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Zellertal/Viechtach. Wie die Panzerplatten am Rücken einer Riesenechse ragen die grauen Quarzfelsen von Viechtach und Weißenstein bei Regen aus dem Waldmeer hervor. Der Name „Pfahl“ steht für  das „markanteste Naturdenkmal im Bayerischen Wald“, wie der Zwieseler Geologe Fritz  Pfaffl in seinem 2013 erschienenen Buch „Der Pfahl“ schreibt. 

Fritz Pfaffl hat die Gesteinsformationen der Region erforscht und sorgfältig in die Landkarte eingetragen. Fotos: Fritz Pfaffl/ Hans Weiß

„Den“ Pfahl gibt es nicht, denn diese Gesteinsformation gleicht eher einem Korsett, dessen Hauptstrang bei Linz ansetzt, über Hochficht  zieht und sich als „Bayerischer Pfahl“ (150 km) von Grainet, Weißenstein, Viechtach, Moosbach, Thierlstein bei Cham in nordwestlicher  Richtung bis zum Ende bei Schwarzenfeld erstreckt (Gesamtlänge 200 km). Begleitet wird der „Bayerische Pfahl“ von Nebenpfählen wie dem Aicha-Halser-Pfahl, dem „Böhmischen Pfahl“ und der „Rundinger Zone“, die beide im Landkreis Regen vom Hauptpfahl in nördlicher  Richtung abzweigen und ihn parallel begleiten. 

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Insgesamt nennt Pfaffl mehr als 30 „Nebenpfähle“ – manche davon sind nur wenige Kilometer lang. Man fragt sich, wie es kommt, dass sich in die mit Granit und Gneis so homogen erscheinende Gesteinsmasse des Bayerischen Waldes ein solcher Fremdkörper wie der weiße Quarzriegel schieben kann. 

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Wie ist der Pfahl entstanden? 

Pfaffl nennt als Ursache heftige „Initialbeben“ in der Entstehungszeit unserer Erdkruste; genauer: „280 Millionen Jahre im Unterperm mit Ruhephasen samt kleinen Beben bis zum Ende der Kreidezeit, in denen große Scher- und Fiederspalten aufgerissen und mit Quarz aufgefüllt“ wurden. 

Nahm man früher an, dass der Pfahl eine durchgehende zusammenhängende Quarzmauer wäre, so erkannte der Mineraloge Richard Hofmann, dass Scherkräfte den Pfahl eher als eine Folge fiederartig gegeneinander verstellter Gänge geformt haben. Weil der Pfahl zwar ein einzigartiges geologisches Phänomen ist, aber keine singuläre Formation darstellt, sondern wie ein Korsett mit mehreren Hauptsträngen den Bayerischen und den Böhmerwald zusammenhält, war auch die wirtschaftliche Nutzung an vielen Orten im Gange.

Diese Skizze zeigt den Verlauf des Pfahls durch den Bayerischen Wald.

Heute jedoch sind nicht nur die markantesten Quarzfelsen unter Schutz gestellt, wie etwa der Pfahl bei Viechtach, Moosbach und Weißenstein. Auch der wirtschaftliche Abbau beschränkt sich auf die Gegend um Arnetsried. Die umfassendste Auflistung der vielen Quarzgruben finden sich hat der Zwieseler Geologe Fritz Pfaffl in seinem 2013 erschienenen Buch „Der Pfahl“ geschaffen, quasi als Nebenprodukt der gründlichen geologischen Erfassung des oberen Bayerischen Waldes. 

So umfasst allein das Kötztinger Blatt 6.843 der Geologischen Karte im Maßstab 1:25 000 (aufgenommen 1984 bis 1991 durch Fritz Pfaffl) das Zellertal als Diagonale von Arnbruck bis Kötzting, mit den Eckpunkten Krailing im Südwesten und Arrach im Nordosten. Zahllose Erkundungsgänge, Gesteinsproben, akkurate Notizen und Befragungen von Gewährspersonen waren notwendig, um auf den einzelnen Blättern die jeweilige Bodenbeschaffenheit mit eigenhändig kolorierten Flächen und Buchstabensymbolen kennzeichnen zu können. 

Gerade die älteren Mitbürger im Zellertal kennen viele Gruben, die zum Teil bis in die Sechziger Jahre noch genutzt wurden. „Arnbruck und  das Zellertal mit seinen Bergzügen sind reich an interessanten Mineralien“, sagt Pfaffl, der bereits 2016 einen Vortrag darüber beim Arnbrucker Wald-Verein hielt.

Gruben teils bis in die 60er Jahre genutzt 

Er listete eine große Zahl an Gruben und „Gewerkschaften“ auf, wie man den bergmännischen Abbau von Quarzgesteinen nannte.  Weißgrauer marmorartiger Quarz für die Lohberger Glashütte wurde in der „Stanzn“ unterhalb des Ecker Sattels abgebaut und auch in die Schrenkentaler Glashütte geliefert. Mehrere Stollen wurden in den Berg getrieben und in den großen Abraumhalden fand Pfaffl Messerquarze, Granitkristalle, Vesuvian und Wollastonit. 

Blick in die Pfahlgrube: Historische Aufnahme des Quarzabbaus in Viechtach.

Als einst Deutschlands höchstgelegenes Bergwerk wurde auf 1.180 Metern über dem Meeresspiegel die „Hirschengrube“ am 1.238 Meter hohen Schwarzeck bekannt, bei der Pfaffl Pegmatit fand, Andalusit, Markasit, Schörl, Almandin und Apatit. An der seit langem abgesoffenen Grube ist höchste Vorsicht geboten. Am 10er-Wanderweg, der von der Scharebenstraße aus zum Hauptwanderweg am Waldwiesmarterl führt, liegt auch die „Draxlergrube“ und nördlich der Waldsiedlung die „Sturmgrube“.

Pfaffl erzählte, was ihm Hermann Jungbeck (Hausname „Stifter“) 1971 über seine Arbeit als Sprengmeister in der Sturmgrube und seine Zusammenarbeit mit dem Besitzer kurz vor seinem Tod berichtet hatte: Immer wieder gab es Streit mit Josef Sturm und seinen Brüdern, die ihn sehr oft ausgestellt und dann wieder eingestellt haben, weil sie selber bergbauunkundig waren. Josef Sturm baute Quarz und Feldspat ab, die mit Pferdefuhrwerken zur Bahnstation Gumpenried gefahren wurden, zeitweise auch nur Schotter für den Straßenbau zum Ecker Sattel. 1937 pachtete der Regener Baumeister Lemberger die Sturmgrube, 1951 wurde die Schottergewinnung eingestellt. 

Ebenso amüsant ist die Geschichte von den spektakulären Turmalin-Funden am Hörlberg, um deren Abbau ein Klingseisen aus Lam und die Baronin Barbara von Schmaus prozessierten; der edlen Dame erwuchs aus dem Prozessgewinn jedoch kein Segen, denn bald erkrankte sie schwer. Und auch der Regensburger Doktor Adolf Vierzigmann konnte ihr nicht mehr helfen, dem sie die schönen Turmaline geschenkt hatte. In einer Mineraliensammlung in Zürich habe er einen entdeckt, auf dem noch der Fundort „Hörlberg“ vermerkt war. Auch am Reitenberg bei Kötzting fand man Turmaline.

„Flächenmäßig der größte Quarzabbau im ganzen Bayerwald“

Quarzkristall in der Nahaufnahme.

Bei Unterried gab es die Grube „St. Barbara“ am Mühlberg. Viel gegraben wurde zwischen der Frathau und dem Gutsgasthof Frath sowie rund herum. Allein hier gab es zehn Stollen und einen Tagebau, an dem sich heute ein Schießplatz befindet – alles Quarzabbau, über den bereits 1839 berichtet wird. Pfaffl: „Es ist flächenmäßig der größte Quarzabbau im ganzen Bayerischen Wald.“ 

Im alten Tagebau wurde eine starke Uran-Mineralisation im Feldspat festgestellt. Pfaffl erzählt von einem Unternehmer in Grafenried, der wegen der Strahlenbelastung an Leukämie erkrankte, weil er diese Gefahr in seinem Stollen unterschätzt hatte. Die Leute hatten an den Quarzbrocken, die sie im Wald fanden, ihre Freude und zierten vor allem mit dem Rosenquarz ihre Vorgärten und Hauseingänge.

Viele Jahre bot der „Wanderer Sepp“ Hoffmann die „Steinreichtour“ an, die von der Poschingerhütte aus den Waldwiesbach entlang erst zur Schussbrücke und dann zur „Kiesbruck“ im „Rauchloch“ führte, wo lange Quarzkies gewonnen und abgebaut worden ist. Im Winter bildet das Sickerwasser bei anhaltender Kälte beeindruckende Eispanzer an den felsigen Grubenwänden.

Hans Weiß

Erschienen im „Bayerwald“ (Ausgabe 3/2025). Der „Bayerwald“ ist das Mitgliedermagazin des Bayerischen Wald-Vereins, der sich seit 1883 als Verein für Kultur- und Heimatpflege, Natur-, Landschaftsschutz und Wandern in der Region engagiert. Werden Sie Mitglied und unterstützen Sie diese wertvolle Arbeit. Der Bezug des Mitgliedermagazins ist im Jahresbeitrag enthalten. Mit dem digitalen Heimatprojekt WanderKultur geht der Verein neue Wege und will wertvolles Wissen über die Region für die Zukunft sichern.


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