Passau. In der Landkreisgalerie Passau auf Schloss Neuburg zeigt der Künstler Hans Lankes, der im niederbayerischen Bogen geboren ist und heute in der Nähe von Regensburg lebt und arbeitet, den staunenden Besuchern vom 13. Mai bis 6. Juli seine Messerschnittkunst im Rahmen einer Ausstellung.

In der aktuellen Ausstellung ist eine typische Arbeitssituation von Hans Lankes nachgebaut.

Lankes arbeitet mit dem Skalpell wie mit einem Zeichenstift. Er schneidet Landschaften, Gebäude-Silhouetten, Gesichter und immer wieder abstrakte Motive, die an kristalline Strukturen oder Blüten erinnern, in festes Papier. Jedes Messerschnittbild entsteht aus einem einzigen Bogen Papier oder Karton. Alles im Bild hängt zusammen, nichts wird geklebt oder am Computer konstruiert. Lankes durchdenkt das Bild vor dem Schneiden und arbeitet dann zügig und meist ohne Vorzeichnungen: „Jeder Schnitt ist endgültig. Es gibt kein Getue. Es gilt, klare Entscheidungen zu treffen – wie im Leben. Und Entscheidungen bedeuten Freiheit“, erklärt er.

Licht und Schatten

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Die Messerschnitte mit ihren scharfen, exakten Kanten werden mit einem kleinen Abstand zur Wand oder zum Bildträger angebracht. Durch das natürliche Licht verdoppeln oder verdreifachen sie sich. Licht und Schatten werden zu bewusst inszenierten Hauptakteuren in Lankes‘ Kunst. Sein ganz besonderer Clou dabei: Die Rückseite vieler Arbeiten wird mit Neonfarbe bemalt. So entsteht eine flirrend-farbige Schattenwirkung, die das Auge verzaubert.

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Der Workflow, in den Lankes beim Schneiden eines Bildes gerät, lässt sich auf sein ganzes Künstlerleben übertragen. Er ist täglich im Atelier, macht viele Einzelausstellungen, erprobt sich als Artist-in-Residence im In- und Ausland und ist bereits in vielen internationalen Sammlungen vertreten.

Lankes‘ Weg zum „Malen“ mit dem Skalpell

Als Lankes neun Jahre alt war, schenkte ihm seine Mutter zwei Bildbände: Van Gogh und Picasso. Es waren die Federzeichnungen von van Gogh, die ihn völlig gefangen nahmen: Ab diesem Moment wollte er Künstler werden. Als Siebzehnjähriger – er war noch am Gymnasium – bewarb er sich um einen Nebenjob beim bekannten Straubinger Bildhauer Hans Rieser. Hier lernte er, wie sich aus einer Zeichnung langsam eine Skulptur entwickelt. Rieser legte ihm ein Hochschulstudium nahe – Lankes konnte sich einen Studienplatz sichern, doch entschied er sich letztlich dagegen. Zu groß war die Befürchtung, seinen ganz persönlichen künstlerischen Weg verlassen zu müssen.

Stattdessen malte und zeichnete er, schuf figürlich-abstrakte Skulpturen. Als Achtzehnjähriger hatte er seine erste Einzelausstellung mit Zeichnungen in der Galerie Stöcker in Straubing – weitere Ausstellungen folgten. Seine neue Heimatstadt Regensburg bedeutete auch in künstlerischer Hinsicht ein großes Stück Freiheit – doch sollte es hier zu einem traumatischen Ereignis kommen.

Als „Cloud“ sind die Papierarbeiten mit kleinem Abstand direkt auf der Wand angebracht.

Im Altbau, in dem er wohnte, hatte ihm die Hausmeisterin eine leerstehende Wohnung als „geheimes“ Atelier zugeschanzt. Als er nach einer kurzen Abwesenheit zurückkommt, findet er es „besenrein“ vor. Die Handwerker sagen ihm, sie hätten das ganze „Klump“ in die Müllverbrennung gebracht. „Das war wie ein Kriegsschaden; meine ganze Basis war weg. Die Malerei war damit gestorben. Dieser Verlust der Arbeiten, dieser Totalverlust; das hat mich niedergeworfen – aber letztlich auch befreit.“

16 Jahre lang macht Lankes keine Kunst mehr. Dann nimmt er eines Tages einen Cutter in die Hand, der zufällig im Haushalt herumliegt und setzt seinen ersten Schnitt in ein Blatt gebrauchtes Papier. Mit diesem Schnitt, dieser klaren Kante hat er wieder eine Vision als Künstler und den Ehrgeiz, etwas völlig Neues zu schaffen und zur Perfektion zu führen.

Erweiterung in den Raum

Wie wichtig Lankes die ständige Erweiterung seiner Bildsprache und die Öffnung hin zum Raum ist, wird in der Ausstellung gut sichtbar. Es gibt einen großen Tisch, auf dem kleine, freistehende Messerschnitte stehen, sie harmonieren miteinander und verwandeln sich mit dem Licht und der Perspektive des Betrachters auf fast magische Weise. Metallskulpturen, die nach dem Vorbild der Messerschnitte mit Laser geschnitten werden, wirken trotz des robusten Materials schwebend-filigran.

Faszinierend und liebenswert sind die „Wandwesen“, die Lankes seit 2015 erschafft. Einige von ihnen schauen grimmig, manche schelmisch, manche fröhlich, einige traurig – jedes hat einen eignen Charakter und natürlich einen eigenen Schatten. Wie alle Werke von Hans Lankes sind sie frei, dürfen im Spiel mit Licht und Schatten ein Eigenleben entfalten und in einen Dialog mit dem Betrachter gehen.

Auf Schloss Neuburg ist eines dieser Wesen in einem besonderen Raum zu sehen: Hans Lankes hat hier seinen Arbeitsplatz nachgebaut – ein Blick darauf macht die bunte Vielfalt seines Werkes und seine einzigartige Arbeitsweise deutlich.

Regina Kremsreiter

Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Adresse: Am Burgberg 5, 94157 Neuburg am Inn, weitere Infos zum Künstler: www.hanslankes.de

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