Böbrach. Martin Pauli ist ein Waidler im besten Sinne: bescheiden und fleißig. Er weiß, was er tut und er tut vieles – eben das, was gerade gebraucht wird. Überregional bekannt ist er vor allem, weil er mit seinen Pferden und Wägen bei vielen Umzügen dabei ist. Mal zweispanig, mal vier- oder sogar sechsspannig.

Die Berufsbezeichnung des 51-Jährigen ist vielseitig – je nachdem für was er gebraucht wird, ist er mal Schmiedemeister, Metallbaumeister, Wagenbauer, Landwirt, Kutscher oder Pferdezüchter. Für Festumzüge wird er mit seinen Rössern sogar in Österreich gebucht. Am Oktoberfest ist er für Hofbräu in München im Einsatz. Hier muss er seine Pferde stets unter Kontrolle haben. Ein Besuch in Katzenbach bei Böbrach…
„Die Leute kommen zu Festumzügen ja nicht, wenn ein Bulldog den Wagen zieht. Die wollen geschmückte Pferde sehen.“ So auch beim Heimatfest in Mauth, wo er bei den anderen Rosserern ganz offensichtlich hochgeschätzt ist. Nicht nur, weil er den Pferden fachgerecht neue Hufe verpasst, sondern weil er ein ganz Besonderer in der Branche zu sein scheint. Deshalb folgt einige Wochen später ein Besuch bei ihm.
Buchung ist der Anfang eines langen Prozesses
Dort wird über seinen Werdegang geplaudert. Darüber, dass immer schon Pferde auf dem Hof waren und früher vor allem für die Waldarbeit gebraucht wurden. Sein erstes Pony bekam Martin mit vier Jahren, den ersten Norweger mit zehn. Mittlerweile hat er 20 Pferde, die meisten sind Kaltblüter und wiegen etwa eine Tonne. Dank seiner eigenen Landwirtschaft (ja, die betreibt er auch noch) hat er selbst genügend Heu für die Tiere, nur Hafer muss er zukaufen.
Wird Martin für einen Festumzug gebucht, ist das erst der Anfang eines langen Prozesses. Es gilt, die Pferde per Anhänger dorthin zu bringen. Die Anfahrtszeit kann schon mal mehrere Stunden betragen, im Oktober etwa geht es nach Essen. Müsste man sich den Fuhrpark heute von Null aufbauen, müsste man Millionär sein, sagt er. Auf dem Pauli-Hof ist hingegen alles über Jahrzehnte gewachsen, so dass er sowohl einen Lastwagen hat, mit dem er die Pferde transportieren kann, als auch weitere Anhänger verschiedener Größen. All das muss natürlich auch unterhalten und gewartet werden. Hinzukommt die Sache mit den „Führerscheinen“.
17 Tage Vollgas auf dem Oktoberfest

Während die Vorschriften früher noch weniger streng waren, braucht man heute für jedes Gespann einen eigenen Fahrkurs. Und weil es Pflicht geworden ist, sind diese Kurse natürlich heute weit teurer als früher. „Zum Glück haben meine Frau Ramona und ich die meisten Kurse schon damals gemacht“, sagt Martin Pauli. Nun müssen noch seine Söhne Fabian und Nico nachziehen, damit auch sie die erforderlichen Erlaubnisse haben. Überhaupt ist das Geschäft mit den Pferdekutschen und Festumzügen nur denkbar, weil die ganze Familie so „rossnarrisch“ ist.
Häufig sind die Paulis an einem Wochenende an unterschiedlichen Orten aktiv. Die Saison ist mit Festen aller Art vollgepackt. Manchmal wird er erst kurz vorher angerufen, wenn er wo aushelfen soll. Fest gebucht ist Martin Pauli bei der Brauerei Hacklberger, beim Falterbräu Drachselsried, bei der Brauerei Lang in Freyung und beim Hofbräu in München.
Wobei wir schon bei seinem „prominentesten“ Auftrag im Rahmen des Münchner Oktoberfestes wären. 17 Tage lang ist er mit seinen Pferden während des Festes im Zirkus Krone untergebracht. Jeden Tag um 6 Uhr müssen die Tiere geputzt werden, dann heißt es schmücken und einspannen und um 11 Uhr geht es mit dem Brauereiwagen, der von sechs seiner belgischen Kaltblüter gezogen wird, hinaus auf die Theresienwiese.
„Es is da Wahnsinn“
Dort wechselt Martin drei Mal den Standort, um dann gegen 15 oder 16 Uhr etwa wieder zurückzufahren. „Man kann es sich nicht vorstellen, wie es da zugeht. Ich wundere mich jedes Mal, wo die ganzen Leut‘ überall herkommen.“ Natürlich hat er auch einige Anekdoten parat, die zeigen, wie herausfordernd dieser Auftrag in den gut zwei Wochen ist.
Manch ein Gast, der zu tief in den Maßkrug geschaut hat, möchte auf den Pferden reiten. Andere schieben den Kinderwagen samt Kinder unter die Pferde, damit die Kleinen die Tiere ganz hautnah streicheln können… „Es is da Wahnsinn“, fasst es Martin Pauli zusammen. Allerdings hat er vor Ort die nötige Befugnis, auch mal die Security zu rufen, wenn es zu weit geht.
„Den kann ich nicht brauchen“

Seine Pferde indes müssen ihm aufs Wort gehorchen und er muss sich auf die Tiere hundertprozentig verlassen können. „Nicht jedes Tier ist dafür geeignet.“ Und so kommt es immer mal wieder vor, dass er ein Pferde verkaufen muss, wenn es vom Naturell her nicht für diese Zwecke genutzt werden kann.
Eine Tier etwa, ließ sich wunderbar einspannen, aber noch einer halben Stunde beim Festzug war es kaum mehr zu halten. „Den kann ich nicht brauchen“, sagt Martin Pauli knapp. Und gerade bei einem Fest wie dem Oktoberfest müssen die Rösser einiges mitmachen. „Da werden Selfies mit den Tieren gemacht, manchmal komm ich selbst kaum mehr um mein Gespann herum, weil so viel los ist.“ Und es kam auch schon mal vor, dass er die Wiesen beinahe nicht mehr hätte verlassen können, weil zu viel Menschen unterwegs waren.
Zahm müssen die Tiere auch sein, wenn er sie an Reiter vermietet, die sonst selten auf dem Pferd sitzen. Etwa beim Pfingstritt in Bad Kötzting ist er ein beliebter Ansprechpartner, wenn es um ein Leihpferd für diese Traditionsveranstaltung geht.
Passiert ein Unfall im Rahmen eines Festumzuges zum Beispiel, stehen hernach die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Prüfstand. „Das ist in den vergangenen Jahren alles ganz anders geworden.“ Und häufig sind es eben nicht die Profis wie Martin Pauli, denen die Pferde durchgehen, sondern eher Hobby-Rosserer, die zudem ihre Teilnahme am Festzug gratis anbieten, um einfach dabei zu sein. Die verschärften Vorschriften allerdings treffen dann wiederum diejenigen besonders hart, die davon leben müssen. „Aber bisher hat man dann doch immer eine vernünftige Lösung gefunden.“ Gerade nach den jüngsten Anschlägen, bei denen ein Attentäter mit dem Auto in eine Menschenmenge gerast ist, haben die Sicherheitskonzepte auch in kleinen Ortschaften eine große Bedeutung bekommen.
In der Regel fährt Martin Pauli nur mit den Pferden zum Ort des Umzugs, der Wagen sowie das Geschirr werden dann von der Brauerei gestellt – im Falle des Hofbräu ist das Geschirr an sich individuell mit der Marke der Brauerei versehen. Es gibt aber auch andere Umzüge, bei denen die Paulis ihr eigenes Geschirr mitbringen.
Belgische, polnische und süddeutsche Kaltblüter
Oder aber es sind ohnehin andere Verkleidungen angesagt. Bei der Landshuter Hochzeit etwa stellt Martin Pauli die Ritterpferde fürs Lanzenstechen. „Hierfür hat schon wieder das Training begonnen.“ Kein Wunder, denn die Ritterpferde müssen ganz besonders für ihre Aufgabe vorbereitet sein, um im Angesicht der Lanze und dem Jubel tausender Menschen den Reiter nicht abzuwerfen.
Und als ob Wilma, Tini, Sofie & Co. das unter Beweis stellen wollten, wie zahm sie sind, kommen sie auch sofort angetrabt, wenn ihr Herr ihnen pfeift. Belgische, polnische und süddeutsche Kaltblüter hat er in seinem Stall und auf der Weide. Und selbst wenn man weiß, dass es weit und breit wohl keine vertrauenswürdigeren Pferde gibt, führen ihre muskulösen Körper unweigerlich dazu, dass man mit Respekt einen Schritt zurück weicht.
Ein Multitalent mit einer Schwachstelle
Zu naschen gibt es nichts, sie sollten nur fürs Foto posieren und schon machen sie wieder kehrt und beschnuppern sich gegenseitig. Martin Pauli muss sowieso wieder weiter, er hat noch einen Termin zum Reparieren eines Wagens. Als gelernter Wagenbauer kann er auch dieses alte Handwerk noch und überholt in seiner Schmiede- und Metallbaufirma daheim (ja, die hat er auch noch), sämtliche Wägen von vorne bis hinten.
Zu tun haben die Paulis jedenfalls genug und Martin Pauli strahlt außerdem aus, dass er alles davon gerne tut. Nur die Sache mit dem PC, die überlässt er lieber seinen Buben: „Ich zeichne lieber alles per Hand, da bin ich schneller“, lacht er. Es folgt vorm Abschied noch eine Einladung zum Oktoberfest. „Da kommst amoi vorbei und fährst mit!“ Womöglich wird das tatsächlich das nächste Wiedersehen. Wenn Oktoberfest auf einem Brauereiwagen, inmitten tausender feiernder Menschen aus aller Welt – dann nur mit Martin Pauli, dem Waidler, der seine Pferde beherrscht wie kaum ein anderer.
Manuela Lang
Erschienen im „Bayerwald“ (Ausgabe 3/2025). Der „Bayerwald“ ist das Mitgliedermagazin des Bayerischen Wald-Vereins, der sich seit 1883 als Verein für Kultur- und Heimatpflege, Natur-, Landschaftsschutz und Wandern in der Region engagiert. Werden Sie Mitglied und unterstützen Sie diese wertvolle Arbeit. Der Bezug des Mitgliedermagazins ist im Jahresbeitrag enthalten. Mit dem digitalen Heimatprojekt WanderKultur geht der Verein neue Wege und will wertvolles Wissen über die Region für die Zukunft sichern.







