesamt arbeiteten im Berufsfeld Augenoptik im letzten Jahr 34.515 Menschen. Auf Online-Portalen wie meinestadt.de suchen derzeit viele Augenoptiker in Bayern nach Auszubildenden – unter anderem in München, Erlangen und Ingolstadt.
Augenoptiker: Medizinische und ästhetische Berater
Zukünftige Augenoptiker brauchen außer einem Mittleren Schulabschluss, feinmotorischem Geschick und technischem Verständnis auch Feingefühl und ästhetisches Empfinden. Zudem sollten sie kompetent im Umgang mit Menschen sein. Das Ziel jeder Beratung ist es, für den Kunden eine Brille anzufertigen, bei der Gestell und Gläser exakt passen. In der Ausbildung beschäftigt sich ein angehender Augenoptiker mit Physik, Optik, Anatomie und Physiologie, er übt den Umgang mit gängigen Werkzeugen und Materialien und erlernt alle notwendigen Verfahren, vom Sehtest bis zu Reparaturarbeiten. Im ersten Jahr kann er in Bayern laut be-optician.de mit einer Ausbildungsvergütung von zirka 530 Euro rechnen, im dritten und letzten Lehrjahr gibt es 700 Euro. Nach dem Abschluss liegt das Einstiegsgehalt zwischen 1.400 und 2.200 Euro.
Bezüglich der Online-Konkurrenz haben die stationären Augenoptiker übrigens keine Bedenken, denn viele Kunden erwerben ihre Brille lieber bei einem Anbieter vor Ort, wo sie umfänglich beraten werden. Außerdem ist zu beobachten, dass führende Online-Optiker Partnerschaften mit Filialgeschäften anstreben, um ein Multikanal-Geschäftsmodell zu etablieren. Der Partner-Optiker profitiert nicht nur von höheren Verkaufsprovisionen, sondern erhält auch Zugang zum tendenziell jüngeren Kundenkreis des Online-Shops. Außerdem rückt das umfangreiche Sortiment von Online-Optikern wie Brille24 und anderen die ästhetische Beratung stärker in den Mittelpunkt, denn schließlich gelten Brillen auch als Mode-Accessoire. Somit helfen viele stationäre Optiker den Online-Händlern auch dabei, die aktuellen Kollektionen von Kultmarken wie Ray Ban erfolgreich zu verkaufen. Und dass es auch in technologischer Hinsicht in der Branche vorangeht, zeigt die jedes Jahr im Januar stattfindende Münchener Fachmesse opti, auf der die neuesten Innovationen rund um Brillen und Kontaktlinsen präsentiert werden.