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Finsterau.Und der Haifisch, der hat Zähne – und die trägt er im Gesicht!“ – so lautet eine überaus bekannte Zeile aus Bertolt Brechts und Kurt Weils „Dreigroschenoper“ . Ein Haifisch, der keine Zähne mehr hat (bzw. niemals hatte), ist der „Weiße Hai vom Bayerischen Wald“ , auf den unser Hog’n-Fotograf Georg Knaus vor wenigen Wochen in einem Waldstück bei Finsterau gestoßen ist (da Hog’n berichtete). Ein großer, teils moosbewachsener Felsen, der dem großen, berühmten Knorpelfisch von der Kinoleinwand durchaus ähnlich sieht.

Wie ein riesiger Hai durchschwimmt der „Jagastoa“ das Waldmeer bei Finsterau. Fotos: Georg Knaus

Ein guter Bekannter hatte dem Knaus Schos von seiner Existenz und dessen ungefährem Standort berichtet. Doch die Suche gestaltete sich nicht gerade einfach. Mehrere Anläufe waren nötig, bis er den „Hai-Stein“ ausfindig machen konnte. Was er zudem recherchieren konnte: Der Fels wird von den Einheimischen als „Jagastoa“ (hochdeutsch: Jägerstein) bezeichnet.

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Wir hatten unsere Hog’n-Leserinnen und -Leser via Facebook gefragt, wer Genaueres über den markanten Felsen von der bayerisch-böhmischen Grenze weiß – und so einige Hinweise dazu erhalten.

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Kein Jäger, sondern ein Soldat

Die Steinzeichnung vom „Jagastoa“ entstand vermutlich während eines Militärmanövers.

„Der Felsen befindet sich zwischen Heinrichsbrunn und Finsterau, am Scheitelpunkt vom Schoberberg im Bayerischen Wald“, teilt etwa Johannes Reiß mit und ergänzt, dass auf dem Stein eine Abbildung zu sehen ist, die einen Soldaten zeigt. Über dessen Haupt befindet sich ein Pferdekopf mit zwei gekreuzten Säbeln. „Des Weiteren sind links bzw. rechts des Pferdekopfes die Wörter ‚Bam‘ und ‚Berg‘ zu lesen“, berichtet Reiß weiter. Ebenso wurde die Jahreszahl 1938 in den Stein augenscheinlich eingemeißelt – sowie die Initialen „HE“, „HD“, „BE“ oder „AE“ und ein „Jod“. Dahinter werden die Namen Heinrich und Johann Degenhart vermutet.

Als Quelle für all diese Informationen benennt Johannes Reiß die Internetseite der Kameradschaft des Panzeraufklärungsbattaillons 12. Dort wird wiederum auf ein Kameradschaftsmitglied namens Volker Prager verwiesen, einem Finsterauer, der darüber berichtet, dass in seinem Heimatdorf im Jahr 1938 das Kavallerie-Regiment 17 aus Bamberg stationiert gewesen sei. „In der Zeit hat ein Manöver stattgefunden“, lässt sich dieser auf genannter Website zitieren – und fügt hinzu: „Die Kameraden haben an einen Felsen das Wappen von den 17er-Reitern angebracht.“ Der Hobby-Historiker beruft sich dabei auf Angaben des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, wie Prager auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Bei Wikipedia kann man zudem mehr über das 17. Reiter-Regiment erfahren.

In Sachen Initial-Kürzel „HD“ ist sich der Finsterauer aufgrund eigener Recherchen und Erzählungen „ziemlich sicher“, dass der im Zweiten Weltkrieg gefallene Heinrich Degenhart beim Manöver am „Jagastoa“ mit dabei gewesen war. „Das Manöver hat Monate gedauert, weil es bis zum Münchener Abkommen solange dauerte.“

Bei der „Zeichnung“ auf dem rund vier Meter hohen, 15 Meter im Umfang messenden und geschätzt 200 Tonnen schweren Monolithen soll es sich also nicht –  wie der im Volksmund gebräuchliche Name „Jagastoa“ vermuten lässt – um einen Jäger handeln, sondern um einen Reitersoldaten. „Der Jagastoa könnte evtl. in der Säumerzeit als Wegweiser gedient haben, da dies ein markanter Stein ist, von welchem aus man einen weiten Ausblick ins Böhmische, nach Annathal, nach Kreuzberg, nach Finsterau und zum Siebensteinkopf-Felsen – auch ein markanter Felsen – hatte“, schließt Volker Prager seine Ausführungen.

Ein Opferstein aus der Kelten-Zeit?

Hog’n-Leser Franz Müller ist ebenfalls der Überzeugung, dass das eingemeißelte Bild auf dem „Hai-Block“ einen Soldaten zeigt. Zudem berichtet er, dass sich unweit des „Jagastoas“, am alten Finsterauer Sportplatz, noch weitere größere Felsblöcke befinden würden. Und Leser Ulrich Donaubauer schreibt, dass man beim sog. Wackelstein in der Nähe von Entschenreuth (Gemeinde Saldenburg) ein ähnliches Phänomen beobachten könne: „Den Walfelsen findet man dort auf dem Wanderweg zum Wackelstein.“

Georg Knaus hat sich bei seinem Besuch den „Hai-Stein“ freilich ganz genau angesehen und dabei an den Seiten so manch runde Vertiefung entdeckt. „So wie ich das sehe, könnten das Opferschalen gewesen sein.“ Der „Jagastoa“ also gleichzeitig ein Opferstein? Ein mystisch-mythischer Kultort aus längst vergangenen, vielleicht keltisch-germanischen Tagen? Wer weiß..

Stephan Hörhammer


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