FRG/Hohenau. Sie befindet sich zwar noch mitten in der Orientierungsphase in ihrem Job als neue Geschäftsführerin der Volkshochschule Freyung-Grafenau, den sie im Dezember vergangenen Jahres angetreten hat. In ihrem Büro in der VHS-Zentrale in Grafenau hat sich Karina Fisch aber bereits gut eingerichtet und mit ihrer unmittelbaren Umgebung sowie ihren Kolleginnen vertraut gemacht. Von nun an gehören regionale Bildungsangebote mit klanghaften Kursnamen wie „Frauenzipperlein – Kräuter für Körper, Geist und Seele„, „Lagerfeuer-Gitarre für Fortgeschrittene“ oder „Mama Pilates Workout in der Schwangerschaft“ zu ihren täglichen Begleitern.

Ihr beruflicher Werdegang schildert sich in etwa wie folgt: Nach dem Abitur am Gymnasium Freyung hat sich die aus der Gemeinde Hohenau stammende heute 41-Jährige für ein Pädagogik-Studium in Regensburg (Schwerpunkt „berufliche Bildungsarbeit“) entschieden. 2009 führte sie ihr Weg dann an die Technische Hochschule Deggendorf (THD), wo sie im dortigen Weiterbildungszentrum zunächst für organisatorisch-konzeptionelle Aufgaben sowie das Seminar-Management verantwortlich zeichnete und in verschiedene Forschungsprojekte involviert war.
Parallel dazu promovierte sie an der Uni Regensburg (Dissertationsthema: „Lerntransfer berufsbegleitender Weiterbildungen“) und wurde nach erfolgreichem Abschluss im THD-Referat „Digitale Lehre“ als Team-Leiterin im Bereich Medien-Didaktik eingesetzt. „Wir haben dort viel mit digitalen Tools und Medien experimentiert“, erinnert sich Dr. Karina Fisch an ihre letzte Station vor ihrem Einstieg in die VHS.
Vor allem Sport-Kurse sind gefragt
Im Laufe der Zeit hat die Mutter einer siebenjährigen Tochter auch ihren privaten Lebensmittelpunkt wieder in heimische Gefilde zurückverlegt. Eine Entscheidung, die sie keinesfalls bereut: die hohe Lebensqualität, das gewohnte Umfeld, der Wunsch sich noch einmal beruflich zu verändern und etwas Neues zu beginnen, gaben schlussendlich den Ausschlag.

Vom „lebenslangen Lernen“ – einem Credo, das sich auch die Volkshochschule auf ihre Fahnen geschrieben hat – hält sie persönlich sehr viel. Davon, dass das Thema Bildung im Landkreis Freyung-Grafenau einen hohen Stellenwert genießt, ist die 41-Jährige, die als neue Geschäftsführerin die Nachfolge von Michael Dietz angetreten hat, überzeugt.
Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, „hineinzuschnuppern, um die Zielgruppe und die Dozenten näher kennenzulernen“, möchte sie in den kommenden Wochen und Monaten an einigen VHS-Kursen selbst teilnehmen. Denn umfassend beurteilen, ob und inwiefern das VHS-Angebot von Seiten der Bevölkerung angenommen wird, kann sie in der Kürze der Zeit nachvollziehbarerweise noch nicht. Was sie hingegen bereits weiß: „Vor allem Sport-Kurse wie Body-Fit oder Yoga sind sehr gefragt.“
Für das Thema „Künstliche Intelligenz“ zeigt sie sich grundsätzlich offen, aber: „Einen guten Präsenzkurs wird diese auch in Zukunft nicht ersetzen, sondern vielmehr unterstützen können.“ Sie selbst mag und nutzt Online-Kurse, wie auch von der VHS angeboten, gerne. „Doch das ist nicht für jeden etwas, weil gerade der Moment der Begegnung, der gesellschaftliche Aspekt hier fehlt – und genau das macht uns als VHS sehr stark aus.“
Die zwei Säulen der Volkshochschule
Frau Dr. Fisch: Worin genau besteht Ihr Aufgabenbereich als neue Geschäftsleiterin der VHS Freyung-Grafenau?

Wir sind hier in Grafenau zu siebt: Ich als Geschäftsführerin mit meinen sechs Mitarbeiterinnen – geballte Frauen-Power sozusagen (lacht). Ich trage die Gesamtverantwortung der VHS, sowohl in organisatorischer, wirtschaftlicher, personeller sowie pädagogisch-konzeptioneller Hinsicht. Zudem betreue ich eigene Fachbereiche – Beruf, EDV und Integration –, bei denen ich die pädagogische Leitung innehabe. Das heißt: Ich erstelle zu den jeweiligen Bereichen das pädagogische Angebot für unser VHS-Programmheft.
Wir haben bei der VHS grundsätzlich zwei Säulen: zum einen das Programmangebot, zusammengefasst in dem kleinen, dicken Büchlein, das im Frühling und Herbst wie gewohnt ausliegt. Zum anderen die Integrationsarbeit, die wir leisten. Sprich: Integrationskurse in Zusammenarbeit mit der Berufsschule Waldkirchen. Ebenso sind wir vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugelassen, Integrationskurse für die Geflüchteten im Landkreis anzubieten und durchzuführen. Aktuell gibt es hier fünf Kurse.
Die Basis der VHS im Landkreis befindet sich in der Geschäftsstelle in Grafenau, aber sie ist auch draußen in der Peripherie vertreten.
Richtig. Wir haben noch einen Standort in Freyung und in Waldkirchen, wo sich weitere VHS-Räume befinden. Ansonsten gibt es noch die sogenannten Lerngemeinden Zenting und Schönberg, wo ebenfalls viele Kurse stattfinden und mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten. Es gibt nun beispielsweise auch eine Kooperation mit der Gemeinde Thurmansbang, wo spezielle Seniorenkurse angeboten werden. Kooperationen mit den Gemeinden sind uns sehr wichtig, wir sind hierfür sehr offen.
„Eine tolle Erfahrung, die mich begeistert hat“
Eine persönliche Frage: Haben Sie selbst jemals einen VHS-Kurs besucht?
Ja, natürlich (lacht). Als ich noch in Deggendorf gewohnt habe, habe ich einige Yoga-Kurse besucht. Genauso einen InDesign-Kurs. In Grafenau habe ich im vergangenen Jahr an einem Pilates-Kurs teilgenommen.
Warum hatten Sie sich dabei für das Kursangebot der VHS entschieden? Yoga-Kurse gibt es ja wie Sand am Meer…

Ich wollte keine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio abschließen, weil ich Sport immer nur phasenweise betreibe – und ich mich nicht dauerhaft an ein Angebot binden möchte. Aufgrund meiner Yoga-Kurse in Deggendorf hatte ich bereits gute Erfahrungen mit der VHS gesammelt – daher habe ich den Pilates-Kurs bei der Landkreis-VHS einfach mal ausprobiert. Es war eine tolle Erfahrung, die mich begeistert hat.
Wie betrachten Sie das derzeitige Image der Volkshochschulen? Als eher angestaubt? Eher zeitgemäß? Eher modernisierungsbedürftig?
Ich persönlich habe das Image der VHS, die es schon seit mehr als 75 Jahren gibt, immer als sehr positiv wahrgenommen, weil die Volkshochschule ein etablierter Bildungsanbieter ist – und ich, wie gesagt, mit ihr auch immer gute Erfahrungen gemacht habe mit der VHS. Wir sprechen zwar noch immer eine etwas ältere Zielgruppe an, das ist richtig. Wir versuchen aber – und das haben wir uns für dieses Jahr vorgenommen – verstärkt jüngere Generationen anzusprechen, vor allem auch im Gesundheitsbereich, der den größten Teil unseres Programmangebots ausmacht.
Zielgruppen: Senioren und junge Leute
Wie schafft man das konkret?

In erster Linie übers Marketing und persönliche Weiterempfehlungen. Wir möchten beispielsweise bei Instagram eine neue Präsenz aufbauen und unseren Facebook-Kanal noch zielgruppenorientierter bespielen. Social-Media ist hier also der erste Schritt. Einem jungen Menschen bietet man freilich nicht unbedingt eine Einführung in den Umgang mit Smartphones an, sondern Kurse wie Pilates oder eine Kräuterwanderung; genauso Ernährungsseminare, in denen man lernt, sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren. Wir wollen auch mit den jungen Leuten sprechen und sie fragen, welche Angebote sie sich im VHS-Rahmen vorstellen können.
Unsere Senioren werden freilich weiterhin eine wichtige Zielgruppe bleiben. Doch wir wollen optimalerweise für jede Zielgruppe innerhalb der Bevölkerung ein bedarfsorientiertes, breit gefächertes Programmangebot schaffen.
Nochmals nachgefragt: Hat die VHS aus Ihrer Sicht ein eher verstaubtes Image?
(überlegt) Hm. Haben wir das?
Naja, beim Thema VHS denkt man jetzt nicht sofort an Neue Medien, Digitalisierung und KI-gestützte Bildungsangebote, sondern eher an einen weißen Raum mit Stühlen, Tischen, einer Tafel mit Kreide und einem Overhead-Projektor…
(schmunzelt) Das mag durchaus einer Klischee-Vorstellung entsprechen, doch: Man muss sich vor Augen führen, welche generelle Ausrichtung die VHS hat. Unser Slogan für das neue Frühjahr/Sommer-Programmheft lautet „Neues lernen, sich begegnen“. Das heißt: Der Faktor Präsenz ist uns sehr wichtig. Die Leute sollen zu uns kommen, sollen bei der VHS einen sozialen Treffpunkt vorfinden. Wir wollen hier im Landkreis den Austausch fördern, Kompetenzen weitergeben und Leute zusammenbringen, die die gleichen Interessen haben.
„Möchte in Richtung hybride Lehre gehen“
Dazu ein Beispiel: Wir haben etwa einen Englisch-Kurs, der von Frau Karin Steinberger-Pertler geleitet wird. Er ist unser ältester VHS-Kurs überhaupt, den es nunmehr seit 26 Jahren gibt. Nicht, weil die meist gleichbleibenden Teilnehmer dabei kein Englisch gelernt hätten, sondern weil sich der Kurs im Laufe der Jahre zu einer Art Stammtisch entwickelt hat. Er wird von Menschen besucht, die sich ganz bewusst regelmäßig treffen wollen. Im vergangenen Jahr haben die Teilnehmer privat eine Reise in ein englischsprachiges Land organisiert. Sie bilden eine eingeschworene Gemeinschaft, ein Netzwerk. Und das spricht für die VHS in Freyung-Grafenau.
Welche Modernisierungspläne haben Sie als neue Geschäftsführerin zum Beispiel?
Ich selbst habe ja einen sehr digitalen Hintergrund. Wir haben insgesamt dreiviertel Präsenzkurse im Programm und rund einhundert Kurse finden online statt, was gerade für jüngere Leute interessant ist. Ich möchte jedoch auch in Richtung hybride Lehre gehen. Das heißt: Der Großteil findet in Präsenz vor Ort statt, wenn sich aber jemand gerne von zu Hause aus zuschalten möchte, soll ihm dies künftig ermöglicht werden. Sollte der Bedarf vorhanden sein, kann dieser Hybrid-Bereich auch noch weiter ausgebaut werden.
Welche Online-Kurse gibt es denn schon?
Zum Beispiel eine Einführung zum Thema Instagram und Social-Media. Dabei geht es u.a. um die Frage: Was ist wichtig, wenn ich als User eine Instagram-Präsenz aufbauen möchte.? Auch Gedächtnis-Trainingskurse haben wir in unserem Online-Angebot. Es gibt ebenso digitale Elternabende, die gemeinsam mit dem Gesundheitsamt durchgeführt werden. Die Inhalte sind vielfältig.
Besser Technik, grundlegende Analyse, Bewertungen
Nach der kurzen Zeit, die Sie jetzt hier sind: Welches Verbesserungspotenzial sehen Sie?
Mein grundsätzliches Anliegen ist es, in Sachen Technik und Hardware einen noch aktuelleren, digitalen Standard zu erreichen. Ansonsten möchte ich gerne das Programmheft der letzten Jahre hinsichtlich der Kursbelegung in den sechs unterschiedlichen Bereichen analysieren, um abwägen zu können, welche der fast 400 Kurse gut und welche weniger gut besucht sind. Ich möchte, dass die Teilnehmer dann auch Bewertungen abgeben können, um eine Evaluation vorzunehmen, um so die Qualität entsprechend weiter zu entwickeln.
Wie schwierig ist es eigentlich, Kursleiter zu finden?
Wir wollen in erster Linie die Kompetenzen von unseren Landkreis-Bürgern nutzen, um Wissen weiter zu geben. Frei nach dem Motto: von Bürgern für Bürger. Da ist es oft gar nicht so einfach, in gewissen Fachbereichen Dozenten zu bekommen. Aktuell fehlt es an Integrationsfachkräften für unsere BAMF-Integrationskurse.
Frau Fisch, was wünschen Sie sich für die Zukunft der VHS Freyung-Grafenau?
Ich wünsche mir, dass Menschen aller Altersgruppen mit Begeisterung zu uns kommen, um Neues zu lernen und sich zu begegnen. Unsere Bildungseinrichtung soll ein Ort sein, an dem engagierte Lehrende inspirieren und spannender Austausch stattfindet.
Vielen Dank für die Beantwortung unserer Frage – und Ihnen alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer