Berlin/Neuhaus am Inn. Es ist zwar eher unwahrscheinlich, aber: Sollte er den Einzug in den nächsten Bundestag schaffen, wird er wohl das jüngste Mitglied überhaupt sein. Zum Vergleich: In der aktuellen Legislaturperiode ist Emily Vontz (SPD) mit 24 Jahren das Nesthäkchen. Jan Ernst ist ganze 48 Monate jünger. Was treibt den FDP-Politiker, der im Wahlkreis Passau (228) antritt, in jungen Jahren an, politisch aktiv zu sein? Der Kaufmann für Büromanagement erklärt es im Hog’n-Interview…
„Nie meine Intention, ein Parteiamt zu übernehmen“
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Mein Name ist Jan Ernst. Ich bin 20 Jahre alt und somit der jüngste Bewerber der Freien Demokraten in ganz Bayern. Ich komme aus dem grenznahen Neuhaus am Inn. Dort engagiere ich mich als Fördermitglied der Realschule. Politisch interessiert bin ich schon recht lange, aktiv bin ich seit meiner Schulzeit.

Es war nie meine Intention, ein Parteiamt zu übernehmen, jedoch war ich bereit, auch Verantwortung zu übernehmen, als sich die Gelegenheit bot. Anfang des Jahres 2024 wurde ich zum Kreisvorsitzenden der Liberalen Passau-Land gewählt, welche mir auch gegen Ende des Jahres zusammen mit dem Stadt-Verband das Vertrauen als Bundestagskandidat ausgesprochen haben. Privat reise ich gerne – am liebsten durch Europa mit einem alten VW Polo.
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Ich bin bereit, in den Bundestag einzuziehen, um unsere liberalen Ideen und Inhalte mit klarer Kante umzusetzen. Kompromissbereit – aber nicht bis unter die Gürtellinie. Mit meiner Kandidatur möchte ich auch ein Zeichen setzten, dass liberale Politik eine Politik für die Zukunft ist.
„Ländlicher Raum gewinnt immer mehr an Bedeutung“
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
- Liberalisierung des Arbeitszeitgesetzes
- Abschaffung der Erbschaftssteuer
- Digitalisierung der Verwaltung
- Stärkung der dualen Ausbildung
- Ausbau der Wehrfähigkeit der Bundeswehr
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Die Region hat viele Chancen, aber auch einige Punkte, die angepackt werden müssen. Da wäre die Gesundheitsversorgung von z.B. Hausärzten in ländlichen Landkreisen. Des Weiteren ist auch der Mobilfunkausbau in der Region teils sehr schwach. Digitale Infrastruktur wie z.B. Glasfaser kommt zwar immer mehr, jedoch deutlich zu langsam.
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Es ist insofern möglich, dass der ländliche Raum immer mehr an Bedeutung gewinnt. Viele, besonders Berufstätige, ziehen von den großen Ballungsräumen in ländlichere Gebiete, da die Mieten u. a. in den Großstädten zu teuer werden. Auf Grund der „Stadtflucht“ und des daraus entstehenden stetigen Wachstums von kleinen bis mittleren Städten und Kommunen müssen die Belange des ländlichen Raums stärker in den Fokus rücken.
„Lieber neue Wahlen als neue Schulden“
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Durch einfache, aber dennoch klare Kommunikation. Ich denke schon, dass ein großes Grundinteresse an Politik bei der Mehrheit der Deutschen besteht. Jedoch ist es oftmals schwierig, den Überblick zu behalten, wenn man sich nicht regelmäßig damit beschäftigt. Das ist zum einen normal, da sich auch täglich vieles ändert. Zum anderen verständlich, da nicht jeder die Zeit dazu hat.
Ich finde, die braucht man auch nicht so enorm, wenn Politiker ihre Sachverhalte und Inhalte auch einmal in der nötigen Knappheit darstellen. Ja, auf komplizierte Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Aber ich bin mir sicher, dass man bei vielen Themen auch einiges klarer und schneller auf den Punkt bringen kann.
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Ich bin sehr froh darüber, dass die Koalition zu Ende ist. Mit zwei linken Partnern lässt es sich schlecht liberale Politik für die Mitte machen. Teils war die Ampel besser als ihr Ruf, jedoch ist das im Endeffekt nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Nun hat jeder wieder die Möglichkeit, für sich selbst zu entscheiden, wie Deutschland in den kommenden Jahren regiert werden soll. Für uns Freie Demokraten gilt nach wie vor: Lieber neue Wahlen als neue Schulden.
„Gefahr, dass es noch niveauloser und ekliger wird“
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Der wachsende Zuspruch zu extremen politischen Rändern lässt sich durch eine Vielzahl von gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Faktoren erklären. Zum einen die Unzufriedenheit mit der etablierten Politik: Viele Menschen fühlen sich von den etablierten Parteien nicht mehr ausreichend vertreten. Sie sehen diese als abgehoben oder unfähig, die Probleme des Alltags zu lösen. Extreme Parteien bieten einfache Antworten auf komplexe Probleme und präsentieren sich oft als Anti-Establishment – was jedoch nie die Lösung sein kann.
Des Weiteren liefern einige Parteien auch mit absolut übertriebenen Formen der politischen Darstellung dieses Narrativ, welches zwar vielleicht gut gemeint ist, jedoch genau das Gegenteil bewirkt. Nämlich, dass politisch eher unerfahrene Menschen sich von den Rändern angesprochen fühlen, da sie diese als „normal“ wahrnehmen. Ich sehe eine potenzielle Gefahr, dass der politische Austausch und Diskurs noch niveauloser und ekliger wird, als er es zum Teil jetzt schon ist.
Man darf aber dabei nie aus den Augen lassen, dass wenn z.B. die AfD bei 20 Prozent in den Umfragen liegt wiederum 80 Prozent die AfD nicht haben wollen – und das gibt mir Hoffnung, dass man das Ruder wieder rumreißen kann.
„Wieder miteinander statt übereinander sprechen“
Welcher Person/ welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme?
Am 23. Februar werde ich im Wahllokal mit beiden Stimmen die Freiheit, die Wirtschaftswende sowie die Entbürokratisierung wählen: Die Freien Demokraten.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
- Ich wünsche mir, dass wir in Deutschland wieder mehr miteinander statt nur übereinander sprechen.
- Des Weiteren wünsche ich mir, dass Deutschland in Sachen Bildung und Wirtschaft wieder vom Mittelfeld an die Spitze kommt, damit wir auch in Zukunft eine starke und geeinte Bundesrepublik haben.
- Und ein letzter Wunsch: Mehr Respekt für Leistung und Eigenverantwortung aller Bürger, welche sich in diesem Land etwas aufbauen wollen, welche an dieses Land glauben und zur Zeit zu oft an diesem Land scheitern.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer