Berlin/Passau. Luke Hoß hat sich in seiner neuen Heimat schnell zurecht gefunden. Vor dreieinhalb Jahren von Stuttgart nach Passau gezogen, um in der Dreiflüssesstadt Jura zu studieren, engagiert er sich dort inzwischen vielfältig. Unter anderem in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), aber auch in der Politik. Warum? Das erklärt der 23-Jährige, der im Wahlkreis Passau (228) für Die Linke als Direktkandidat antritt, im Hog’n-Interview…
„Die Politik lässt Menschen, die sich krumm buckeln, im Stich“
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Mein Name ist Luke Hoß, 23. Seit ich zum Jura-Studium nach Passau gezogen bin, engagiere ich mich in verschiedenen ehrenamtlichen Organisationen, unter anderem als Rechtsberater in der Refugee Law Clinic, später vor allem in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und seit Januar 2024 auch als Kreisvorsitzender der Partei Die Linke. Neben meinem Studium und dem politischen Engagement nutze ich meine Freizeit gerne für jegliche Aktivitäten mit meinem Labrador.
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Die Politik lässt die Menschen, die sich krumm buckeln, um über die Runden zu kommen, seit Jahren im Stich. Nach der Wahl werden alle abgehobenen Parteien von SPD bis AfD wieder nur Politik für ihre Sponsoren und sich selbst machen. Ich finde, wir verdienen Politiker*innen, die endlich an unserer Seite kämpfen. Als Arbeiter*innenkind verspreche ich: Ich werde für uns kämpfen.
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
Seit Monaten sind wir in Passau an den Haustüren unterwegs und fragen die Menschen, was sich wirklich ändern muss. Im Bundestag kämpfe ich für genau das, was mir die Menschen an der Haustür sagen: Ein Zuhause, das man sich leisten kann, und Lebensmittelpreise, die es der Großmutter, die wir an ihrer Haustür getroffen haben, ermöglichen, so oft für ihre Enkel zu kochen, wie sie möchte – und nicht jeden Euro umdrehen zu müssen.
„Der ländliche Raum braucht dringend politische Aufmerksamkeit“
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Meine politische Arbeit wird – genau wie jetzt – vor allem in Passau stattfinden. Dazu gehört zum Beispiel unsere wöchentlich stattfindenden Rat-und-Hilfe-Sprechstunden, in der wir Menschen konkret bei Problemen mit Amt, Arbeitgeber und Co. helfen. Zukünftig möchte ich dort von meiner Abgeordnetendiät auch unbürokratische finanzielle Unterstützung bieten. Ich finde: Niemand soll sich entscheiden müssen, ob die Nebenkostenabrechnung bezahlt oder die Waschmaschine repariert wird. In Berlin werde ich mit meiner Fraktion die bereits genannten Themen in den Fokus rücken.
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Oft machen die großen Parteien Politik vor allem für die Städte und wirtschaftlich besonders relevante Regionen. Doch der ländliche Raum braucht auch dringend politische Aufmerksamkeit. Für die Menschen im ländlichen Raum spielen zum Teil auch ganz andere Probleme eine Rolle. Es kann nicht sein, dass es überhaupt gar keine Möglichkeit ist, kein Auto oder weniger Autos zu haben, weil der Nahverkehr kaputt gespart wurde, dass die medizinische und psychologische Versorgung immer prekärer wird oder Lehrer*innen fehlen.
Meine Politik baut darauf auf, mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen, mit ihnen im Austausch zu stehen. Wegen des vorgezogenen Wahlkampfs war es mir und meinem Kreisverband kaum möglich, dies auch im Passauer Landkreis so umzusetzen, wie wir uns das gewünscht hätten. Das möchte ich zukünftig angehen.
„Ich begrenze meine Abgeordnetendiät auf 2.500 Euro“
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Ich kann das nachvollziehen. Seit Jahren wird Politik nur für Reiche und Konzerninteressen gemacht, nicht für die Menschen. Alle Parteien versprechen, dass sie das Leben der Menschen verbessern wollen, präsentieren dann aber Sündenböcke, statt die Probleme wirklich anzugehen. Die Menschen sind völlig zurecht enttäuscht.
Damit Menschen Politiker*innen wieder vertrauen und sich von Politik adressiert fühlen, brauchen wir Politiker*innen, denen man auch wirklich vertrauen kann – die wirklich zuhören und sich die hohen Abgeordnetengehälter nicht in die eigene Tasche stecken, die authentisch und ansprechbar für die Menschen sind, statt jeden zweiten Tag auf einem Lobby-Empfang in Berlin zu sein.
Deshalb nehmen wir als Linke keine Unternehmens- und Konzernspenden an. Wir sind die Lobby für die, die sich keine leisten können. Wir machen Politik ganz anders: Ich begrenze meine Abgeordnetendiät von über 11.000 Euro auf 2.500 Euro. Auch und gerade Abgeordnete sollen im Geldbeutel spüren, ob das Olivenöl schon wieder teurer ist als beim letzten Einkauf. Das schafft meiner Meinung nach eine Glaubwürdigkeit, die dem aktuellen Politikbetrieb fremd ist.
„Die realen Nöte ignoriert, Infrastruktur und Schulen kaputt gespart“
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Die Ampel hat unheimlich viele Versprechen gebrochen und die rassistischste, menschenverachtendste Politik seit Jahren durchgesetzt. Das Ampel-Aus kam insofern eigentlich sogar zu spät. Mich schockiert, wie SPD und Grüne gerade in einen Unterbietungswettbewerb darum gehen, wer Friedrich Merz – zur Erinnerung: neuerdings Kollaborateur der AfD – zum Kanzler wählen darf. Es darf kein „Weiter so“ geben.
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Die demokratischen Parteien haben es versäumt, das Leben der Menschen spürbar zu verbessern. Sie haben die realen Nöte ignoriert, Infrastruktur und Schulen kaputt gespart. Die Ursache für die Probleme haben auch sie einfach der Migration zugeschoben. So stärkt man die rechtsextreme AfD: Probleme ignorieren, sozialen Ängsten nichts entgegensetzen und einen Sündenbock bestimmen.
„Schluss mit explodierenden Mieten und Lebensmittelpreisen“
Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um dem Rechtsruck entgegenzuwirken – mit vernünftiger Politik, die die Sorgen und Nöte der Menschen in den Mittelpunkt des Handelns stellt, sie ernst nimmt und echte Lösungen anbietet.
Welcher Person/ welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme?
Natürlich Die Linke. Nur eine Partei auf dem Wahlzettel kämpft wirklich an der Seite der Menschen.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
Ein Leben, das für alle bezahlbar ist: Schluss mit explodierenden Mieten und Lebensmittelpreisen – Wohnen, Energie und Grundnahrungsmittel müssen für alle erschwinglich sein.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer