Berlin/Grafenau. Nein, in ein Loch ist er keineswegs gefallen, nachdem festgestanden hat, dass er nicht mehr dem Bundestag angehört. Muhanad Al-Halak ist und bleibt ein „Hans Dampf“, der ab und an sogar seinem eigenen Tempo hinterherjagen muss. Der FDP-Politiker ist von seinem Naturell her durch und durch positiv, weshalb er nach dem Ende seines „Traumes in Berlin“ nicht Trübsal bläst. Zudem hat der Waidler mit irakischen Wurzeln schlicht und einfach keine Zeit für negative Gedanken, weil er noch viel vorhat. Was genau, will und kann er (noch) nicht preisgeben. „Ich lasse mir Zeit. Ich brauche einen klaren Kopf, um eine Entscheidung zu treffen.“

Ein kurzer Blick zurück: Während der Einzug des Grafenauers in den 20. Bundestag über die Liste im Jahr 2021 eine kleine, wenn nicht sogar große Überraschung war, zeichnete es sich bei der diesjährigen bundesweiten Abstimmung bereits im Vorfeld ab, dass es die FDP – und somit auch Mandatsträger Al-Halak – nicht mehr ins höchste deutsche Gremium schaffen wird. „Da ich mich irgendwie darauf einstellen konnte, war ich am Wahlabend nicht wirklich geschockt“, erinnert sich der 35-Jährige an den 23. Februar – und schiebt nach einer kurzen Pause hinterher: „Geschockt war ich höchstens im positiven Sinne, weil ich in Niederbayern – vor allem in meiner Heimatstadt – ein hervorragendes Ergebnis einfahren konnte.“
Der Absturz „seiner“ Liberalen, die von Spannungen geprägte politische Lage und der Rechtsruck beschäftigen den bestens integrierten Migranten jedoch nach wie vor. Nur zu gerne möchte er mit am Tisch sitzen, wenn nach Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit gesucht wird. Al-Halak hatte, wie er offen zugibt, auch entsprechende Angebote:uUnter anderem ein Job, der für ihn einen Diplomaten-Status („mehr möchte ich nicht verraten„) bedeutet hätte. „Ich will aber nicht weg“, betont er im Hog’n-Gespräch mehrmals. „Ich will mich weiterhin für meine Heimat einsetzen.“ Aus eigener Überzeugung, aber auch, „weil ich es den Leuten schuldig bin, die mich gewählt haben“.
„Zukünftig strategische Schlüsselposition möglich“
Der MdB a.D. sieht sich selbst weiterhin als „überzeugter Handwerker“. Aus diesem Grund könne er sich eine Rückkehr in seinen früheren Beruf als Abwassermeister durchaus vorstellen. Irgendwie scheint sich aber ein Fortfahren auf der politischen Schiene abzuzeichnen. Das wird nicht nur durch entsprechende Aussagen des umtriebigen Mittdreißigers deutlich, sondern auch von Gerhard Drexler vermutet. Auch der Freyunger ist FDP-Politiker und ehemaliges Bundestagsmitglied. Der 61-Jährige bezeichnet Al-Halak darüber hinaus immer wieder als seinen „Ziehsohn“. Von einem gewissen Insiderwissen darf man hierbei also getrost ausgehen.

„Muhanad versteht es meisterhaft, klassische politische Arbeit mit moderner Kommunikationsstrategie zu verbinden – eine Fähigkeit, die ihm auch zukünftig strategische Schlüsselpositionen ermöglichen dürfte“, ist Gerhard Drexler überzeugt. Aufgrund seiner nicht von der Hand zu weisenden Affinität für (digitale) Öffentlichkeitsarbeit, seines Empathiesinns, seinen nachgewiesenen politischen Qualitäten und seines „exzellenten Netzwerkes, das sowohl in die aktuellen Regierungsstrukturen als auch zu führenden Hauptstadtmedien reicht“, hätte Al-Halak Drexler zufolge das Zeug dazu, „auch künftig in herausgehobener Stellung in Erscheinung zu treten“. Gleichwohl ist seinem „Ziehvater“ aber bewusst, dass „Muhanad mit seiner Heimat tief verbunden ist“.
Und so bleibt es für den amtierenden Grafenauer Stadtrat und FRG-Kreisrat keinesfalls ausgeschlossen, ein regionales politisches Mandat anzustreben. Eine Landratskandidatur sei grundsätzlich vorstellbar, genauso eine Offensive auf den Rathaus-Sessel der Bärenstadt. „Jeder zweite Grafenauer sagt, er kann sich mich als Bürgermeister vorstellen“, erzählt Al-Halak und verweist auf sein starkes Erststimmenergebnis (16 Prozent) bei der Bundestagswahl in seiner Heimatstadt. „Aber“ – und das unterstreicht er an dieser Stelle mit Nachdruck – „es ist noch nix fix. Ich weiß noch nicht, in welche Richtung es geht.“
„Die Leute gehen weiter auf mich zu. Das ist schön“
Das betrifft auch mehr oder weniger seine Parteizugehörigkeit. Freilich sei die FDP nach wie vor sein politisches Zuhause – und natürlich hätte er den Liberalen einiges zu verdanken. Welches Parteibuch er aber nun in Händen hält, sei für ihn eher nebensächlich. „Mein Ansinnen war es immer, überparteilich zusammenzuarbeiten. Und das wird so bleiben. Wer welcher Partei angehört, ist mir egal.“ Wichtig sei ihm außerdem nicht, welchen Titel er mit sich rumträgt. Ob er nun „MdB“ ist oder nicht. „Ich bin nicht der Bundestagsabgeordnete oder der Kreisrat oder der Stadtrat. Ich bin Muhanad Al-Halak.“

Und als dieser ist er derzeit weiter im Dauereinsatz – ohne großartigen Verdienst, denn derzeit lebt er von seinen Ersparnissen, Mieteinnahmen und einer Ausgleichsauszahlung wegen der verkürzten Amtsperiode. Der 35-Jährige besucht, wie zuvor, unterschiedliche Veranstaltungen in der Region. „Und die Leute gehen auf mich zu, wie während meiner Zeit im Bundestag. Das ist schön!“ Als das Onlinemagazin da Hog’n den Mann mit den vielen Hummeln im Hintern am Telefon erreicht, fährt er gerade von Passau nach Hause. Dort stand er einem Landwirt, „der mich darum gebeten hat“, bei einer Gerichtsverhandlung bei. Sein Lebensmittelpunkt ist nach wie vor sein einstiges Wahlkreis-Büro, das er weiterhin behalten will – nur eben ohne Bundestagsmandat.
Man wird das Gefühl nicht los, dass Muhanad Al-Halak sich – trotz aller gebrochenen Lanzen für das Handwerk – künftig nicht in irgendeine Kläranlage zurückziehen und somit in sein früheres Leben als Abwassermeister zurückkehren wird. Zu sehr ist die Öffentlichkeitsarbeit inzwischen sein Ding geworden. Und auch sein großes Anliegen, dem Bayerischen Wald, der ihn und seine Familie nach der Flucht aus dem Irak gut aufgenommen hat, etwas zurückgeben zu wollen, nimmt man ihm ab. So ist davon auszugehen, dass es auch in Zukunft die ein oder andere (politische) Hog’n-Geschichte über „MdB a.D. Muhanad Al-Halak“ geben wird…
Helmut Weigerstorfer








