Herzogsreut. Eine dieser faszinierenden Geschichten, die der Sport gerne schreibt, schreibt derzeit das beschauliche Dörfchen Herzogsreut. Demjenigen Hinterschmidinger Gemeindeteil, aus dem Weltcup-Skifahrer Jonas Stockinger stammt. Der 25-jährige Riesenslalom-Spezialist geht am morgigen Freitag, 14. Feburar 2025, bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm für das deutsche Team an den Start.

Und ab geht’s! Jonas Stockinger will sich bei der Alpen-WM im österreichischen Saalbach-Hinterglemm nicht verstecken – und voll attackieren. Foto: Jonas Stockinger/Facebook-Seite
Vor gerade einmal 15 Monaten fuhr er erstmals im Weltcup um Punkte – als Sieger des Europacups erfuhr er sich seinen abseits des Nationenkontigents laufenden Startplatz. Nun ist er der Newcomer in der lediglich zwölf Mitglieder zählenden Nominierten-Mannschaft.
„Der Fehler nervt mich immer noch“
In seiner zweiten Saison erstmals für eine WM nominiert zu sein, grenzt beinahe an ein kleines Ski-Wunder. In die Karten spielte ihm dabei, dass sich etliche etablierte Akteure verletzungsbedingt abmelden mussten und der Deutsche Skiverband (DSV) seine eigentlichen Nominierungskriterien modifizierte. Spätestens mit seinem spektakulären 18. Platz beim Riesenslalom in Adelboden spielte er sich in die Notizbücher des deutschen Trainerstabes. „Es gab schon interne Hinweise, dass es so kommen könnte“, erzählt Stockinger zwei Tage vor seinem bislang größten Rennen. Seine Reaktion, als er die finale Zusage von Alpintrainer Christian Schwaiger erhielt: „Als der Anruf kam, war es freilich nochmal ein bisschen anders…“, blickt der Blondschopf noch aufgeregt zurück.

„Egal – wie’s kommt, so kommt’s einfach“: Jonas Stockinger ist – ganz dem Charakter der Waidler entsprechend – ein Pragmatiker.
Dabei sah es zwischenzeitlich gar nicht mehr so rosig aus, denn: Ausgerechnet kurz vor der WM schied Jonas Stockinger beim Riesenslalom in Schladming aus. „Aber die Vorleistungen waren schon gut“, freut sich „da Meijna„, wie er in seinem Heimatdorf im Bayerischen Wald genannt wird, auf sein bisheriges Karriere-Highlight. „Ich sollte noch einmal richtig Gas geben“, erinnert er sich an die Worte des Trainerstabes nach seinem starken Auftritt in Adelboden. Gas gab er dann auch in Schladming – allerdings einen Ticken zu viel. „Der Fehler nervt mich immer noch“, gibt er offen zu, „aber egal – das ist abgehakt!“ Der Blick geht nach vorne auf den Renntag und sein WM-Debüt.
„Das ist eher so ein Medien-Ding“, sagt er mit einem Lachen über die Tatsache, dass er nach schwächeren Auftritten oder einem Ausfall gerne auch einmal einen – respektive zwei – bärenstarke Ritte folgen lässt. In zwei Trainingssessions in Leogang bereitete er sich noch einmal auf zwei komplett unterschiedlichen Untergründen vor. „Egal – wie’s kommt, so kommt’s einfach“, lässt ihn das Wetter kalt. Gar nicht kalt hingegen lässt ihn die Vorfreude auf das Event und sein Weg dorthin.
„Mein fixes Ziel ist Platz 15“
„Dass ich auf die kurze Zeit, in der ich das alles selbst finanziert und auf die Beine gestellt habe, schon bei einer WM starten darf, hätte ich nicht für realistisch gesehen. Aber es ist natürlich cool, dass es so eingetreten ist“, sagt der Bayerwäldler stolz. Internationale Erfahrung hat er derweil genug sammeln können. In jungen Jahren gab er 2015 sein Debüt im Junioren-Skizirkus. Nur drei Monate später krönte er sich in Lillehammer an der Seite von Lucia Rispler zum Olympiasieger im Teamwettbewerb. „Das lief damals ganz gut“, grinst er, „der Anfang war ja echt nicht so einfach.“
Nachdem er mit Rückenproblemen haderte, fasste er allmählich immer besser Tritt und ebnete mit seinem Sieg im Europa-Cup den Weg für größere Erfolge. „Mein fixes Ziel ist Platz 15 – und ich weiß, dass ich das drauf habe“, ist er vor dem Weltmeisterschaftsrennen zuversichtlich, seine beste Saisonleistung auf der eisigen Piste von Saalbach pulverisieren zu können – und damit auch Weltcup-Punkte einzuheimsen.
Im Zielstadion am Zwölferkogel war er bisher noch nicht. „Die Stimmung will ich dann am Freitag aufsaugen.“ Und das mit seiner gewohnten Ruhe und Bodenständigkeit. „Ich fahre mein Rennen, ziehe mein Ding durch.“ Und wen er am Ende auf dem Stockerl ganz oben sieht? „Normal müsste es Marco Odermatt schon machen. Aber bei einer WM ist alles möglich!“ Wer weiß: Vielleicht ja auch für Jonas Stockinger…