Tansania. Ich kann heute, nach rund zehn Jahren, nicht mehr genau sagen, was es war, was mich damals angetrieben hat. Und denke ich auch noch so oft darüber nach, komme ich zu keinem Ergebnis. Aber eins steht fest: Der Gedanke, einmal im Leben auf diesem einzigartigen Gipfel in einer Höhe von 5.895 Metern über dem Meer zu stehen, schwirrte schon sehr lange in meinem Kopf herum. Und ja, soviel vorweg: Ich habe es durchgezogen – und darf dieses Unterfangen seitdem zu den schönsten Momenten meines Lebens zählen. Teil 1 des Reiseberichts von Ludwig „Lui“ Ratzesberger aus der Gemeinde Mauth-Finsterau.

Man hat ja schon häufiger mitbekommen, welch größere und kleinere „Dramen“ sich auf dem Weg nach oben, hinauf zum Gipfel des Kilimandscharo, hin und wieder abspielen. Bis dahin wusste ich natürlich nicht, dass ich bald selbst mittendrin stecken sollte, in so einem Drama. Und eins ist aus meiner Sicht seither sonnenklar: Der Satz „Den Kilimandscharo kann doch jeder besteigen!“ ist ausgemachter Blödsinn…
Worte, die ich nie vergessen werde…
Aber von vorne. Als erstes habe ich mit meiner Frau über mein Vorhaben gesprochen. Besonders begeistert schien sie davon eingangs nicht zu sein. Doch wenig später hat sie mich doch bestärkt: Wenn ich unbedingt auf den „Kibo“ steigen möchte, dann sollte ich dies auch in die Tat umsetzen. Und von da an ging eigentlich alles ganz schnell: Ich habe im Oktober gebucht – und bin im Februar geflogen.
Die Reaktionen im Freundes- und Bekanntenkreis fielen sehr unterschiedlich aus – von „Jetzt bist du aber mal so richtig in der Midlife-Crisis angekommen“ über „Wow! Toll, das würd‘ ich auch gerne mal machen, kann es mir aber nicht leisten“ bis hin zur Aussage meiner Mutter, die meinte, ob ich denn nun alle ins Unglück stürzen möchte, war so gut wie alles vertreten…
Meine Schwester, die zu diesem Zeitpunkt schwer erkrankt war, sagte zu mir eindringlich: „Mach es – und nimm den ganzen Mist, den ich in mir habe, dorthin mit – und lass‘ ihn da…“ Worte, die ich nie vergessen werde…
Gutes Equipment ist nunmal unabdingbar…
Die erste Aufgabe auf meiner To-do-Liste vor der Abreise bestand darin, die passende Ausrüstung für meine Afrika-Reise zu besorgen. In meinem Sortiment war schon so einiges vorhanden, da ich häufiger in den Alpen und natürlich in den Bergen meiner unmittelbaren Bayerwald-Umgebung unterwegs bin. Daher dachte ich mir lediglich: „Mei, so schlimm kann’s scho net werd’n!“

Im Netz findet man zahlreiche Seiten, die einem viele Ausrüstungstipps für derartige Unternehmungen an die Hand geben. Ein Projekt, das, wie sich herausstellte, durchaus kostspielig ist. Aber gutes Equipment ist nunmal unabdingbar. Das geht bei der Jacke los und hört beim Schlafsack (finde erst mal einen, der minus 20 Grad Celsius packt!) und den Handschuhen (hier sollte ich noch früh genug erkennen, nicht die beste Wahl getroffen zu haben) auf.
Ebenso unverzichtbar für Vorhaben dieser Art ist der Faktor „körperliche Fitness“. Dabei ist generell festzuhalten, dass es keine Garantie dafür gibt, den Berg bis zum „Uhuru Peak“ (so lautet der Name des höchsten Kibo-Gipfels) zu schaffen. Ich habe selbst gesehen, wie total drahtige Burschen auf dem Weg hinauf gescheitert sind – und dafür andere, denen man es rein äußerlich nicht zugetraut hätte, am höchsten Punkt ankamen.
Bayerwald-Trainingslager mit rund 12.000 Höhenmetern
Dennoch sollte man sich selbst im Vorhinein so fit machen, wie es eben nur geht. Ich habe das Glück, in einer Gegend zu leben, in der ich quasi nur einmal über die Straße gehen muss, um mit Schneeschuhen oder Wanderstöcken mehrere hundert Höhenmeter bewältigen zu können.

Also habe ich mir eine „Trainingsstrecke“ kreiert – und diese möglichst oft vor dem Aufbruch bezwungen. Wichtig dabei ist, das Training konsequent möglichst realitätsnah durchzuziehen, sprich: mit Rucksack auf den Schultern und dem Gewicht darin, das man bei der späteren Besteigung täglich mittragen muss (ca. fünf bis sieben Kilogramm). All das hat mir im Nachhinein betrachtet enorm dabei geholfen, mein Ziel zu erreichen. Und so ganz nebenbei sind auch noch um die zehn Kilo von meinen Hüften gepurzelt…
Rund 12.000 Höhenmeter und ein paar hundert Kilometer habe ich so vorab zurückgelegt – vieles davon mit Schneeschuhen, was der physischen Vorbereitung sicherlich noch einmal eine ganz andere Qualität verliehen hat. Ich durfte demnach nicht ohne Stolz verkünden, vor meiner Reise wirklich fit wie der vielzitierte Turnschuh zu sein…
Erstes Aufeinandertreffen mit meinen Mitstreitern
Über den Münchener Flughafen ging es zunächst nach Amsterdam, von wo aus sich mein Flieger dann weiter Richtung Kenia aufmachte. Von da aus brachte mich eine – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftige Propellermaschine zum „Kilimanjaro International Airport“ in Tansania, meinem Zielland, in dem sich der „Kibo“ befindet. Die Fahrt zum Hotel dauerte eine weitere Stunde.
Noch am selben Abend kam es dann zum ersten Treffen mit meinen Mitstreitern: eine Holländerin namens Patricia (Mitte 50) und ein Ehepaar aus London, David und Marion (beide Ende 20). Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und sind schnell ins Gespräch gekommen. Unter anderem wollte ich von ihnen wissen, wie sie sich auf unser Vorhaben präpariert haben. Die drei sahen mich ein wenig verwundert an und berichteten, keine konkreten vorbereitenden Maßnahmen unternommen zu haben. Durchaus verblüfft stellte ich mir daraufhin die Frage, ob ich es denn mit meinen Vorab-Trainingseinheiten etwas übertrieben haben könnte…
Ludwig „Lui“ Ratzesberger
Im zweiten Teil berichtet Ludwig Ratzesberger über die wunderbare Natur rund um den Kilimandscharo sowie den (teils sehr) beschwerlichen Aufstieg, der anfangs vor allem seinen Mitstreitern vieles abverlangt…