Karlsbach. Auch wenn der in diesem Falle zuständige Deutsche Sportautomatenbund (DSB) e.V. aus welchen Gründen auch immer keine belastbaren Zahlen zur Verfügung stellen will: Man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass sich der Dartsport in jüngster Vergangenheit aus der Nische (sprich: „der düsteren Kneipe“) ins Rampenlicht gespielt bzw. geworfen hat. Sowohl in passiver Hinsicht – gerade die Darts-WM im legendären „Ally Pally“ ist hier zu nennen -, aber auch, was die aktiven Spieler und Vereine betrifft. Ein Beispiel für die positive Entwicklung des „Spickerns“ (so der landläufige Name): der DC Karlsbach.

Armin Stadler ist alles andere als ein „Greenhorn“: Bereits vor dem großen Hype um Phil Taylor, Michael van Gerwen und Luke Littler wurde der 43-Jährige vor knapp 20 Jahren auf die zu dieser Zeit vor allem auf den britischen Inseln populären Sportart aufmerksam. „Ich bin da eher zufällig dazugekommen – das hat sich ergeben“, erinnert sich der Perlesreuter an die Anfänge seiner Leidenschaft. Damals, zu Beginn der 2000er, war es noch so, dass im Rahmen geselliger Abende unter Freunden einfach mal spontan zu den Dartpfeilen gegriffen wurde. Von Taktik oder Strategie war noch keine Spur. Ein offizieller Spielbetrieb – gibt’s denn sowas?
„Nicht alle Dartspieler sind dick und saufen“
Doch: „Das Image hat sich enorm gewandelt“, wie Stadler feststellt. Freilich, gerade die Stars der Szene sind weiterhin meist etwas fülligere, vierschrötige Kerle. Doch Alkohol getrunken wird auf der Bühne längst nicht mehr. Denn mit dem einst obligatorischen Zigaretten-Rauch ist auch der Mief vergangener Tage verschwunden. Darts wird mehr und mehr als tatsächliche Sportart wahrgenommen, bei der Ziel- und nicht Feuerwasser sowie enorme Konzentration und Präzision gefragt sind. „Nicht alle Dartspieler sind dick und saufen“, betont auch Armin Stadler. „Der Großteil unserer Mannschaft betreibt nebenher auch noch andere Sportarten: Viele sind Fußballer.“

Der 43-Jährige war zuvor bereits in seinem Heimatdorf Perlesreut aktiv. Als er davon hörte, dass in Karlsbach auch eine Dart-Abteilung gegründet wird, entschloss er sich zu einem Wechsel. „Viele meiner Freunde werfen dort“, erklärt der Familienvater dazu. Und auch der Reiz, selber etwas Neues zu entwickeln, spielte eine Rolle. Er hat zwar keine offizielle Funktion inne, zählt aber zu den erfahrensten Akteuren bei den „Koaleschbeggla Spickaran„. Im Fußball würde man ihn als Leistungsträger bezeichnen. Und die Leistung spricht für sich: „2023 gegründet, sind wir in in drei Spielzeiten dreimal aufgestiegen.“
Der DC Karlsbach gehört aktuell der Bezirksliga an, spielt unter anderem gegen Regen und Passau. In den Ligen darunter (C-, B- und A-Klasse) sind viele auch kleinere Orte quer durch den Bayerwald vertreten. „Das nimmt man nicht so wirklich wahr, wenn man sich nicht innerhalb der Szene bewegt: Aber der Dartsport ist inzwischen bei uns weit verbreitet“, verdeutlicht Armin Stadler. Einhergehend damit ist eine relativ hohe Leistungsdichte zwischen Osser und Dreisessel. Das heißt wiederum: Einfach mal so auf die Scheibe werfen und gleich erfolgreich sein, funktioniert nicht.
Ein ruhiges Händchen ist gefragt…
Der Dartsport ist – auch wenn man es als Außenstehender vielleicht nicht ganz nachvollziehen kann – harte Arbeit. Einmal pro Woche steht beim DC Karlsbach Mannschaftstraining auf dem Programm: Drei bis vier Stunden dauerte eine Einheit. Hinzu kommen unzählige Stunden, die Stadler & Co. individuell zuhause üben. Spieltage finden fast ausschließlich an einem Wochenende statt. Ein Wettkampf läuft wie folgt ab: Vier Spieler und zwei Ersatzakteure treten im Modus „jeder gegen jeden“ nach dem Prinzip „501 Double-Out“ gegeneinander an. Das bedeutet: 501 Zähler müssen eliminiert werden – die letzten, indem man ein Doppelfeld trifft. Pro Einzelsieg gibt es einen Punkt. Ab der Bezirksliga werden auch Doppel-Duelle ausgetragen.

„Drei bis fünf Stunden dauert so ein Spieltag“, macht Armin Stadler deutlich. Und ja, auch wenn man mehr oder weniger ausschließlich auf zwei Beinen vor einer 2,37 Meter entfernten Scheibe steht und sich meist nur ein Arm bewegt: Es ist anstrengend. Vor allem für den Kopf.
Der 43-Jährige versucht noch einmal eine Lanze für seine Sportart zu brechen: „Da ist ein ruhiges Händchen gefragt. Den Dartsport kann man ohne Weiteres mit beispielsweise den Sportschützen vergleichen.“ Sportler mit Waffen oder Bogen gehören wie selbstverständlich zur Sportwelt, sind auch olympisch anerkannt. „Spickern“ (noch) nicht, wobei sich die Aktiven aus der Nische (der Kneipe) geworfen haben – und immer noch werfen…
Helmut Weigerstorfer