Bischofsreut. Irgendwie gehört das markante Gebäude am Ortseingang zum Leben vieler Bischofsreuter wie Thomas Madl mit dazu. In jungen Jahren hat er dort mit Urlauber-Kindern gespielt. Vor allem eine Großübung nach der Tschernobyl-Katastrophe Mitte der 1980er auf dem Gelände ist ihm in Erinnerung geblieben. Regelmäßige Familienfeiern und Vereinsfeste im Witikohof waren ohnehin Teil des Alltags. Die Schließung des Tagungs- und Wellnesshotels zum Jahresende war deshalb nicht nur für den 60-Jährigen „ein Schock“. Von diesem haben sich der örtliche Vereineforumsvorsitzende und seine Mitstreiter offenbar aber schnell wieder erholt: Man holt zum Gegenschlag aus…

Der Witikohof und Bischofsreut – das gehört zusammen. Genau deshalb wehrt sich nun die Haidel-Gemeinde gegen das Ende der Caritas-Einrichtung. Foto: Katharina Schneider

„Die Buchungen gehen zurück, die Auslastung sinkt, das Defizit ist nicht mehr tragbar“, begründet der Caritasverband für die Diözese Passau e.V., der den Witikohof seit 2000 betreibt, dessen Ende im Rahmen einer Pressemitteilung. Auch die Tatsache, dass die Einrichtung nicht als Teil der Wolfsteiner Werkstätten anerkannt worden ist, spiele eine Rolle. „Der Witikohof liegt einfach zu abseits; gerade für Gruppen mit Handicap. Dazu kamen immer weniger Firmen oder Institutionen, um dort Seminare und Tagungen zu halten“, heißt es in der Meldung weiter.

„Hotelbetrieb können wir einfach nicht mehr stemmen“

Man hätte alle Möglichkeiten einer Weiterführung innerhalb des Verbandes geprüft. Aber: „Den Hotelbetrieb können wir einfach nicht mehr stemmen“, lässt sich Helmut Weber, Leiter der Wolfsteiner Werkstätten, zitieren. Den Mitarbeitern könne man innerhalb des Caritasverbandes passende Alternativ-Stellen anbieten. Die Zukunft des Gebäudes an sich hingegen ist der Information zufolge noch offen, nachdem eine Umwidmung zu einem Wohn- bzw. Altenheim oder zu einem Fortbildungshaus nicht möglich oder als unrentabel eingestuft worden ist.

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Thomas Madl ist die Witikohof-Schließung ein Dorn im Auge – als Bischofsreuter Bürger, als Vereineforumsvorsitzender und als Geschäftsmann. Foto: Hog’n-Archiv

Die Zeilen der Pressemitteilung sprechen eine eindeutige Sprache: Das Ende des Witikohofes scheint unwiderruflich. Aus Sicht der Bischofsreuter und vielen weiteren Menschen aus der Haidel-Region hingegen ist das letzte Wort längst noch nicht gesprochen. So hat das Vereineforum um Thomas Madl eine Unterschriftenaktion gestartet. „Heuer wurde ein neuer Whirlpool eingebaut, vor zwei, drei Jahren sind die Fenster ausgetauscht worden – und nun will man Knall auf Fall zumachen? Das geht gar nicht!“, kritisiert der 60-Jährige. Doch nicht nur – wie nun offensichtlich wurde -, dass ein „Haufen Geld“ ohne Perspektive investiert worden ist, stößt den Dörflern bitter auf.

„Die Caritas handelt völlig entgegen ihrer Werte“

Die Caritas-Einrichtung ist zudem ein Wirtschaftsfaktor im ohnehin strukturschwachen Grenzstreifen, der nun wegfällt. Der örtliche Metzger hat geliefert, ebenso der Bäcker – und der Lebensmittelladen nur wenige Häuser weiter. „Mit Obst und Gemüse ist da regelmäßig eine schöne Summe zusammengekommen“, berichtet Thomas Madl, Besitzer und Betreiber des Edeka-Marktes in Bischofsreut, in dessen Räumlichkeiten die „Offline-Unterschriftenliste“ ausliegt. Obwohl der 60-Jährige diesen wirtschaftlichen Verlust erst einmal ausgleichen müsse, tue ihm das Witikohof-Ende vor allem im Herzen weh.

„Ein klares Zeichen gegen diese unverständliche Entscheidung setzen“: Bürgermeister Roland Schraml will seinen Unmut über die Witikohof-Schließung gar nicht erst verbergen – und bläst zum Widerstand. Foto: Hog’n-Archiv

Auch das Vertrauen in die katholische Kirche und ihren Organisationen leidet merklich darunter, wie Roland Schraml deutlich macht. „Die Caritas, die sich als Organisation der Nächstenliebe versteht, handelt in diesem Fall völlig entgegen ihrer eigenen Werte“, findet der Bürgermeister der Gemeinde Haidmühle-Bischofsreut klare Worte.

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Und weiter: „Die geplante Schließung ist daher inakzeptabel und muss überdacht werden. Die angeführten Gründe wie wirtschaftliche Defizite, schlechte Erreichbarkeit, geringe Belegung und ungünstige geografische Lage sind verwirrend und in keiner Weise nachvollziehbar. Der Witikohof bietet allen Menschen mit und ohne Einschränkungen wertvolle Möglichkeiten – sei es in Form von Arbeit, Urlaub, Seminaren oder Fortbildungen. Den Menschen diese Chancen und Möglichkeiten zu nehmen, ist nicht nur ein schwerer Rückschritt in der Inklusionsarbeit, sondern auch eine Schande.“

„Nur gemeinsam können wir starkes Signal setzen“

Das Gemeindeoberhaupt begrüßt deshalb die Initiative des Vereineforums um Thomas Madl ausdrücklich. Zudem hat die Verwaltung selbst eine Online-Petition gestartet. „Jeder Einzelne kann und sollte seine Stimme erheben – in Form von Worten, Briefen oder E-Mails. Nur gemeinsam können wir ein starkes Signal setzen und unsere Forderung nach einem Erhalt des Witikohofs unmissverständlich deutlich machen“, ist Roland Schraml überzeugt. Denn der Witikohof gehört seit jeher zu Bischofsreut – und das soll auch so bleiben.

Helmut Weigerstorfer

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„Rettet den Witikohof – Ein Ort der Inklusion darf nicht sterben“ – hier geht’s zur entsprechenden Online-Petition (einfach klicken)


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