Berlin/Utting. Sie lebt in Utting am Ammersee, ist beruflich regelmäßig in Ingolstadt anzutreffen – und stellt sich im Wahlkreis Passau (228) als BSW-Direktkandidatin zur Wahl. Sie schätzt die Region um die Dreiflüssestadt, seitdem sie diese durch das Projekt „Zeitung in der Schule“ kennengelernt hat – und will nun etwas zurückgeben. Simone Ketterl ist eines der ersten regionalen Gesichter des 2024 gegründeten „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW), das laut Wikipedia „links, soziokulturell und konservativ“ ist. Eigenschaften, die sich Simone Ketterl auch selber zuschreibt? Ihr Vorstellungsinterview…
Erst SPD, dann Linkspartei – nun BSW
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Ich bin 36, Mutter von zwei Kindern und lebe in Utting am Ammersee und Ingolstadt. Mein beruflicher Weg führte mich von einem Literaturwissenschaftsstudium über ein journalistisches Volontariat in die Wissenschaftskommunikation – heute arbeite ich als Pressesprecherin an einer Hochschule.
Seit über 15 Jahren bewege ich mich in der politischen Landschaft: Früher war ich bei der SPD und der Linkspartei aktiv – seit vergangenem Jahr setze ich mich beim BSW ein. Darüber hinaus bin ich Vorstandsmitglied bei SW24 und Zukunftsschmiede 24 (zwei Vereinen, die sich der politischen Bildung widmen) und Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Wenn ich nicht beruflich oder politisch unterwegs bin, verbringe ich meine Freizeit gerne mit Wanderungen, Theaterabenden oder einem spannenden Buch.
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Ich kandidiere für den Bundestag, weil Deutschland einen politischen Kurswechsel braucht. Mein Ziel ist es, konsequent für Frieden und soziale Gerechtigkeit einzutreten, damit alle Menschen in diesem Land sicher und in Wohlstand leben können.
„Abschaffung der Fallpauschalen“
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
Soziale Gerechtigkeit und Frieden. Konkret heißt das: Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben, egal ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben. Wir brauchen bezahlbare Wohnungen, faire Löhne und sichere Renten nach österreichischem Vorbild, die ein würdevolles Leben im Alter ermöglichen. Gleichzeitig möchte ich unseren Mittelstand stärken, der für Arbeitsplätze und Stabilität sorgt. Beim Thema Frieden setze ich mich für eine Politik der Diplomatie ein, die Konflikte frühzeitig entschärft und Eskalationen verhindert.
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Ich werde mich entschieden für die Anliegen der Menschen aus dem Wahlkreis Passau in Berlin stark machen: Mein Ziel ist es, die Lebensqualität zu sichern und die Region zukunftsfähig zu machen. Besonders wichtig ist mir die Stärkung des ländlichen Raums durch bessere Verkehrsanbindungen und den Ausbau von flächendeckenden ÖPNV-Lösungen.
Ein wohnortnahes Gesundheitsangebot ist essenziell, dazu gehört die Förderung von Hausärzten und die Schaffung eines Strukturfonds für Krankenhäuser, um die Benachteiligung durch das Fallpauschalensystem auszugleichen. Langfristig setze ich mich für die Abschaffung der Fallpauschalen ein. Wichtig ist auch eine bessere Kinderbetreuung und die Entlastung von Familien. Mit einem Transformationsfonds möchte ich den Wandel in der Automobilzulieferindustrie aktiv gestalten und damit Arbeitsplätze erhalten.
„Höchste Zeit für einen klaren Schnitt“
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Das ist möglich, aber es braucht Engagement und Ausdauer. Der ländliche Raum wird oft unterschätzt, dabei sind wir das Rückgrat der Gesellschaft. Hier wird produziert, gearbeitet und gelebt. Wenn wir die Probleme – wie Fachkräftemangel, schlechte Anbindungen oder zu wenig Unterstützung für Familien – klar benennen und mit guten Lösungen überzeugen, dann kann man in Berlin etwas bewegen. Ich bin fest entschlossen, unsere Region stark zu vertreten.
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Ich verstehe, warum viele Menschen enttäuscht sind. Oft hat man das Gefühl, dass in Berlin nur geredet wird, ohne dass etwas bei uns ankommt. Deshalb will ich als Abgeordnete greifbar und ansprechbar sein – mit regelmäßigen Sprechstunden und einer offenen Kommunikation. Ich möchte, dass die Menschen wissen, dass ich ihre Anliegen ernst nehme. Ich arbeite für sie und nicht für irgendwelche Lobbygruppen.
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Die Ampel ist in jeder Hinsicht gescheitert. Es war höchste Zeit für einen klaren Schnitt. Die vorgezogenen Wahlen bieten die Chance, endlich einen Kurs einzuschlagen, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt – mit Klarheit, Zusammenhalt und der richtigen Priorität: den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.
„Unser Land verdient mehr“
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Wenn sich die Extreme stärker durchsetzen, liegt das oft daran, dass Menschen sich nicht gehört fühlen. Das dürfen wir nicht ignorieren. Unsere Aufgabe ist es, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und den Menschen Perspektiven zu bieten – durch faire Löhne, gute Arbeitsplätze und ein verlässliches soziales Netz. Ich sehe ein demokratisches Deutschland dann als gesichert an, wenn wir die Mitte stärken und eine klare Haltung gegen Ausgrenzung und Hetze einnehmen.
Welcher Person/welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme?
Ich gebe meine Stimme dem BSW, weil wir für eine Politik stehen, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt. Uns geht es um soziale Gerechtigkeit, Frieden und eine starke Wirtschaft, die vor allem kleinen Betrieben und den Menschen vor Ort dient. Ich bin überzeugt, dass wir damit den richtigen Kurs für Deutschland einschlagen: Denn unser Land verdient mehr.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
- Soziale Gerechtigkeit: Niemand darf abgehängt werden – sei es bei den Themen Wohnen, Rente oder Bildung. Wir müssen für alle gleiche Chancen schaffen.
- Frieden: Eine Außenpolitik, die auf Diplomatie setzt und Konflikte gar nicht erst eskalieren lässt. Für uns und für die kommende Generation muss der Frieden immer oberste Priorität haben.
- Eine starke Wirtschaft: Der Mittelstand braucht weniger Bürokratie und mehr Unterstützung, um Arbeitsplätze zu sichern und die regionale Wirtschaft zu stärken.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer