Berlin/Thyrnau. In den Woid-Bezirken Straubing und Deggendorf gibt es jeweils CSU-Platzhirsche: Alois Rainer und Thomas Erndl. Im Wahlkreis Passau (228) hingegen hat die wohl wiederum stärkste Partei ein neues Gesicht. Hans Koller ist nun Direktkandidat der Christsozialen – und somit Nachfolger von Andreas Scheuer. Sein Weg nach Berlin scheint vorgezeichnet, sollte ihm das neue Wahlrecht keinen Strich durch die Rechnung machen. Der Landwirt aus Thyrnau stellt sich im Hog’n-Interview vor…
Landwirt, Gastronom, Politiker
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Mein Name ist Hans Koller, ich bin 53 Jahre alt und wohne in Hundsdorf in der Gemeinde Thyrnau. Nach meinem Schulabschluss an der staatlichen Wirtschaftsschule in Passau habe ich eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert, anschließend die Fachschule erfolgreich abgeschlossen. Hier bekam ich ein Stipendium für den Grundkurs im Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching und im darauffolgenden Jahr für den Studienkurs an der Deutschen Landjugendakademie in Bonn.
Im Anschluss besuchte ich verschiedene IHK-Kurse zur Befähigung der Führung eines Gastronomiebetriebes, um 1995 im Alter von 24 Jahren den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Ich führe seit dieser Zeit gemeinsam mit meiner Frau Martina diesen Betrieb und traue mir zu sagen: erfolgreich.
Mit knapp 25 Jahren wurde ich in den Gemeinderat in Thyrnau gewählt, sechs Jahre später in den Passauer Kreistag. 2008 bis 2020 war ich 2. Bürgermeister der Gemeinde Thyrnau und 2020 wurde ich zum stellv. Landrat gewählt. Neben dem Engagement in der Partei gestalte ich die Arbeit in verschiedenen Verbänden mit. Ich engagiere mich im Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur, war zehn Jahre stellv. und fünf Jahre Kreisobmann des BBV. Außerdem bin ich Bezirks- und Landesvorsitzender des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern – ein Bildungsverband mit bayernweit über 100.000 Mitglieder und eingebettet in einen Bundesverband.
„Menschen in ihrer täglichen Lebensrealität unterstützen“
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Ich möchte in den Bundestag, um die Interessen unserer Region stark und effektiv zu vertreten. Es ist mir ein großes Anliegen, die ländlichen Räume zu stärken und eine Politik zu gestalten, die den Menschen vor Ort wirklich zugutekommt. Als Gastwirt und Kommunalpolitiker weiß ich, wie wichtig es ist, dass die Politik die Menschen in ihrer täglichen Lebensrealität unterstützt. Mit meiner Erfahrung und meinem Netzwerk möchte ich für die Region im Bundestag arbeiten und die CSU wieder zu einer starken Stimme im Passauer Wahlkreis machen.
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
Meine Ziele findet man ausführlich auf meiner Homepage…
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Es muss ein tiefgreifendes Umdenken und Umsteuern in der Flüchtlingspolitik geben. Wir brauchen starke und handlungsfähige Kommunen, die nicht ständig mit neuen Aufgaben, Bürokratie und Belastungen überhäuft werden dürfen. Stattdessen brauchen sie eine finanzielle Ausstattung, um ihren Auftrag gerecht zu werden.
„S im Parteinamen muss stärker fokussiert werden“
Es kann und darf nicht sein, dass – wie derzeit unter der Ampel zu sehen – Politik gegen die ländlichen Räume gemacht wird. Wir brauchen eine Entwicklung der Infrastruktur, den Erhalt unserer sozialen Einrichtungen, der Krankenhäuser vor Ort – ob Kreiskrankenhäuser oder Stärkung des Klinikums in Passau. Dazu gehört aber auch Nahversorgung, eine stabile und unabhängige Energieversorgung, Digitalisierung und Verkehrswege. Kurzum: Unsere Heimat muss ein Lebensraum bleiben, wo jung und alt gerne leben und hier auch alle Chancen haben.
Die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Mittelstand müssen so gesetzt werden, dass sich Leistung wieder lohnt und Betriebe nicht von überbordender Bürokratie und Abgabenlast erdrückt werden. Eine funktionierende Wirtschaft und ein starker Mittelstand ist das Fundament eines funktionierenden Staates.
Das „S“ in unserem Parteinamen muss wieder stärker fokussiert werden. Es kann und darf nicht sein, dass Menschen, die Vollzeit arbeiten, nicht viel mehr haben als andere, die nichts leisten. Es kann und darf nicht sein, dass Rentnerinnen und Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter von Armut bedroht sind, um nur ein paar Stichpunkte zu nennen, die ein hohes Potential für populistische und radikale Parteien bieten.
Dazu gehört ebenso der Bildungsstandort: Wir brauchen beste Voraussetzungen für unsere jungen Menschen, moderne Schulen, ein vielfältiges Angebot und eine prosperierende Universität, die ein Leuchtturm unserer Bildungslandschaft ist und bleiben muss.
„Ich möchte einer von Euch sein“
… ja und natürlich spielt für mich das Thema Agrarpolitik eine große Rolle. Wir brauchen eine flächendeckende und zukunftsorientierte Landwirtschaft, die in Verantwortung für unsere Heimat und den natürlichen Ressourcen, Potentiale nutzt, die Menschen mit Nahrungsmittel versorgt und unsere vielfältige Kulturlandschaft erhält. Man muss nicht extra erwähnen, welche Bedeutung der Tourismus, das Bäderdreieck und die Gastronomie in unserer Heimat hat. Auch hier hat es in den vergangenen Jahren einige politische Fehlentscheidungen gegeben. Diese haben der Branche schwer zu schaffen gemacht und müssen dringend geändert werden.
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Es ist es wichtig, dass künftig viele Abgeordnete aus ländlichen Gebieten in den Parlamenten vertreten sind und entsprechende Themen in den politischen Diskurs einbringen.
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Meine Kandidatur stelle ich unter den Slogan „Näher am Menschen“. Ich möchte einer von Euch sein und auch bleiben. Für mich ist es wichtig, den direkten Kontakt zu den Menschen zu pflegen und ihre Anliegen ernst zu nehmen. Politiker dürfen nicht unantastbar oder weit entfernt von den alltäglichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sein. Ich setze mich dafür ein, dass die Politik wieder näher an den Menschen ist – für mehr Transparenz, Offenheit und ein echtes Miteinander.
„Extremistische Positionen untergraben Demokratie“
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Um einen politischen Neuanfang zu ermöglichen, war das Ampel-Aus notwendig. Die Neuwahlen im Februar bieten die Chance, unsere politische Landschaft zu erneuern und eine Regierung zu wählen, die wieder das Vertrauen der Bevölkerung gewinnt.
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Populisten bieten einfach Lösungen für komplexe Probleme und sprechen Ängste an. Die wachsende Unterstützung erklärt sich daher durch Unzufriedenheit mit gewissen Situationen. Extremistische Positionen untergraben unsere Demokratie. Daher ist es wichtig, dass wir der politischen Mitte mehr Gehör verschaffen und unsere Demokratie aktiv schützen.
Welcher Person/ welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme?
Wenn ich schon für den Bundestag kandiere, wähle ich mich auch selbst. Meine Zweistimmte bekommt meine Partei! Durch das geänderte Wahlgesetzt ist es nicht mehr gewährleistet, dass der gewählte Direktkandidat in den Bundestag einzieht. Deshalb brauchen wir ein starkes Zweitstimmenergebnis.
„…eine Politik, die den ländlichen Raum fördert“
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
- Stärkung der ländlichen Regionen: Eine Politik, die den ländlichen Raum fördert, die Infrastruktur ausbaut und soziale Einrichtungen sowie Nahversorgung erhält, damit auch dort gute Lebensbedingungen bestehen.
- Soziale Gerechtigkeit: Ich setzte mich dafür ein, dass diejenigen, die hart arbeiten, angemessen entlohnt werden, während Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter nicht von Armut bedroht sind.
- Forderung nach einer starken Wirtschaft und einem starken Mittelstand: Ich möchte helfen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich Leistung wieder lohnt und Unternehmen nicht durch Bürokratie und hohe Abgabenlasten erdrückt werden.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer