Bayerischer Wald/Freyung. Bei den Kindern sorgen sie beinahe schon für Begeisterung, bei den Erwachsenen für eher mulmige Gefühle: In diesen Tagen rollen Panzer durch die Dörfer des Bayerwaldes. Auch andere militärische Fahrzeuge gehören zum Straßenbild. Und in den Wäldern kann es durchaus sein, dass einem vollkommen getarnte Soldaten begegnen – oder man sie überhaupt nicht wahrnimmt…

Aber: Entwarnung! Die weltpolitische Lage ist (noch) nicht komplett eskaliert. „Es ist kein Krieg ausgebrochen“, betont ein Sprecher des Freyunger Aufklärungsbataillon 8. Es handelt sich „nur“ um eine Übung.
Grenzübergang Philippsreut spielt zentrale Rolle
Dieses Planspiel hat enorme Ausmaße – und heißt im Fachjargon: „Ausbildungswoche der Heeresaufklärungstruppe“. Dazu treffen sich jährlich mehr als 700 Aufklärer aus ganz Deutschland zu einem Übungsgefecht. „Radar, Fennek, Drohne, Bodenaufklärung – jeder Bereich ist mit dabei“, erklärt der Bundeswehr-Vertreter. Heuer fungiert Freyung als Gastgeber, 2026 wird es Gotha in Thüringen sein. Geprobt wird auf einer Fläche von 150 auf 150 Kilometern in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Cham, Passau und Deggendorf. Und freilich sei es in erster Linie eine rein militärische Angelegenheit – doch auch die Öffentlichkeit werde durch die Sichtbarkeit und Dauerpräsenz der Kriegsmaschinerie und Soldaten miteinbezogen.

So kann es durchaus vorkommen, dass man bis zum 4. April irgendwo auf freier Fläche Waffensysteme erblickt. „Keine Sorge, das sind Attrappen“, erklärt der Freyunger Soldat und berichtet von monatelangen Vorbereitungen auf die Ausbildungswoche. In unmittelbarer Nähe zur Sternwarte Winzer ist beispielsweise ein großes Radar installiert worden, unter anderem spielt auch der Grenzübergang Philippsreut eine zentrale Rolle beim Planspiel. Und auch ein sog. Feindkommando gibt es: Diese Fahrzeuge sind mit einem großen roten Kreuz versehen – und müssen von den Aufklärern ausfindig gemacht werden.
„Ich kann Leute verstehen, die vielleicht etwas Angst haben“
Höhepunkt der militärischen Trainingseinheit ist eine 36-Stunden-Übung, die von Dienstagabend bis Donnerstagfrüh andauert. „Den Abschluss bildet eine Schießübung in Linden bei Freyung“, erläutert der Vertreter des Aufklärungsbataillons 8. Heißt: Gerade am vorletzten Tag der Arbeitswoche kann es rund um die Kreisstadt laut werden. Es fallen Schüsse, doch: Es wird – Gott sei Dank – mit keiner scharfen Munition hantiert. „Ich kann die Leute verstehen, die vielleicht etwas Angst haben“, betont der Bundeswehr-Sprecher. „Wir haben uns echt Mühe gegeben bei der Übungsanmeldung, aber die Möglichkeiten, an die Öffentlichkeit zu gehen, sind eben begrenzt.“ Deshalb noch einmal: „Es ist kein Krieg ausgebrochen“ – auch wenn die Panzer durch den Bayerwald rollen…
Helmut Weigerstorfer