Viechtach. Er ist so gut wie mit allem Feuer und Flamme, was über vier Räder und einen Motor verfügt – und das bereits von Kindesbeinen an. Martin Fleischmann aus Viechtach verkörpert durch und durch das, was man landläufig als „autonarrisch“ bezeichnet – auch wenn er selbst dieser Kategorisierung wohl nur mit Abstrichen zustimmen würde. Fakt ist: Sein Herz schlägt für die Bayerischen Motoren Werke, kurz: BMW. Im fünften Teil unserer Hog’n-Serie „Altes Blech“ stellt der Diplom-Ingenieur seine beiden „Schätze“ vor.

In seiner Garage befinden sich derzeit ein BMW 840ci aus dem Jahr 1995 (Modellcode E31) sowie ein BMW 3.3LiA aus dem Jahr 1976 (Modellcode E3). Der modernere 8er gehört seit etwa neun Jahren zur Oldtimer-Flotte des 45-Jährigen, der historischere 7er seit etwa drei. „Der 8er BMW war damals im Internet inseriert“, erinnert sich der Waidler an die Tage unmittelbar vor dem Kauf. Der Besitzer des Wagens lebte im Piemont in Nord-Italien – „deswegen war eine Besichtigung mit sehr früher Abfahrtszeit angesagt“. Um zwei Uhr morgens ging’s los. „Aber Gott sei Dank hat man ja immer entsprechend verrückte Leute in seinem Umfeld, die sich für so eine Aktion nicht zu schade sind.“

Mit nicht sehr viel weniger Aufwand war der Erwerb des E3 verbunden, der in einer Facebook-Gruppe zum Verkauf angeboten wurde – in den Niederlanden. „Den habe ich dann anhand von vielen Bildern gekauft“, blickt Martin Fleischmann mit einem Lächeln zurück und fügt hinzu: „Ohne ihn vorher zu besichtigen“. Ein „Blind-Kauf“, der nicht ohne Konsequenzen blieb, denn: „Bei der Überführung auf Achse bin ich dann auch prompt liegengeblieben.“ Geschichten und Erlebnisse, die den studierten Fahrzeugtechniker nur noch mehr mit seinem geliebten „Alt-Blech“ verbunden haben…
„Zweizimmer-Wohnung für den Endpreis“
Martin: Was ist aus Deiner Sicht das Besondere an deinen Fahrzeugen?
Der 8er-BMW ist in der BMW-Historie wohl einmalig mit dem Versuch, mit einem großen Coupé in der absoluten Oberklasse anzukommen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich als kleiner Junge eine Autozeitschrift mit dem 8er auf dem Titelbild gesehen habe – und die musste mir meine Mutter dann unbedingt kaufen. Mich hat schon damals das Design von Claus Luthe mit dem flachen Vorderwagen mit Klappscheinwerfern und das an ein Flugzeug-Cockpit angelehnte Interieur fasziniert. Sowohl bei Antrieb als auch beim Fahrwerk war das absolutes High-Tech für die damalige Zeit.

Mein 8er ist die Variante mit der kleinen Motorisierung, also nur mit acht Zylindern und 286 PS, gepaart mit einem Sechs-Gang-Schaltgetriebe. Bei dem Exemplar wurde ab Werk eine Individual-Ausstattung mit Komplettleder geordert, die damals alleine schon über 15.000 DM Aufpreis gekostet hat. Der Verkäufer hat mir gesagt, dass seine Frau das Auto so zusammengestellt hatte – und er für den Endpreis locker eine Zweizimmer-Wohnung hätte kaufen können.
Der BMW E3 war der Vorgänger der 7er-Baureihe. Ich mag den E3 deshalb so sehr, weil diese Autos noch das ganz klassische 60er-Jahre-BMW-Design haben, das es mit der schlichten Eleganz der besten italienischen Entwürfe aus der Zeit aufnehmen kann. Der 3.3Li stellte das Topmodell der Baureihe dar, das nur knapp zwei Jahre, ganz am Ende der Bauzeit verfügbar war. Beim E3 muss man generell erstmal lange suchen, um ein einigermaßen rostfreies Exemplar zu finden.
Alle 3.3LiA hatten serienmäßig ein Automatikgetriebe und waren für damalige Verhältnisse mit 200 PS relativ leistungsstark ausgestattet. Das Auto verfügt – für damalige Verhältnisse – über eine umfangreiche Ausstattung: u.a. Klimaanlage, Schiebedach und Scheinwerferreinigungsanlage.
„Mich interessiert eigentlich alles“
Seit wann interessierst du dich für Fahrzeuge älteren Baujahrs? Und: Gab es in deinem Falle einen konkreten Auslöser für das „Alte-Blech-Virus“?
Ich interessiere mich schon immer für Autos, deren Design und Technik. Das hat bereits im Grundschulalter begonnen und sich stetig weiterentwickelt. Ich habe es immer geliebt, in Autos mitzufahren – und ganz besonders in den BMWs meines Onkels. Dass mir unterm Strich der Sound der Sechszylinder-Motoren so gut gefallen hat, wusste ich damals natürlich noch nicht…

Als Teenager bin ich dann mit verschiedenen Leuten in Kontakt gekommen, die damals in den 90ern Autos getunt haben. Da waren auch ältere Modelle wie Kadett C-Coupé dabei. Dann habe ich Sammler von Oldtimern kennengelernt, die mich mit zu Treffen genommen haben und mich mit dem einen oder anderen Auto auch mal haben fahren lassen. Mit der Zeit hat mich dann das Themengebiet komplett eingenommen. Und mich interessiert eigentlich alles – von den Anfängen der Mobilität bis zur aktuellen Technik.
Was macht deiner Meinung nach die Faszination für „altes Blech“ aus? Was beinhaltet die Leidenschaft, die dahintersteckt?
Das ist eine Frage, die mit Sicherheit jeder anders beantwortet. Es gibt viele, die wollen Autos aus ihrer Kindheit fahren oder das erste Auto wieder fahren. Bei mir ist es eher so, dass ich stark am Design interessiert bin und am Stellenwert eines Modells für eine Automarke. Es geht für mich darum, den Zeitgeist in gewisser Weise einzufangen und in der heutigen Zeit zu erleben. Aber vor allem geht es darum, mit Leuten in Kontakt zu kommen, sich auszutauschen, Menschen kennenzulernen, sich gegenseitig weiterzuhelfen und einfach schöne Stunden gemeinsam zu erleben.
„Da gibt es immer Austausch“
Wie viel Zeit wendest du für dein Hobby „Altes Blech“ auf? Erzähl einfach mal…
Das hat sich sehr verändert über die Zeit. Ich hatte alte Autos, seit ich Anfang 20 war und habe damals noch viel selber gemacht. Ich habe mein Alltagsauto selbst gewartet und repariert – soweit in der Garageneinfahrt möglich. Mittlerweile beschränke ich mich aufs Fahren mit den Autos und schraube kaum mehr selbst, weil einfach keine Zeit mehr dafür da ist.
Ich bin Wochenendpendler und beruflich während der Woche in München. Dann will man zuhause die Zeit mit der Familie verbringen und anderen Hobbys noch nachgehen können. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich logischerweise viele Leute, die alte oder seltene Autos fahren. Da gibt es immer Austausch – auch außerhalb gemeinsamer Ausfahrten. Ich habe auch haufenweise Literatur zuhause rund um Autos und Technik und lese und informiere mich viel im Internet, tausche mich da auch mit anderen aus.

Kann man in deinem Fall schon von einer Art „Sucht“ für Oldtimer-Fahrzeuge sprechen?
Sucht… keine Ahnung. Wie definiert man Sucht? Aufhören damit könnte ich jederzeit, sprich: alles verkaufen, wenn es sein müsste, aus finanzieller Sicht. Ob ich jemals aufhören werde, mich für Technik zu interessieren, das glaube ich nicht. Ich arbeite ja beruflich auch im Bereich Automobil als Ingenieur und von daher beschäftige ich mich sowieso seit 20 Jahren mit allen Aspekten von Antriebstechnik. Und eins ist auch klar: Die modernste aktuelle Technik, die gerade auf die Straße gebracht wird – egal, welches Antriebskonzept – ist in 20 Jahren schon wieder veraltet und wird mit komplett anderen Augen betrachtet werden, als das im Moment der Fall ist.
Welchen Stellenwert hat für dich der Austausch über die Fahrzeuge in der Gemeinschaft, sprich: mit anderen Altblech-Liebhabern?
Das ist für mich tatsächlich einer der Hauptaspekte mittlerweile. Der Austausch kann bei spontanen Ausfahrten passieren; oder beim Fachsimpeln sowohl „live“ also auch via Instagram und Co.
„Die Szene war und ist bunt gemischt“
Wie groß ist die „Alt-Blech“-Szene im Bayerischen Wald? Was macht die Szene hier in diesen Breitengraden so besonders?
Das kann ich schwer beurteilen, weil ich ja relativ viel in München bin – und dem Hobby mehr in meinem Freundes- und Bekanntenkreis nachgehe, nicht mehr viel an den klassischen Treffen und Stammtischen teilnehme. Ich bin der Ansicht, dass es nach wie vor alle Arten der Pflege mobilen Kulturguts bei uns hier gibt und ich nehme wieder ein steigendes Interesse auch jüngerer Leute an alten Fahrzeugen wahr.
Die Szene war und ist bunt gemischt: von Sammlern, die ganze Hallen voller Fahrzeuge haben, bis hin zu Liebhabern, die ihr altes Einzelstück hegen und pflegen. Es gibt ebenso Leute, die Fahrzeuge modifizieren – und ich würde behaupten, dass handwerklich und technisch sehr hochwertige Umbauten bei uns hier entstehen und gefahren werden. Da wachsen auch immer talentierte junge Leute nach, die viel Zeit und Geld investieren, um ihre Visionen umzusetzen.

Was macht den Unterschied/die Unterschiede für dich aus zwischen einem Fahrzeug älteren Baujahrs und den Autos von heute?
Das kann man so pauschal nicht beantworten, weil man da ja über einen Zeitraum von 100 Jahren zurückblicken müsste. Für mich beginnt der Fahrspaß bei Fahrzeugen so ab Mitte der 1970er Jahre, die auch aus heutiger Sicht ein akzeptables Maß an Fahrkomfort, Beschleunigungsvermögen und Wartungsarmut vorweisen. Ich habe Freunde, die schwören auf das absolut pure Fahrerlebnis von Vorkriegsfahrzeugen. Andere wiederum finden Gefallen an den Kleinstwagenkonzepten der 1950er Jahre und haben damit ihren Spaß.
Generell bin ich der Ansicht, dass die Autos bis Anfang der 2000er Jahre diejenigen waren, bei denen noch viele unterschiedliche Konzepte und Technologien umgesetzt wurden. Deshalb hat man hier auch eine sehr große Anzahl an Motor- und Getriebekonzepten zur Auswahl. Zudem gab es ganze Modellreihen, die wirtschaftlich mit Sicherheit keinerlei Sinn gemacht haben für einen Hersteller. Aber es wurde eben gemacht, weil jemand weit genug oben in der Hierarchie „Ja“ gesagt hat. Heute undenkbar…
„Heute ist alles viel offener und toleranter“
Welche Veränderungen hat es deiner Meinung nach in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren gegeben in der Altblech-Szene? Was fällt dir auf?
Ich nehme die Szene auf jeden Fall viel offener und aufgeschlossener wahr als das noch vor 20 Jahren der Fall war. Als ich so Ende der 1990er Jahre begonnen habe, auf Treffen zu fahren, gab es vor allem die klassischen Oldtimertreffen mit vorwiegend älteren Herren, die entweder volksnahe Fahrzeuge wie VW Käfer oder Opel Rekord selbst am Laufen hielten. Und es gab immer den einen mit seinem Mercedes 300SL Flügeltürer, der bewundert werden wollte. Junge Leute gab es dort kaum – und sobald ein Fahrzeug auch nur ein wenig modifiziert war, wurde es schon schräg angeschaut. Auf der anderen Seite gab es sehr wohl auch diejenigen jungen Leute, die ihre Autos modifiziert haben – doch da blieben die Opelaner meist unter sich, genauso wie die VW-Anhänger oder die BMW-Enthusiasten.

Heute ist alles viel offener und toleranter. Man sieht nahezu alles an Fahrzeugen nebeneinander stehen – und der BMW-Fan feiert einen gelungenen G60-Umbau eines 1er-Golf. Die Leute mit den wirklich wertvollen Autos sind zudem viel nahbarer geworden – und wenn ein moderner Porsche 911 GT3 mit dabei ist, dann ist das mittlerweile auch normal.
Auf der anderen Seite wird das Thema „alte Autos“ sehr stark als Lifestyle inszeniert in den Sozialen Medien. Da präsentieren sich viele Sammler von besonderen Fahrzeugen und man bekommt viel mit aus den USA und den osteuropäischen Ländern. Das gab es vor 20 Jahren natürlich nicht. Was ein bisschen untergeht in Social Media ist die Tatsache, dass man mit alten Fahrzeugen auch immer mal wieder Überraschungen und Probleme erlebt – und nicht immer nur alles toll und easy ist…
„Das halte ich nun tatsächlich für Blödsinn“
Klimawandel und Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielen diese Begriffe deiner Meinung nach in der Alt-Blech-Szene? Und: Wird man diesbezüglich kritisiert, wenn man alte Autos aus Überzeugung fährt?
Ich kenne niemanden, der sein altes Auto tatsächlich im Alltag intensiv fahren würde und da merklich Kilometer sammelt. Auf der anderen Seite kenne ich auch niemanden, der ernsthaft behaupten würde, dass er ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit wäre, nur weil er altes Blech am Laufen hält. Ich persönlich bin noch nie kritisiert worden bei einer Ausfahrt wegen mangelnder Nachhaltigkeit meines Fahrzeugs – im Gegenteil: Ich bekomme öfter mal Daumen hoch oder positive Kommentare zu hören.

Ansonsten denke ich nicht, dass der Besitz eines alten Fahrzeugs einhergeht mit einer Ablehnung gegenüber dem Klimawandel oder generell mit einer bestimmten Grundüberzeugung in politischer Sicht bzw. in der Haltung gegenüber den Problemen der Gegenwart. Hier gibt es die unterschiedlichsten Ansichten quer durch die Gesellschaft.
Ein verbreitetes Klischee besagt, dass die Freunde von Audi, Golf, Opel und Co. gerne mal aufs Gas drücken und im Straßenverkehr überwiegend weniger Rücksicht auf andere nehmen? Ist es nur ein Klischee oder steckt auch ein Funken Wahrheit dahinter?
Das halte ich nun tatsächlich für Blödsinn. Das mag vor vielen Jahren mal der Fall gewesen sein, aber: Wer bitteschön riskiert mit seinem alten Auto, in dem viel Zeit und Geld stecken, durch riskante Fahrmanöver einen Unfall? Man muss das auch relativieren: Früher war man mit einem getunten Kadett Gsi 16V mit 180 PS auch tatsächlich schnell im Straßenverkehr unterwegs. Heute ist fast jedes moderne Durchschnittsfahrzeug leistungsstärker und schneller.
„Leben und leben lassen“
Abschließend: Was wünschst du dir für die Zukunft hinsichtlich deines Hobbys?

Ich wünsche mir, dass die jungen Leute weiterhin mit dem gleichen Elan und Herzblut an das Erhalten von für sie besonderen Fahrzeugen herangehen, wie das aktuell der Fall ist und die vergangenen Jahre der Fall war. Gleichzeitig hoffe ich, dass das respektvolle Miteinander von Autobegeisterten – unabhängig von Marke, Baujahr und persönlichem Geschmack – weiter so besteht, wie ich es im Moment erlebe.
Eine Ebene höher betrachtet, wünsche ich mir den Ansatz „Leben und leben lassen“ – auch von Seiten der EU – und hoffe, dass es nicht zu einer Art Totregulierungswahn kommt. Und zu guter Letzt hoffe ich, dass alle Hersteller ihre eigene Historie als wertvoll für die Marke erkennen und diejenigen unterstützt, die diese Historie pflegen.
Vielen Dank für Deine Zeit und Mühen – und allzeit gute Fahrt!
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer