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Der Amateurfußball lebt von Leidenschaft, Engagement und dem Gemeinschaftssinn – doch auf den Plätzen grassiert bereits seit Langem ein Problem, das den Sport im Kern bedroht: Ungebremste Wut und Enthemmung gegenüber Schiedsrichtern. Woche für Woche sehen sich die Unparteiischen einem Hagel von unangebrachten Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt – so wie zuletzt in der A-Klasse-Viechtach-Partie zwischen dem SV Kollnburg und der SG Neukirchen/Elisabethszell, die vom Referee abgebrochen wurde. Eine Veröffentlichung in Zusammenarbeit mit fupa.net.

Pfeifen sie gut, gilt es als normal. Machen sie einen Fehler, werden sie sofort kritisiert. Schiedsrichter zu sein, ist ein extrem kniffliger Job. Symbolbild: planet_fox/pixabay.com

Jene Eskalationsstufe schlägt noch immer hohe Wellen in Fußball-Niederbayern. Der Schiedsrichter soll von den Gästefans mehrfach beleidigt worden sein, weswegen er das Spiel nach rund 70 Minuten abrupt beendete. Ein trauriger Tag, an dem es im Grunde nur Verlierer gab – und sich nicht wenige die Frage stellten: Wohin steuert der Amateurfußball im Jahr 2025?

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Aggressives Verhalten, verrohende Umgangsformen – der Fußball war und ist immer nur ein Abziehbild der Gesellschaft. Wir leben in unruhigen Zeiten. Wohin man blickt, die Menschen haben offensichtlich verlernt, aufeinander zuzugehen. Wir oder die, Spaltung und Grabenkämpfe werden von den Mächtigen vorgelebt.

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Es geht doch um den Spaß an der Sache!

Im Fußball-Kosmos geht’s seit jeher immer ein wenig rauer zur Sache, nicht jedes Wort sollte auf die Goldwaage gelegt werden. „Schiri, du pfeifst Mist„, oder auch „Schiri, du pfeifst scheiße„, die ein oder andere Frotzelei, das muss man abkönnen. Alles im Rahmen. Dabei bleibt’s aber meistens leider nicht. Beleidigungen und Schmähungen weit unter der Gürtellinie sind die Regel und keine Ausnahme. Der Ton wird feindseliger, das ist in der Gesellschaft zu spüren – und am Fußballplatz nicht anders. „Schiri, du schwarze Sau“ fällt da eher noch in die Kategorie harmlose Verunglimpfung.

Am Spielfeldrand sitzen und über den Schiedsrichter zu schimpfen, das ist leicht. Dabei sind sich in der Regel alle einig, dass die Unparteiischen einen extrem kniffligen Job zu erledigen haben. Foul oder nicht Foul, oft eine Frage der Perspektive. Die Besten der Besten in der Bundesliga haben den „Kölner Keller“ als zusätzliches Hilfsmittel an die Hand bekommen, wo jede Szene aus allen möglichen Blickwinkeln in Zeitlupe seziert wird, und selbst dann gibt es noch Fehlentscheidungen.

Aber dann wird erwartet, dass Neulinge, die noch kaum das Erwachsenenalter erreicht haben, in der untersten Klasse alles richtig bewerten. Ernsthaft? Wer meint, es sei doch so einfach, dem sei empfohlen: Einfach mal selbst die Pfeife in die Hand nehmen und eine halbe Stunde lang versuchen, ein Jugendspiel zu leiten. Sehr wahrscheinlich ändert sich dann der Standpunkt…

Manchen möchte man einfach mal zurufen: Ihr wisst schon, das ist A-Klasse, die letzte Liga, Hammelklasse? Es geht doch um den Spaß an der Sache. Einige missverstehen da anscheinend was ganz gehörig. Der Hobbyfußball ist nicht das Ventil für aufgestaute Wut, angesammelten Frust oder wie auch immer, was sich dann am Sonntagnachmittag auf dem Dorfsportplatz Bahn brechen darf.

Da braucht’s Zivilcourage!

Gibt es einem ein gutes Gefühl, beispielsweise einen jungen Schiedsrichter, der mit Sicherheit sein Bestes gibt, als „Arschloch“ zu beschimpfen? Geht man am nächsten Tag zur Arbeit und erzählt dann stolz, dem jungen Pimpf gestern hab ich’s aber gegeben? Sich schämen wäre eher angebracht. Der Sportplatz ist nicht der Ort, um mal so richtig Dampf abzulassen.

Fußball ist nicht Kirchenchor, es wird immer deftig, auch mal derb zur Sache gehen. Aber wenn wir es nicht schaffen, die Grundprinzipien des Miteinanders aufrecht zu erhalten, wird auch unser geliebter Amateurfußball schweren Zeiten entgegengehen. Mehr Sensibilisierung dafür, was geht, und was ist ein No-Go. Dafür braucht’s auch Zivilvcourage: Dem Sitznachbar spätestens nach der zweiten aufs Spielfeld geschleuderten Beleidigung sagen: Ist gut jetzt, lass das! Beim Fußball sollen Emotionen ausgelebt werden, genau deswegen lieben ihn so viele Menschen. Aber wer auf den Fußballplatz geht, um andere zu beschimpfen und zu beleidigen, ist einfach nur fehl am Platz.

Kommentar: Matthias Willmerdinger


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