Neuschönau. Vor allem amerikanische Fabrikate haben es ihm angetan – vom Lincoln Continental (1972, 250 PS) und dem Camaro Targa (1978, 380 PS) über den Dodge Monaco (1965, 330 PS) bis hin zum Ford F 100 Pick-Up (1965, 410 PS) und dem Chevrolet C20 Pick-Up (1966, 220 PS) waren sie alle schon in seinem Besitz. Aktuell fährt Ludwig Harant einen 79er Chevrolet Camaro mit modifiziertem 355er Kubik-Inch-Motor (5,7 liter) und 420 PS Leistung. Beschleunigung: von null auf 100 in 4,9 Sekunden.

Seinen Camaro hat Ludwig Harant vor etwa einem halben Jahr per Zufall in Berlin gefunden – und ihn gleich „auf der Achse“ in den Bayerischen Wald überführt. Fotos: Ludwig Harant
Seine Vorliebe für US-Cars älteren Baujahrs hat der 27-Jährige von seinem verstorbenen Vater quasi in die Wiege gelegt bekommen. Als „Markenhasser“ würde er sich jedoch keinesfalls bezeichnen wollen. „Mir gefallen viele Old- und Youngtimer – egal, ob deutsche, englische oder italienische“, sagt der gelernte Automechatroniker, der sich auch für alte Motorräder und Traktoren begeistern kann. Neben einer 1989er Harley Davidson FXR Evolution und einer umgebauten Kawasaki Z 1000 aus dem Jahr 1977 stehen in der Garage des Neuschönauers noch so einige Speedway-Motorräder herum, ein paar 30er-Jahre Flat-Track-Maschinen – „und das erste Feuerwehrauto von unserem Dorf, ein alter Borgward„.
„Man findet immer eine Lösung…“
Ludwig: Seit wann interessierst du dich für Fahrzeuge älteren Baujahrs? Und: Gab es in deinem Falle einen konkreten Auslöser für das „Alte-Blech-Virus“?
Der Auslöser für das Altblech-Virus war mein Vater. Bereits als Kind hat er alte Ami-Schlitten, große Benz und BMW gefahren. Und wenn man als Dreijähriger zum ersten Mal den Kaltstart-Sound eines Big-Block-V8 hört, ist es schnell um einen geschehen. Glaub‘ ich zumindest (lacht). Jedenfalls: Nach einer kurzen Phase mit alten Audis hab ich mir mit 22 Jahren meinen ersten Full-Size-Ami gekauft.
Was macht deiner Meinung nach die Faszination für „altes Blech“ aus? Was beinhaltet die Leidenschaft, die dahintersteckt?

„Eine sehr schnelle 70er Jahre Streetmachine“: Besonders toll findet Ludwig Harant an seinem Camaro die Farbkombination, den Umbau der RS-Front sowie die Abstimmung von Motor und Getriebe.
Die Leidenschaft für altes Blech beinhaltet in erster Linie, dass die Autos relativ leicht zu reparieren sind. Genauso spielen optische Gründe eine große Rolle, den derartige Automobile werden heute einfach nicht mehr gebaut. Und auch die vielen netten Bekanntschaften und die guten Kontakte, die ich über die Jahre hinweg geknüpft habe, machen die Faszination aus. Bei den Treffen und in der Szene überhaupt findet man noch ganz viele Leute, die das Herz am richtigen Fleck haben.
Wie viel Zeit wendest du für dein Hobby auf? Erzähl einfach mal…
Da ich während der Woche auf Montage bin, habe ich für mein Hobby nur an den Wochenenden Zeit. Ab März/April wird der Camaro wieder aktiviert und ist dann voll fahrbereit. Ein paar Umbauten bekommt er aber noch bis dahin spendiert: einen Z28-Heckspoiler, einen Ölkühler für Motor und Getriebe, eine gesperrte Hinterachse, einen Überrollkäfig und noch ein paar Kleinigkeiten. Im Großen und Ganzen nichts Wildes.
Die Umbauten werden meist mit Freunden durchgeführt, die genau so drauf sind wie ich. Man tauscht sich auch vorher immer untereinander aus, wenn gewisse Veränderungen geplant sind. Da geht’s dann um Erfahrungswerte mit speziellen Teilen oder Anbietern und Herstellern. Man findet immer eine Lösung, auch wenn’s mal etwas kniffeliger zugeht…
„Die neuen sind Computer auf Rädern“
Kann man in deinem Fall schon von einer Art „Sucht“ für Oldtimer-Fahrzeuge sprechen?
In mein Fall könnte man das durchaus als Sucht bezeichnen, da ich so gut wie in jeder freien Minute entweder damit fahre, etwas darüber lese oder etwas umbaue. Doch ich würde sagen: Es ist eine gute Sucht – und keine bösartige.
Welchen Stellenwert hat für dich der Austausch über die Fahrzeuge in der Gemeinschaft?
Der Austausch erfolgt meist in der Werkstatt oder in der Garage, wo man sich auf ein Getränk trifft. Wenn es sich zeitlich ausgeht, sind wir auch bei Treffen im Raum Nieder- und Oberbayern sowie Oberösterreich unterwegs. Dort lernt man immer wieder sehr positive Leute kennen, die auch wissen, von was sie reden. Unser Kern ist mittlerweile wie eine große Familie, auch wenn man sich mal länger nicht sieht.
Wie groß ist die „Alt-Blech“-Szene im Bayerischen Wald? Was macht die Szene hier in diesen Breitengraden so besonders?
Die Szene im Bayerischen Wald ist sehr groß, wie ich finde – von Jung bis Alt ist alles vertreten. Im Sommer findet so gut wie jedes Wochenende ein Treffen statt, wo man sich wieder sieht. Oder man kommt einfach mal gemütlich am Stammtisch im Wirtshaus zusammen.
Was macht den Unterschied für dich aus zwischen einem Fahrzeug älteren Baujahrs und den Autos von heute?
Die alten Fahrzeuge hatten Charakter – alleine der Geruch des Innenraums. Die neuen sind Computer auf Rädern, sehen alle gleich aus.
Vom Thema Langlebigkeit will ich gar nicht erst anfangen…
„Alte Autos sind aus meiner Sicht nachhaltig“
Welche Veränderungen hat es deiner Meinung nach in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren gegeben in der Altblech-Szene? Was fällt dir auf?
Viele Autos aus den 90ern haben mittlerweile schon ein H-Kennzeichen. Das Bild bei den Treffen hat sich etwas verändert, da man eben immer mehr „modernere Fahrzeuge“ aus den 90ern und dem Beginn der Nullerjahre sieht – was ich gar nicht schlimm finde. Denn: Wir haben alle dasselbe Hobby – Marke hin oder her.
Klimawandel und Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielen diese Begriffe deiner Meinung nach in der Alt-Blech-Szene? Und: Wird man diesbezüglich kritisiert, wenn man alte Autos aus Überzeugung fährt?
Alte Autos sind aus meiner Sicht nachhaltig, weil sie eben heute noch laufen – nach etlichen tausend Kilometern. Ein neues Auto ist meiner Meinung nach ein Wegwerfprodukt, da die neue Technik nach zehn bis fünfzehn Jahren den Geist aufgibt. Kritisiert werde ich so gut wie gar nicht, da ich Menschen in meinen Umfeld habe, die meine Leidenschaft teilen bzw. Verständnis dafür haben.

Ludwig Harant mit seinem einstigen 78er Chevrolet Camaro Targa mit 383er Stroker-Motor und ca. 400 PS.
Ein verbreitetes Klischee besagt, dass die Freunde von Audi, Golf, Opel und Co. gerne mal aufs Gas drücken und im Straßenverkehr überwiegend weniger Rücksicht auf andere nehmen? Ist es nur ein Klischee oder steckt auch ein Funken Wahrheit dahinter?
Von dem Klischee ist mir jetzt nichts bekannt, davon höre ich zum ersten Mal. Wenn wir gemeinsam eine Ausfahrt machen, hält sich jeder an die Verkehrsregeln.
„… wünsche mir, dass der Zusammenhalt weiter Bestand hat“
Abschließend: Was wünschst du dir für die Zukunft hinsichtlich deines Hobbys?
Ich wünsche mir, dass der Zusammenhalt in der Szene künftig weiter Bestand hat, dass wir auch die nächsten Jahre zu einigen Treffen fahren können, wo ich mich auf viele nette Benzingespräche freue.
Vielen Dank, dass du dir Zeit für unsere Fragen genommen hast – und weiterhin gute Fahrt!
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer